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Wolfsfieber - Band 2

Wolfsfieber - Band 2

Titel: Wolfsfieber - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Adelmann
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ein. Wird getrübt durch ein diffuses Licht, das sich ihr aufdrängt. Ein Teil von mir will es verhindern, verlangt danach, weiterhin in der Dunkelheit zu bleiben. Doch etwas lässt mich nicht, zerrt an mir. Das Licht wird heller. Hinter meinen geschlossenen Lidern taucht ein gleißendes Rotorange auf, als würde ich mit geschlossenen Augen in die Sonne sehen. Mein Körper verlagert sich, wird verlagert. Schaukelt auf dem Wasser. Schwer und leblos. Eine vertraute Wärme spannt sich um meine Rippen. Sie umgibt mich, wärmt mich. Plötzlich schwebe ich. Das Ende?
    Nein. Ein kalter, harter Untergrund bohrt sich in meinen Rücken. Die friedvolle Stille ebbt ab. Verblasst. Das weiche Wasser wird von kühlen Winden abgelöst, die mich stören.
    Die gefühllose Taubheit, die alle Schmerzen von mir fernhält, stirbt ab. Der Schmerz kommt zurück. Wie mit einem heftigen Schlag beginnt es: das Fühlen. Das Empfinden. Leben. Sein.
    Ein tiefer, furchterregender Schrei erreicht mich zuerst. Mein Name! Dieses klagende Wimmern und der darauffolgende Wutschrei gelten mir. Benutzt meinen Namen. Eine Stimme. Sie ist bei mir. Gehört zu mir.
    Ein heftiger Druck quetscht mir die Brust zusammen. Sie ist übervoll mit Wasser. Das Wasser in mir drängt nach außen, aber mein Körper ist noch nicht wach, weigert sich zu gehorchen!
    „Wach auf!“, befehle ich ihm. „Wehre dich!“, befehle ich mir selbst.
    Als ich verstehe, weiß, wer so verzweifelt um mich kämpft, erwacht mein Kampfgeist, mein Lebenswille und mit ihnen ich selbst.
    Das Verlangen nach ihm, für ihn zu leben, ist stark. Stark genug, um dem Druck auf meine Brust willkommen zu heißen. Als auch noch warmer, vertrauter – geliebter – Atem in mich gehaucht wird, will ich den Schmerz zurück. Denn ich will leben. Will zu ihm, zu Istvan, zurückkehren. Zusammen mit diesem Gedanken kommt der saure Schwall in mir hoch. Mit einem röchelnden Husten verlässt er meinen Körper. Jetzt weiß ich, dass ich wieder atme. Ich werde leben …
     
    Ich blinzelte, noch immer benommen. Istvans traurig beunruhigtes Gesicht war über mir und starrte mich fordernd an. Lebe! Das Wort brannte in seinen Smaragdaugen wie eine -Feuersbrunst. So angsterfüllt und erleichtert sah er im selben Moment aus, dass ich sein Gesicht berühren musste, damit ich ihn trösten konnte. Er fing meine Finger auf halbem Weg ab, küsste jede meiner Fingerkuppen und zog mich behutsam mit zurückgehaltener Dringlichkeit in seine Arme. Dort, an seiner Schulterbeuge, dem schönsten und sichersten Ort der Welt, -erlaubte ich mir zu weinen, weil ich erst jetzt mit Sicherheit wusste, dass ich zurückgekehrt war. Ich war so glücklich, einfach bei ihm zu sein, überhaupt zu sein , seinen Geruch und seinen Wärme in mich und meinen nasskalten Körper aufzunehmen, wie ich es eben noch mit seinem Atem getan hatte, dass ich nicht anders konnte. Ich ließ die Tränen fließen. Versteckte mich vor der Welt und erlaubte mir, den Trost meiner wahren Liebe anzunehmen. Seine pure Existenz war ein Heilmittel, das ich jetzt zu mir nahm.
     
    Wie hatte ich es bloß geschafft, tatsächlich einzuschlafen. Wie hatte ich das fertiggebracht? Aber als ich die Augen aufschlug, fand ich mich auf dem Beifahrersitz des Camaro wieder, Istvan an meiner Seite. Er hatte mich, keine Ahnung wann, in eine Jacke gesteckt und war mit mir hierher gefahren, zum Krankenhaus. Sämtliche Warnleuchten gingen bei mir an und ich fuhr hoch.
    „Bist du verrückt“, krächzte ich. „Ich kann da nicht rein-gehen. Nicht schon wieder! Wie wird das aussehen?“
    „Verdächtig. Aber das ist mir gleich“, sagte er hart.
    „Es geht mir doch ganz gut“, wandte ich ein.
    „Nein.“ Eine schnelle, kalte Abwehr. Sie durchschnitt die verbrauchte und unangenehme Luft im Wagen.
    „Sei doch vernünftig!“, bat ich ihn. Ich musste es zumindest versuchen.
    „Nein.“ Wieder dieser eiskalte, unversöhnliche Ton.
    „Kannst du auch etwas anderes sagen als Nein?“, stammelte ich.
    „Nein“. Das war eindeutig … konnte er nicht. Und mit ihm zu streiten, war zwecklos. Abgesehen davon hatte ich jetzt keine Kraft für eine Auseinandersetzung. Er hatte sich vor Zorn und Angst fast nicht mehr im Griff. In diesem Zustand würde er vielleicht noch etwas völlig Unvernünftiges tun, sich vielleicht sogar verraten. Also blieb mir gar nichts anders übrig, als ihm ins Krankenhaus zu folgen, wo wir ein Lügenmärchen auftischten, dass ich persönlich unglaubwürdig fand.

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