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Wolfsfeder

Wolfsfeder

Titel: Wolfsfeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Oehlschläger
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ungewöhnliche Pirsch gehen.
Ihm folgte Maike Schnur, das Schlusslicht bildete Karl-Heinz Jagau.
    Der Forstwirt war alles andere als erbaut
gewesen, als von Bartling ihn angewiesen hatte, sich ihnen anzuschließen.
Schließlich hatte er seit Stunden Feierabend. Außerdem verspürte er – bei
aller Neugier, was da in »seinem« Revier so Seltsames vor sich ging –
wenig Lust, Räuber und Gendarm zu spielen oder gar der Polizei als Handlanger
zu dienen.
    Die Dämmerung setzte bereits ein, dennoch
kamen sie noch ohne Taschenlampen zurecht. Im Gänsemarsch ging es in das
Kiefern-Altholz. Bei dem Bruch, der neben einem moosbewachsenen Baumstubben
lag, blieben sie stehen.
    »Die gewachsene Spitze des Fichtenzweiges
zeigt dort hinüber«, erklärte von Bartling. Er schaute durch sein Fernglas.
»Wie es scheint, sollen wir der Rückeschneise folgen.«
    »Dann mal los.« Mendelski schritt wieder
voran.
    Bereits nach gut fünfzig Schritt stießen
sie auf den nächsten Bruch, der eine Richtungsänderung im rechten Winkel nach
rechts anzeigte. Demzufolge sollten sie die Schneise verlassen und einem
Hochwildwechsel folgen, der sich durch ein Fichtenstangenholz schlängelte.
    »Sauen bevorzugen die Deckung der tief
betrauften Fichten«, dozierte von Bartling. »Aber dieser Wechsel wird auch gern
vom Rotwild und von den Rehen benutzt.«
    »Die reinste Autobahn«, frotzelte
Mendelski. »Was Wunder, dass es hier keinen Stau gibt.«
    Von Bartling erwiderte stolz: »Sie haben
auf der Drückjagd ja gesehen, was hier los ist. Über Wildarmut können wir uns
momentan wirklich nicht beklagen.«
    Dort, wo der Wechsel einen
Feuerschutzstreifen überquerte, lag der nächste Bruch, der wieder eine
Richtungsänderung anzeigte. Die Marschroute verlief nun ein gutes Stück weit
parallel zu dem dichten Laubholzstreifen, der aus Traubenkirschen, Birken und
Ebereschen bestand. Wäre die Sonne nicht schon untergegangen, hätten sich die
vier Wanderer am satten Gelb der Herbstfärbung erfreuen können.
    Der nächste Bruch erforderte deutlich mehr
Spürsinn und Geduld als die vorherigen. Zweihundert, dreihundert Meter suchten
sie vergebens nach dem Fichtenzweig. Von Bartling, der die ganze Zeit das große
Wort führte, wollte schon die Suche abbrechen und umkehren, als Mendelski den
Bruch entdeckte. Der führte sie in einen bürstendichten, düsteren
Fichtenbestand, der dringend einer Durchforstung bedurfte.
    Mendelski knipste seine Taschenlampe an.
Maike Schnur folgte seinem Beispiel.
    »Hier müssen wir aufpassen«, sagte der
Kommissar. »Auf dem Waldboden liegen etliche Fichtenzweige, die der Wind
abgerissen hat. Nicht dass wir einen Bruch übersehen.«
    »Wo soll das nur hinführen?« Von Bartling
verlor so langsam jedes Interesse an der Schnitzeljagd. »Diese Sucherei –
das bringt doch nichts. Am Ende treibt da einer einen üblen Scherz mit uns.«
    »Hilft nichts«, erwiderte Mendelski
trocken. »Da müssen wir jetzt durch.«
    Inzwischen war es stockdunkel im Wald.
Obwohl sich am Himmel im Westen noch rotblauer Schimmer zeigte, drang durch das
dichte Kronendach der Fichten kaum Licht.
    Nur langsam kamen sie voran. Zum einen
wurden sie von den sperrigen Totästen der Fichten, die hier bis zum Erdboden
reichten, behindert. Zum anderen mussten sie den Waldboden sorgfältig nach
weiteren Brüchen absuchen. Mit nur zwei Taschenlampen dauerte das einfach seine
Zeit.
    Sie brauchten eine halbe Stunde, um den
Fichtenwald zu durchqueren. Drei weitere Brüche hatten die Richtung, die sie
eingeschlagen hatten, mehr oder weniger bestätigt.
    Als sie eine Lichtung erreichten, sagte
von Bartling verwundert: »Da vorn müsste meine Jagdhütte sein.« Es schien, als
ob er diesen Weg nur selten einschlug, um zu seiner Hütte zu gelangen. Und
schon gar nicht im Stockfinstern. »Soll das etwa das Ziel sein?«
    »Ihre Jagdhütte?« Mendelski ließ den
Strahl seiner Taschenlampe durchs Unterholz wandern. »Wo denn, bitte schön?«
    »Die können Sie von hier noch nicht sehen.
Da steht zu viel Buschwerk drum herum. Aber es sind tatsächlich nur noch ein
paar Meter. Kommen Sie, ich zeige Ihnen, von wo aus man die Hütte sehen kann.«
    Sie wollten sich gerade in Bewegung
setzen, als Jagau, weiterhin das Schlusslicht der Vierergruppe, plötzlich rief:
»Warten Sie! Leuchten Sie doch mal bitte hierhin, an diesen Stamm, in Kopfhöhe
etwa.«
    Mendelski drehte sich um und tat ihm den
Gefallen.
    »Carajo!« , stieß
er hervor, als der Strahl seiner Taschenlampe das

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