Wolfsfeder
Licht aus und
kehrte in den Wirtschaftsraum zurück.
In diesem Augenblick vernahm sie Geräusche
aus der benachbarten Küche. Durch die Ritzen der Tür drang Licht, eine ihr
vertraute Männerstimme sagte etwas, was sie nicht verstand.
»Mein Gott«, murmelte sie. »Bloß das
nicht.« Beschämt dachte sie: Wenn Herr Kreinbrink jetzt hereinkommt und mich so
sieht – als Vogelscheuche! Lieber sterbe ich.
Auf Zehenspitzen schlich sie zur Tür, die
zum Flur hinausführte.
Sekunden später schloss sie leise die Tür
ihrer kleinen Einliegerwohnung hinter sich.
* * *
»Sollten wir nicht besser
Verstärkung anfordern?«, flüsterte Maike Schnur, während sie sich einen Weg
durch das dichte Unterholz bahnten.
»Ach was«, brummte Mendelski, mit dem
Strahl seiner Taschenlampe den günstigsten Weg durch das Dickicht suchend. »Wir
sind doch zu viert. Was soll da schon schiefgehen?« In gebückter Haltung
schlich er weiter.
Maike folgte ihm mit mulmigen Gefühlen.
Der Warnbruch und das, was von Bartling darüber berichtet hatte, vor allem aber
das Stichwort »Falle« hatte sie beeindruckt. Sie ahnte, dass ihre so harmlos
scheinende Schnitzeljagd da vorn in der Jagdhütte enden würde – und dass
sie dort vielleicht jemand erwartete. Vorsichtshalber rückte sie ihre Waffe im
Holster zurecht.
Von Bartling und Jagau hatten einen
anderen Weg um die Hütte genommen. Sie wollten sich auf der gegenüberliegenden
Seite wiedertreffen. Dort befand sich der Hütteneingang; obendrein gab es einen
Abstellplatz für zwei Autos. Zur Sicherheit hielten Mendelski und von Bartling
über Mobiltelefon ständigen Kontakt.
»Wir sind vorne angekommen«, hörte
Mendelski von Bartlings flüsternde Stimme sagen. »Hier steht ein Auto.«
»Wir kommen.«
Wenig später trafen sie sich vor der
Hütte, wo ein einzelnes Auto geparkt stand.
»Der Volvo gehört Joachim Pagel«, erklärte
von Bartling mit leichter Enttäuschung in der Stimme. »Der jagt bei mir und
nutzt auch die Hütte. Da es drinnen dunkel ist, nehme ich mal an, er ist auf
dem Ansitz.«
»Pagel … Joachim Pagel.« Mendelski
überlegte. »Kommt mir irgendwie bekannt vor.«
»Der war gestern auch auf der Drückjagd«,
half ihm von Bartling. »Vielleicht haben Sie ihn dort kennengelernt.«
»Der Lehrer«, fügte Maike Schnur hinzu.
»Der stand eigentlich heute auf unserer Besucherliste.« Mendelski bremste ihre
Redseligkeit.
»Ach so, der. Alles klar«, sagte er
schnell. Er wandte sich wieder an von Bartling. »Sie meinen also, Pagel sitzt
jetzt auf einem Hochsitz hier in der Nähe?«
»Ich denke schon.« Von Bartling hob den
Kopf und schaute in den Nachthimmel. »Allerdings … es ist ja mittlerweile
stockfinster, da müsste er eigentlich bald hier auftauchen. Ohne Mond macht es
ja keinen Sinn, da draußen sitzen zu bleiben.«
»Die Motorhaube ist kalt«, sagte Maike,
die ihre Hand auf die Kühlerhaube des Volvos gelegt hatte. »Er scheint schon
eine Weile hier zu sein.«
»Ein Ansitz erledigt sich nicht in einer
Viertelstunde«, erklärte von Bartling in bestem Oberlehrer-Tonfall. »Der Pagel
wird irgendwann am späten Nachmittag eingetroffen sein, sich für die Jagd
fertig gemacht haben und dann losmarschiert sein. Für das eigentliche Ansitzen
auf dem Hochsitz muss man noch mal eineinhalb bis zwei Stunden anrechnen.«
»Vielleicht ist er aber auch schon gegen
Mittag hier eingetroffen«, meldete sich da Jagau zu Wort. »Da habe ich ihn
nämlich ins Revier fahren sehen.«
Von Bartling schaute seinen Forstwirt
verwundert an. »Stimmt. Sie sagten es ja schon am Telefon.«
»Wann war denn das genau?«, wollte
Mendelski wissen.
»So gegen zwölf, kurz vor meiner
Mittagspause.« Jagau, jetzt im Mittelpunkt des Interesses, setzte nach: »Da ist
er mit seinem Auto an mir vorbeigerast.«
»Das ist aber eine ungewöhnliche Zeit«,
meinte von Bartling nachdenklich. Dann hob er unvermittelt den Zeigefinger.
»Ich habe ja ganz vergessen: Es sind doch Schulferien, da hat Pagel frei –
und vielleicht wollte er einfach nur mal seine Ruhe haben.«
»Apropos Ruhe.« Jagau schob sich noch
einmal in den Vordergrund. »Da ist heute noch jemand mit dem Auto bei mir
vorbei. Circa eine Stunde später.«
»Wie Sie schon sagten«, meinte von
Bartling. »Der Wiegand.«
»Genau. Rolf Wiegand, der Gärtner …«
»… von den Kreinbrinks?«, rief Maike
dazwischen. Aufgeregt stupste sie Mendelski in die Seite.
»Ja, richtig.«
»Wenn Sie sich da mal nicht getäuscht
haben«,
Weitere Kostenlose Bücher