Wolfsfieber - Band 2
wollte, aber dieses Geheimnis wurde noch immer eisern vor mir gehütet. Kein Mensch durfte je davon erfahren, es sei denn, die Valentins würden ihre Meinung darüber ändern, was Istvan nur recht wäre.
„Ich weiß, dass es sein muss. Ich will nur nicht, dass du es bist. Dich in dieser Gefahr zu wissen, es sich bloß vorzustellen, macht mich ganz krank.“
So schnell ich konnte, umarmte ich ihn ganz fest, umklammerte mit meinen Beinen seine Hüften. Er verschränkte seine Arme dabei derart fest hinter meinem Rücken, als wollte er mich wie eine Efeuranke umschlingen. Dagegen hatte ich nichts …
„Können wir nicht einfach so bleiben? Für … sagen wir … ein oder zwei Jahre.“ Ich fühlte sein Schmunzeln, aber auch seinen tiefen, traurigen Atemzug.
„Keine Einwände“, flüsterte ich ihm ins Ohr und küsste ihn tief im Nacken. Dann küsste Istvan mich richtig, noch bevor der Tag anbrach.
Der Freitag zog nur so vorüber. Das Pop-Punk-Festival war ein voller Erfolg gewesen und ich hatte die halbe Nacht und den frühen Morgen mit dem Schreiben der Beiträge verbracht, weshalb ich lange ausschlief. Als Istvan mich durch einen Anruf aufrüttelte, er rief eigentlich nur selten an, war es schon fast Mittag. Wir sollten an diesem Nachmittag bei den Valentins vorbeischauen. Ich freute mich darauf, da mir jetzt Woltan und Miriam nicht mehr derart zusetzen würden.
Mein Sportcoupé stoppte in einem Waldstück kurz nach Rohnitz, wo Istvan darauf wartete, abgeholt zu werden. Er sah sich ausgiebig um, ehe er in mein Auto einstieg. Sein Verhalten wirkte fast paranoid. Wer sollte sich außer uns hier schon herumtreiben?
„Lange nicht gesehen“, begrüßte ich ihn halbernst.
„Fast zu lange“, meinte er gespielt ernst und ignorierte absichtlich den ironischen Klang meiner Bemerkung. Ich lehnte mich vor, wobei der Sicherheitsgut spannte, und küsste ihn sanft und lange. Schließlich mussten wir auf diese Vorteile im Hause Valentin verzichten. Supergehör sei Dank , fügte ich sarkastisch in Gedanken hinzu.
Sobald Istvan begann, meinen Kuss zu erwidern, ging mein Verstand allerdings auf Urlaub.
„Können wir nicht einfach eine Weile parken? “, schlug ich atemlos vor.
Istvan seufzte.
„Wir werden schon erwartet. Auch wenn ich dich jetzt nur ungern daran erinnere.“
Er schenkte mir eine Andeutung seines schiefen Lächelns, das es mir noch schwerer machte, den Motor anzulassen. Aber genau das tat ich und dann fuhren wir den kurzen Weg bis zur Jagdvilla. Sobald ich geparkt und den Motor abgestellt hatte, schnellte Istvans aufgerissener Blick in meine Richtung. Seine grünen Augen funkelten überrascht und fast schon ungläubig.
„Was hörst du?“, folgerte ich aus seinen Verhalten.
„Streit!“
Istvan presste das Wort hervor, als wäre es das Absurdeste, was man hier überhaupt hören könnte.
„Und?“, fragte ich etwas verständnislos nach.
„Die Valentins streiten sich nie, Joe. Nicht so jedenfalls.“
Er schien noch immer erschüttert über seine Entdeckung.
„Worum geht es?“, wollte ich wissen und stieg gemeinsam mit ihm aus.
„Ich weiß es nicht. Es scheint schon seit einer Weile so zu gehen. Es wird zu viel durcheinandergeredet“, sagte er und behielt seinen Kopf schräg in Richtung des Hauses und der Geräusche.
„Was jetzt? Sollen wir lieber gehen?“
„Nein. Ich muss wissen, was da drinnen los ist.“
Sofort bekam ich eine bestimmte Ahnung, dass Istvan mir nicht alles sagte. Er stürmte so schnell zur Villa, dass ich ihm kaum folgen konnte. Dann riss er die Tür auf und ließ sie offen. Also trat ich ein und versuchte mein schlechtes Gefühl zu verdrängen. Doch in dem Moment, als ich das Wohnzimmer mit dem erloschenen Kamin betrat, verdreifachte sich -dieses scheußliche Gefühl, und was ich sah, bestätigte meine Befürchtungen. Istvan platzte in einen handfesten Familienstreit, mit mir im Schlepptau. Sofort verstummten alle und die Stimmung wurde noch unangenehmer.
Marius schien mir am unbeteiligtsten und lungerte auf dem Fenstersims, um ja nicht Partei ergreifen zu müssen. Valentin stand neben Serafina. Beide wirkten zerschlagen und schienen irgendwie in der Defensive, während Woltan vor seinem Vater mitten im Raum stand und vor Wut kochte. Ich hätte nie gedacht, dass sein schönes, gleichmäßiges Gesicht derart finster und verzerrt aussehen könnte. Aber so stand er nun vor mir und blicke auf Istvan und mich.
„Was ist hier los?“, verlangte Istvan zu wissen und
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