Wolfsfieber - Band 2
Das mussten sie doch hören? Istvan , hallte es in meinem Kopf. Der Gedanke an ihn war tröstlich, vielleicht der einzige Trost.
Er musste jeden Moment hier sein. Sehr früh war er kurz weggegangen, um Frühstück zu holen … Keiner der Valentins kam. Sie mussten alle gemeinsam auf dem Balkon sein. Das war die einzige Erklärung. Mein Kopf raste. Die -Gedanken pochten schmerzlich, als ich den herben Geruch von Farkas einatmete.
Lass mich aufwachen!, flehte ich. Aber das war kein Traum. Leider.
Panisch versuchte ich mich aus seinem Klammergriff zu befreien, aber es gelang mir nicht. Ohne es zu wollen, starrte ich angsterfüllt in diese gefühllosen Augen. Dennoch schienen sie voller Amüsement, aber es lag keine menschliche Empfindung in dem Ausdruck. Dieser Mistkerl !
Als ich noch einmal mit aller Kraft an meinem eigenen Arm zerrte, ließ er unerwartet locker, lachte auf, und ich fiel nach hinten. Kein Halt stoppte mich und ich stürzte bis zum ersten Treppenabsatz. Meine Hüfte kam hart auf. Mein Blick schnellte sofort zu Farkas zurück, der Gefahrenquelle, die mich zufrieden ansah. Mein Schmerz gefiel ihm. Deshalb biss ich die Zähne zusammen, stand auf und wollte zum anderen Ende der Villa gelangen, wo der Balkon lag. Wenn meine Freunde ihn und mich zusammen sehen könnten, würden sie mir sofort zur Hilfe kommen. Doch ehe ich auch nur den Treppenabsatz erreichte, sah ich Farkas über das Geländer springen. Das Monster in Menschengestalt erwartete mich schon. Mit einem heftigen Zug ergriff er meinen verletzten Arm und warf mich auf den Weg vor der Auffahrt. Ich schrie auf, als fast mein ganzer Körper hart aufschlug. Die Nähte und die Wunde schmerzten höllisch, ebenso wie meine Hüfte, die meinen Aufprall bremste.
„Na los, Mädchen! Willst du nicht weglaufen“, zischte mich diese abscheuliche Stimme an.
„Enttäusche mich besser nicht“, warnte er hart. „Auch wenn ich momentan an diesen Körper gebunden bin … Auf die Jagd werde ich nicht verzichten. Sei eine brave Beute … renn! “, schrie er mich ohrenbetäubend an. Wieso hörte ihn denn keiner? Wut und Hass verzerrten sein ohnehin schon hartes Gesicht.
Als ich mich immer noch nicht rührte, vor ihm erstarrt auf dem Boden kauerte, trat er mich mit seinem Fuß, als wäre ich ein Sack Mehl, nichts weiter. Automatisch spannte ich die Bauchmuskeln an. Nutzlos. Ich hätte mich beinahe übergeben, als der heftige Tritt meinen Bauch traf. Er zog meinen tauben Körper hoch, schubste mich. Ohne denken zu können, begann ich zu laufen. Doch ich kam kaum voran. Alles tat mir weh und die Angst lähmte mich zusätzlich. Nein, du musst laufen! Istvan ist auf dem Weg hierher. Schinde Zeit, damit er dir folgen kann!, befahl ich mir. So begann ich tatsächlich zu laufen, drehte mich aber ständig nach ihm um. Er verschwand, tauchte wieder auf, holte mich ein, lachte höhnisch, verschwand wieder, nur um hinter mir erneut aufzutauchen. Die Hitze und die Anstrengung bewirkten, dass ich schrecklich schwitzte. Zuerst versuchte ich auf der Straße zu bleiben, aber mit seinem Treiben zwang er mich immer wieder, die Richtung zu ändern, bis ich mich auf einem Waldpfad wiederfand. Was sollte das alles?
Es wäre ein Leichtes für ihn mich einzuholen … mich zu töten. Wieso nur muss er immer mit mir spielen?
Mein Kopf raste schmerzhaft. Das Blutrauschen in meinen Ohren machte mich schwindlig. Die Lungen brannten wie -Feuer. Das Laufen fiel immer schwerer. Ich hatte keine Ahnung, wo ich war, oder wie ich dorthin gekommen war. Ich konzentrierte mich nur darauf, nicht zusammenzubrechen, und nicht auf die Art der Bäume oder die Form des Pfades. Die Luft war so heiß. Plötzlich durchzuckte es mich: Hetzjagd !
Darum ging es hier. Farkas hetzte mich durch den Wald und er würde erst damit aufhören, wenn ich nicht mehr könnte, wenn ich zusammenbrechen und er es zu Ende bringen würde.
Gut !, dachte ich voller Verachtung, soll er seine Hetzjagd bekommen. Aber aufgeben werde ich nicht. Istvan wird mich finden. Es muss so sein …
Ungeschickt trat ich auf einen Stein und stieß mir den großen Zeh. Jeder weitere Schritt schmerzte nun, als würde eine Rasierklinge in meinen Zeh getrieben. Dennoch lief ich immer weiter und weiter.
„Joe!“ Eine Stimme schrie voller Verzweiflung meinen Namen. Seine Stimme. So fern.
Sofort schnellte mein Kopf in die Richtung seines Rufs.
Ich hielt an, wollte seinen Ruf erwidern, damit er mich finden konnte. Aber meine Lungen barsten.
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