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Wolfsfieber - Band 2

Wolfsfieber - Band 2

Titel: Wolfsfieber - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Adelmann
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ausrichten, dass er ein Glückspilz ist. Oder warte … erzähl ihm besser nichts von mir“, riet er mir zum Abschied und ging zurück in den Klub. Ich hatte ein starkes Bedürfnis mich bei ihm zu bedanken und stolperte ihm nach. Noch bevor er den Eingang erreichte, tippte ich ihm auf die Schulter. Ich drehte ihn sacht herum und küsste ihn kurz auf die Wange.
    „Danke“, hauchte ich. Ohne Toms Reaktion abzuwarten, rannte ich, als wäre der Teufel hinter mir her, die Treppen vor der Brücke hoch und schnappte mir das erste Taxi, das mir entgegenkam.
     
    Im Hotel angekommen, konnte ich meine Unruhe kaum bezähmen. Jetzt wollte ich so schnell wie möglich wieder nach Hause zu Istvan. Ich musste mich aber noch gedulden, da ich nicht vor dem nächsten Tag aus dem Hotel auschecken konnte. Ich fluchte ein paar Mal laut, als ich, wenig geschickt, versuchte, meine Ungeduld in den Griff zu bekommen. Mein Puls raste die halbe Nacht lang, als wäre ich in einem Kriegsgebiet und müsste ständig auf der Hut vor den umliegenden Gefahren sein. Natürlich tat ich kein Auge zu und die Zeit wollte nicht vergehen. Ich hatte alles schon gepackt und war bereit zur Abreise, da war es noch nicht mal drei Uhr. Irgendwie musste ich mich ablenken. Da fiel mein Blick auf den Reporterblock und ich schnappte mir die Notizen, begann das Interview abzuschreiben und feilte noch an der Konzertkritik. Die Besprechung war eine einzige Lobeshymne. Einerseits, weil ich die Musik der Band und ihren Auftritt tatsächlich gelungen fand, und anderseits, weil ich etwas bei Tom gutmachen wollte. Also wurden meine Beschreibungen seines Talents fast schon schwärmerisch. Dabei schwang sehr viel Dankbarkeit mit. Schließlich hatte ein anderer Mann erreicht, dass ich endlich so weit war, zurückzukommen. Endlich. Nur deshalb konnte ich es nicht bereuen, dass ich von ihm geküsst worden war. Auch wenn ich deswegen Schuldgefühle hatte.
    Aber schon nach einer Stunde war ich mit den Texten fertig und auch das Korrekturlesen dauerte viel zu kurz. Es wollte einfach nicht Morgen werden. Ich war sehr aufgeregt und aufgekratzt. So hatte ich mich das letzte Mal gefühlt, als ich noch ganz klein gewesen war und den Heiligen Abend und die Bescherung kaum hatte erwarten können. Aber das hier war schlimmer. Es stand so viel auf dem Spiel und ich wusste ja noch immer nicht, was mich bei meiner Rückkehr erwarten würde, ob er noch genauso empfand, ob ich ihm von diesem Abend erzählen sollte, ob er überhaupt noch da sein würde. Ich fing an zu grübeln, Angst zu haben. Ich hatte zu viel Zeit zur Verfügung. In meinem Fall war das immer negativ.
    Die Zweifel begannen an mir zu nagen. Würde ich in offene Arme zurückkehren, oder erwartete mich ein verbitterter, abweisender Istvan, der mir nicht vergeben konnte? Oder noch schlimmer, was, wenn er seine Meinung nicht geändert hätte? Würde ich dann weiterhin mit jemand leben müssen, der mich zwar liebte, aber nicht zulassen konnte, von mir geliebt und berührt zu werden? Das wäre die Hölle, der schlimmstmögliche Fall. Nur das nicht, bettelte ich gedanklich vor mich hin und ruhte meinen Kopf auf dem Kissen aus. Ich wollte aber auf keinen Fall einschlafen. Doch irgendwann packte mich der Schlaf und riss mich wieder in einen Traum, den ich sofort wiedererkannte.
    Ich lag zusammen mit Istvan auf der grauen Decke. Jetzt erst sah ich, dass es das Wolftanzlager sein musste. Die Bäume und die Umgebung bekamen in diesem Traum deutlichere Konturen und genau wie das letzte Mal trug ich die Zweigkrone auf dem Kopf. Auch dieser unwiderstehliche Zwang, auf etwas zuzugehen, kam über mich und ich folgte dem Ruf und ließ Istvan schlafend auf der Decke zurück. In diesem Traum wurde mir auch bewusst, dass ich nur ein dünnes Nachthemd anhatte und dass es schon Frühling sein musste, denn es war mir nicht kalt. Vielleicht war ich auch so von seinem schlafenden, glühenden Körper aufgewärmt, dass die Kälte des Waldes mir nichts anhaben konnte. Ich bog langsam, fast schon schwebend vom Weg ab und sah in der Ferne diese Flamme. Doch dieses Mal loderte sie nicht bedrohlich vor mir, sondern schien sich vor mir zurückzuziehen, als hätte ich sie vertrieben oder irgendwie besiegt. Und dennoch bekam ich diese Panik, die mich zurück zu ihm trieb. Ich lief durch den Wald in Richtung des Lagers und erwartete schon, die Decke verlassen vorzufinden, wie beim letzten Mal. Doch als ich dort eintraf, war er noch da, friedlich schlafend, und

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