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Wolfsfieber - Band 2

Wolfsfieber - Band 2

Titel: Wolfsfieber - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Adelmann
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wollte mir nicht so recht gelingen.
    „Tom, ganz ehrlich, ich fühle mich geschmeichelt. Aber jetzt mal im Ernst, was willst du von mir? Was, wenn ich eine fruchtbar anstrengende Zicke bin?“, deute ich an und versuchte damit seine Annäherungsversuche abzublocken. Es half, dass er wenigstens nicht versuchte, näher zu kommen. Er lachte laut über das, was ich ihm gesagt hatte, und schüttelte energisch und amüsiert den Kopf.
    „Blödsinn. Das bist du nicht, bestimmt nicht. Ein Mädchen, das so hübsch ist wie du, Musik mag und Blondie-T-Shirts trägt, kann keine Zicke sein“, meinte er und deute mit dem Kopf auf mein T-Shirt.
    „Außerdem ist es doch recht eindeutig, was ich von dir will“, murmelte er vor sich hin, jetzt wieder etwas schüchterner.
    Dieses Geständnis versetzte mich in Panik. Ich versuchte die Richtung, die unser Gespräch einschlug, sofort zu ändern. Seltsamerweise kam mir aber nicht der Gedanke, einfach zu gehen.
    „Tom, darf ich dich was fragen?“, deutete ich an und ignorierte damit seine letzte Bemerkung völlig.
    „Ja, klar“
    „In deinem Song – ‚It’s Just Me‘ – geht es doch um eine Frau, die einen Mann verlässt, weil sie damit nicht klarkommt, wie er nun mal ist.“
    „Mhmh“, nickte er zustimmend und blickte mich neugierig an.
    „Ist dieses Thema autobiografisch?“, fragte ich ihn und war plötzlich ganz begierig auf seine bevorstehende Antwort.
    „Es ist dir also aufgefallen. Ja, ich fürchte, genau das ist mir passiert. Ist noch gar nicht lange her“, flüsterte er vor sich und wirkte etwas abwesend.
    „Beschissenes Gefühl, oder?“, fragte ich in die Dunkelheit.
    „Oh, ja. Das kannst du laut sagen“, stöhnte Tom.
    Und plötzlich gab es zwischen uns eine Verbindung, einen Moment des Verstehens. Ich saß neben einem Mann, der verstand, der etwas Ähnliches durchgemacht hatte.
    „Also das ist es“, kombinierte er für sich selbst und spielte auf meine merkwürdige Verfassung an, die ihm nicht entgangen war.
    Ich stritt es nicht ab, bestätigte seinen Verdacht aber nicht wirklich.
    Keiner von uns wusste, was er noch sagen sollte. Das Schweigen dauerte mittlerweile zu lange. Es überschritt die Grenze zwischen einer normalen Gesprächspause und einem unangenehm langen Schweigemoment. Dann machte ich den Fehler und sah zu ihm hinüber. Meine Augen trafen seinen warmen Blick. Es ließ mich nicht kalt, aber was ich deshalb empfand, wusste ich nicht.
    Ein flüchtiger Gedanke blitzte in meinem Kopf auf, eine vollkommen absurde Vorstellung:
    Wäre ich Istvan nie begegnet, wäre ich vielleicht mit jemand wie Tom zusammen. Das Leben würde so einfach sein. Wir würden viele Gemeinsamkeiten haben. Es gäbe nicht diese Gefühlsachterbahn und keine Narben in meiner Seele. Und Tom, er wäre eine gute Wahl. Das Leben würde einfacher sein.
    Ich schüttelte benommen den Kopf, um diese Gedankenfetzen zu verscheuchen. Es war mein Monster, das mich jetzt wieder einmal versuchte zu quälen. Oder wollte es mich nur vor weiteren Schmerzen schützen? War mein Monster gar ein Schutzengel, den ich nicht haben wollte, weil er mich von dem fernhielt, wonach ich mich sehnte: dem Zusammensein mit Istvan.
    Tom bemerkte meine geistige Abwesenheit. Mein Gesichtsausdruck musste sich verändert haben.
    „Alles in Ordnung?“, wollte er jetzt wissen und ich konnte echtes Mitgefühl aus seinem Tonfall heraushören.
    „Ja. Tut mir leid. Ich bin in letzter Zeit keine besonders angenehme Gesellschaft“, entschuldigte ich mich bei ihm.
    „Ach, was soll’s. Außerdem glaube ich, dass du dich in dieser Hinsicht nicht richtig einschätzt. Immerhin sitze ich mit dir hier draußen in der Kälte, anstatt mir den Auftritt meiner Freunde anzusehen. Und ich bereue es nicht“, tröstete er mich.
    „Danke, nett von dir“, antworte ich und drehte verschämt mein Gesicht zur Seite.
    Der Auftritt der anderen Band musste gerade zu Ende gegangen sein, denn die Massen strömten aus der Tür und in dem zweiten Klubraum stellte man die Musik lauter. Wir sahen eine Weile den vielen Leuten zu, die entweder schon den Heimweg antraten oder nur den Ort wechselten. Nachdem der DJ die Anlage richtig schallend gestellt hatte, konnten Tom und ich die Musik sogar hier draußen deutlich hören.
    Es wurde ein Song einer schwedischen Rockband gespielt, die zu meinen Lieblingsmusikern gehörten. Eine ihrer schnellen Nummern dröhnte durch die Fensterscheiben hinaus bis zum Donaukanal, an dessen Ufer wir noch immer

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