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Wolfsfieber - Band 2

Wolfsfieber - Band 2

Titel: Wolfsfieber - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Adelmann
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Fenster und ich konnte sehen, dass etwas in diesem Haus anders war, dass etwas ganz und gar nicht stimmte.
    Ich legte meine Hände an die Schläfen und presste mich gegen das Fensterglas, um besser sehen zu könne. Als ich es dann erblickte, setzte mein Herz aus und ich bekam fast einen Herzschlag.
    Beinahe alle seine Möbel waren umgekippt, manche sogar kaputt geschlagen. Seine Kohlezeichnungen waren von der Wand gerissen worden und lagen in Fetzen auf dem Boden, während Teile davon noch an der Wand geheftet hingen. Es war ein trostloser, erschreckender Anblick. Alle seine Sachen, sein Zuhause so zerstört vorzufinden. Ja, mein Monster hatte ganze Arbeit geleistet. Ich wusste sofort, dass das hier sein Werk war, oder besser gesagt, mein Werk. Schließlich war ich der Feigling, der weggerannt war. Nicht eine Sekunde lang kam mir in den Sinn, dass es die Überreste eines Einbruchs oder gar eines Angriffs sein könnten. Nein, dann wären nicht auch seine Zeichnungen zerfetzt worden. Ich musste jetzt hinein, obwohl ich wahnsinnige Angst verspürte, ihn inmitten dieses Chaos zu entdecken.
    Ich öffnete die Tür und das Erste, was ich sah, war, dass die Verwüstungen im Inneren des Hauses noch schlimmer waren. Es betraf beinahe jeden Raum, sogar die englische Bibliothek. Alles lag in Trümmern. In der Bibliothek hatte er mehrere Regale umgekippt, nur die Schallplatten waren unberührt, wofür ich ein Stoßgebet zum Himmel schickte.
    Aber an der Türschwelle lag ein Gedichtband von Frost, aus dem Istvan beinahe jede Seite herausgerissen hatte. Was hatte ich bloß angerichtet? Wie konnte ich ihm so wehtun? Ich war tatsächlich ein Monster. So etwas tut man doch nicht jemandem an, den man liebt.
    Wie sollte ich das alles wieder gutmachen?
    Ich zögerte, doch dann tat ich es doch. Ich betrat das Schlafzimmer. Seltsamerweise war hier kein Anzeichen seiner Zerstörungswut zu finden. Das Zimmer machte den Eindruck, als hätte er es seit meiner Abreise nicht einmal betreten. Sogar das Bettlaken lag noch auf dieselbe Weise, wie ich es zuletzt gesehen zu haben vermeinte. Es war gespenstisch und ich bekam bei diesem Anblick Gänsehaut.
    Einer plötzliche Eingebung folgend, ging ich zum Schreibtisch und öffnete die Schublade, doch das schwarze Notizbuch lag nicht, wie vermutet, an seinem üblichen Platz. Da kam mir ein scheußlicher Gedanke, der erneut Wunden in mein geschundenes Herz schnitt.
    Hatte er es gar vernichtet wie alles andere? Konnte er das tatsächlich über sich gebracht haben? Ich schluckte einen dicken Kloß hinunter. Meine Rückkehr würde noch viel schwieriger werden, als ich befürchtet hatte. Doch wo war er?
    Er musste noch irgendwo hier sein. Ich konnte fühlen, dass er nicht weggegangen war. Aber wo versteckte er sich? Ich würde ihn nie finden, er hatte so viele Möglichkeiten. Ich musste ihn irgendwie dazu bringen, mich zu finden. Aber wie -sollte ich das anstellen?
    Welcher Ort wäre bedeutend genug, dass Istvan nicht widerstehen könnte, der ihn sofort davon überzeugen würde, dass ich zurück war?
    Dann tauchte ein Bild vor meinem geistigen Auge auf, zusammen mit meiner Erinnerung an sein Gesicht:
    der Turm .
     

4. Schwindelerregende Höhen
     
     
    Der Turm, hallte es in meinem Kopf wider. Natürlich, es war so offensichtlich. Ich musste ihm eine Nachricht hinterlassen, schließlich musste er ja ab und an in das Chaos seines früheren Zuhauses zurückkommen, um zu essen oder die Kleidung zu wechseln. Ich war mir vollkommen darüber im Klaren, dass es am Vernünftigsten wäre, zuerst einmal abzuwarten und dann zu handeln. Es wäre klug und besonnen, vorher nach Hause zu fahren und ein paar Sachen für eine lange Wartezeit zusammenzupacken. Aber ein aufgebrachtes Herz reagiert nicht logisch oder bedacht und Vernunft ist ohnehin ein Fremdwort für brennende Herzen.
    Also beschloss ich, sofort auf den Turm zu steigen und dort so lange auszuharren, bis er zu mir kommen würde. Alleine die Tatsache, dass er annehmen musste, ich wäre vielleicht nicht mehr auf dem Turm, wenn er meine Nachricht las, würde ihn dazu bringen, doch zu kommen. Die kleine Erpresserin in mir, ein Überbleibsel des Monsters, das seine Fußspuren in meinem Charakter hinterlassen hatte, war begeistert. Der Plan müsste eigentlich funktionieren.
    Es galt nur noch, ein Stück Papier in diesem Chaos aufzutreiben. Doch die Geduld für eine lange Suche hatte ich ebenfalls nicht. So schnappte ich mir einen Fetzen der vielen zerrissenen

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