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Wolfsfieber - Band 2

Wolfsfieber - Band 2

Titel: Wolfsfieber - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Adelmann
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unter Kontrolle zu bringen und mir die Zeit während der Fahrt nicht mit endlosen -Grübeleien künstlich zu verlängern. Ich stellte das Radio an und suchte FM4. Als ich den Sender fand, lief ein Song, den ich schon ein- oder zweimal gehört hatte. Der Refrain war bekannt genug, sodass man ihn mitsingen oder zumindest die Melodie summen konnte. Das war meine Strategie für die Fahrt. Ich würde mich mit Musik ablenken und auf die Liedtexte konzentrieren. Das sollte funktionieren.
    Als ich endlich die Autobahn erreicht hatte, raste ich so schnell, dass ich mich nur auf der Überholspur aufhalten konnte. Normalerweise hielt ich es dort nicht lange aus, doch jetzt konnte ich das Auto gar nicht schnell genug beschleunigen. Ich wollte es unbedingt noch vor Mittag nach Hause schaffen. Gezwungen und ohne es mit Freude zu tun, sang ich mit dem Radio mit und tippte ständig nervös auf das Lenkrad, dem Bass oder den Drums der jeweiligen Lieder folgend.
    So richtig unwohl fühlte ich mich erst, als ich in Lockenburg ankam und nur noch der Geschriebenstein zwischen mir und meinem Ziel lag. Den Wald, in dem er lebte, so nahe zu wissen, ließ die Unruhe erneut unkontrolliert ausbrechen. Ich stellte das Radio dummerweise ab und sofort begannen die aufgebrachten Gedanken zu strömen.
    Was, wenn er mich hasst? Was, wenn er gar nicht mehr da ist? Was, wenn … was, wenn … Es ratterte wie ein Bohrer in meinem Kopf.
    Doch dann fiel mir der Traum der vergangenen Nacht wieder ein. In ihm hatte ich Istvan wieder gefunden, mehr noch, er hatte sogar forsch und fordernd von mir verlangt, endlich zurückzukommen. Ich hoffte inständig, dass dieser Traum -keine falschen Hoffnungen schüren sollte, sondern eher eine Art prophetische Botschaft an mich war, ähnlich dem Traum, der mich ja erst von hier, von ihm, weggeführt hatte.
    Ich klammerte mich an diese Hoffnung und Vorstellung. Schließlich wusste ich, dass, wenn er noch immer dachte, dass er sich von mir fernhalten müsse, ich gezwungen sein würde, noch viel überzeugender zu sein, als je zuvor. Ich konnte mir jetzt keine Zweifel oder Unsicherheiten leisten und verbannte deshalb jede Unsicherheit aus meinem Herzen und aus meinen Gedanken, die ihn und mich betrafen. Zurück blieb nur die feste Überzeugung, dass wir wieder zusammen sein mussten, komme, was wolle, und dass ich alles dafür tun würde. Das gab mir Kraft und ließ mich auch dann nicht zaudern, als ich den Berg hinter mir hatte und auf Rohntiz zuraste. Im Dorf angekommen, versuchte ich wenigstens annähernd die Geschwindigkeitsbegrenzung einzuhalten. Doch auf der Straße nach St. Hodas gab ich dann sofort wieder Vollgas.
    Ich fuhr nicht mal zu mir, um meine Sachen abzusetzen oder mich umzuziehen. Sofort bog ich in seine Richtung ab, atmete tief ein und hielt die Luft an, als ich meinen Wagen vor der Bücherei parkte. Ich stieg aus und fühlte die Taubheit meiner Beine, die nach der langen Fahrt steif waren. Dennoch stürmte ich auf die Bücherei zu, wo ich ihn vermutete. Doch schon vom Bordstein aus sah ich das Schild. Er hatte die Bibliothek vorübergehend geschlossen. Es überraschte mich nicht und dennoch war ich enttäuscht. Aber es wäre dort ohnehin ein schwieriges Wiedersehen gewesen, wenn sich tatsächlich jemand in die Bücherei verirrt haben sollte.
    Sein Haus, war mein zweiter Gedanke. Ich nahm die Abkürzung und stand schneller als erwartet vor der mit Efeu bewachsenen Steinmauer. Der vertraute Anblick ließ mich erschaudern. Genau hier war es gewesen, als ich ihn verlassen hatte. Genau hier hatte er es in meiner Stimme gehört und in meinen Augen gelesen, dass ich gehen würde, dass ich gehen musste. Die Erinnerung schnürte mir die Kehle zu. Ich schüttelte den schmerzhaften Gedanken von mir. Ich brauchte meine Stimme, brauchte ihre Überzeugungskraft. Mit geschlossenen Augen atmete ich ein und aus, dann drückte ich das Gartentor auf und trat auf die Veranda. Ich hörte keine Geräusche im Haus. Wenn er da wäre, wüsste er schon, dass ich hier stehe, schoss mir durch den Kopf.
    Ich wollte schon den Türknauf in die Hand nehmen, da begann das schmerzhafte Herzrasen. Angst und Aufregung vernebelten mir die Sinne. Ich beschloss mich erst zu beruhigen, ehe ich mich dem stellte, was mich da drin erwarten würde. Mit dem Rücken lehnte ich mich an die Wand neben der Tür und versuchte mich mit bewusstem Atmen zu beru-higen. Nach einer Weile half es. Als ich mich von der Wand abstützte, streifte mein Blick das

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