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Wolfsfieber - Band 2

Wolfsfieber - Band 2

Titel: Wolfsfieber - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Adelmann
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Zeichnungen und holte noch einen Stift aus seinem Schlafzimmer. Dann schrieb ich auf die Rückseite des Skizzen-papiers, das in der Form einem ungleichförmigen Trapez glich, meine Botschaft:
    „Ich bin zurück. Warte auf dem Turm. Komm! Bitte! – J.“
    Ich musste die Nachricht nur noch an die Tür heften, dann würde ich mein Lager auf dem Aussichtsturm aufschlagen können. Eine alte Reißzwecke half mir dabei. Ich zog die Tür unverschlossen hinter mir zu und heftete den weißen Zettel mit meiner schwarzen Schrift daran. Die Botschaft war nicht zu übersehen, darauf baute ich. Der Wind hatte keine Chance, den Zettel davonzutragen, denn ich hatte die Zwecke tief in das Holz getrieben, mit ganzer Kraft.
    Es war erst kurz vor Mittag und es lag ein sehr langer Tag des Wartens und Banges vor mir. Obwohl mir das klar war, rannte ich förmlich zum Wagen zurück. Erst als ich eingestiegen war, ließ das Gefühl der Eile und Panik ein wenig nach. Das war gut, denn ich hätte den hohen Blutdruck bestimmt nicht länger ausgehalten. Ich ermahnte mich selbst mehrmals, jetzt bloß nicht auszurasten, und versuchte diese Selbstsicherheit wiederzufinden, die mich auf meinem langen Heimweg begleitet hatte. Es wollte nicht richtig gelingen. Zuviel stand für mich auf dem Spiel und es gab zu viel, was noch schiefgehen konnte, angefangen bei Istvans Einstellung mir gegenüber. Er könnte mich hassen. Er könnte mich meiden. Er könnte aufgehört haben, mich zu lieben. Eine klaffende Wunde tat sich in mir auf, als ich diesen Gedanken zuließ. Aber es gab ja noch weit schlimmere Aussichten. Er könnte mich noch immer lieben, mich aber nicht mehr wollen oder mich einfach nicht mehr ertragen.
    Es gab einfach unendlich viele unerträgliche Möglichkeiten, die auf mich warteten. Jede Einzelne von ihnen schnürte mir die Luft zum Atmen ab. Ich durfte das nicht zulassen. Was ich brauchte, war Zuversicht und Überzeugungskraft. Nur so könnte ich stark genug sein und um Istvan kämpfen, wenn ich dazu gezwungen wäre. Verzweifelt suchte ich nach einer unumstößlichen Tatsache, die ihn und mich betraf, etwas Unveränderliches, in das ich mein Vertrauen setzen und aus dem ich Kraft schöpfen konnte.
    Ich durchforstete meine Erinnerungen, die mir jetzt mehr denn je vorkamen wie unersetzliche Kostbarkeiten, auf der Suche nach der passenden Grundlage für mein Selbstvertrauen:
    Unsere seltsame Vertrautheit?
    Sie hatte in den Wochen vor meinem Weggang zu sehr gelitten, um mir jetzt genug Halt zu geben.
    Unsere gegenseitige Anziehung? – „Andere Baustelle, selbes Problem“, folgerte ich schnell.
    Seine Besessenheit von meinem Wohlergehen?
    Ein guter Ansatzpunkt, aber nicht stark genug, um ihn wieder erobern zu können. Es musste etwas sein, das noch wesentlich tiefer ging.
    Liebe und Hoffnung!
    Konnte es tatsächlich so einfach sein, so offensichtlich?
    Immerhin sind die besten Dinge im Leben oft die einfachsten, so wie Istvans Art zu lächeln. Das Bild tat weh, es war zu real und zu vergänglich. Da fiel mir wieder etwas ein, ganz plötzlich und klar war es da.
    Er hatte es mir oft genug gesagt und ich hatte den Beweis dafür sogar schwarz auf weiß mit eigenen Augen gelesen. Als er mich gerettet, mich damals als kleines Mädchen aus dem Wasser gezogen hatte, hatte er mir das Leben geschenkt. Und ich, so sagte er mir selbst, hatte ihm die Hoffnung zurückgegeben. Genauso hatte er es geschrieben und es mir zärtlich ins Ohr geflüstert und mein Herz wäre fast übergelaufen vor Liebe und Hingabe und es war mir egal, dass diese Gefühle von einem Mann ausgelöst wurden, der nun einmal auch ein Wolf war.
    Das Prinzip war einfach, so alt wie die Menschheit selbst. Das Prinzip Hoffnung würde der Felsen in meiner Brandung sein und er, jede einzelne Erinnerung an ihn, an seine Zärtlichkeiten, seine Berührungen, sein aufrechtes Herz, sein Lächeln, seine leidende Seele, seine anziehende Stimme, seine grünen Augen wären die sichtbaren Zeichen jener Liebe, die mir Kraft geben würden, egal wie er sich verändert haben sollte oder wie sehr er mich wegstoßen würde. Nur so hatte ich eine winzige Chance, die Risse der Mauer zu kitten, die mein Monster vor nicht einmal zwei Wochen beinahe niedergerissen hatte.
    Wir würden wiedergeboren werden aus unserer eigenen Asche, die sich wieder in Glut verwandeln würde. Daran musste ich glauben und ich tat es. Ich hoffte darauf.
    Der Motor brummte unter mir. Leise und vertraut breiteten sich das Geräusch und

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