Wolfsfieber - Band 2
er eben erst niedergeschrieben hatte. Istvan schien sich nicht konzentrieren zu können und wirkte angestrengt und müde. Das brachte mich dazu, noch öfter in seine Richtung zu sehen. Sein Anblick schmerzte in meinem Inneren. Die Ellbogen auf dem Tisch gestützt, fuhr er sich immerfort durch das Sandhaar. Die Finger um seinen Stift verkrampften sich und sein Blick war müde und frustriert. Er seufzte sogar derart laut, dass ich hochsah und seinen Blick kreuzte. Ich konnte gar nicht anders. Sofort breitete sich diese warme Aufregung in mir aus, die sich in einen Magenkrampf wandelte, als mich sein elender Gesichtsausdruck erreichte. Selbst das Grün seiner Augen wirkte verdunkelt.
Sofort wollte ich ihn fragen, was ihn so quälte. Aber als mir klar wurde, dass ich seine Antwort vielleicht gar nicht hören wollte, riss ich mich zusammen und versuchte ihm nur ein aufmunterndes Lächeln zu schenken, das er nicht schaffte zu erwidern. Das brachte mich derart auf, dass ich meinen Blick geradezu besessen auf den Bildschirm des Computers heftete und nicht wieder hochsah, ehe ich mit meiner Arbeit fertig war. Nachdem ich den Laptop abgeschaltet und alles in mein Zimmer geschafft hatte, fand ich Istvan vor der Couch vor. Er war dabei, sein Bett für die Nacht vorzubereiten. -Normalerweise wartet er darauf, dass ich ihm das Kissen und die Decken brachte, doch dieses Mal hatte er sie sich selbst besorgt. Obwohl es eigentlich nicht ungewöhnlich war, dass ein Mann mit dem man schon monatelang zusammen war, sich so verhielt, machte es mich doch auf unerklärliche Weise sehr besorgt.
„Ich geh dann auch schlafen“, ließ ich ihn wissen, weil es sonst nichts zu sagen gab.
„Gute Nacht“, wünschte er mir undurchschaubar neutral.
Worauf ich nur noch in mein Zimmer gehen und mich für die Nacht fertig machen konnte.
Nachdem ich ewig lange nicht hatte einschlafen können, schlummerte ich endlich unruhig vor mich hin. Immer wieder wachte ich auf und drehte mich aufgewühlt hin und her, sodass meine Bettdecke vollkommen durcheinandergeriet.
Wie spät es war, konnte ich nicht sagen, doch plötzlich fühlte ich die Anwesenheit eines anderen Menschen im Zimmer. Im Halbschlaf erkannte ich den Honig-Wald-Geruch und wusste, dass es sich um Istvan handeln musste. Dennoch schnellte ich erschrocken in meinem Bett hoch, einfach deshalb, weil ich ihn nicht erwartet hatte.
Ich sah mich aufgebracht in meinem dunklen Zimmer um, bis ich ihn vor meinem Bett fand. Er sah nachdenklich auf mich herab, das schwache Licht des Fensters betonte die Schärfe seiner Wangenknochen. Istvans Anblick wärmte mich im Inneren und machte mich im selben Moment auf hundert Arten nervös, vor allem weil er mich so bedeutungsvoll betrachtete. Mit schnellen Strichen versuchte ich mein Haar in Ordnung zu bringen und lehnte mich etwas nach vor, in seine Richtung. Meine Geste führte zu dem gewünschten Effekt. Istvan setze sich zu mir an das Ende meiner Füße. Ich wartete gebannt und zwang mich, ruhig zu atmen.
„Ich muss mit dir reden“, begann er. Seine ruhige, tiefe Stimme umfasste mich wie ein warmer Lufthauch, auch wenn sein Tonfall eher ernst war.
„Ich werde zuhören“, versprach ich etwas verunsichert. Erst wurde es unheimlich still, dann kam er noch etwas näher an mich heran.
„Ich weiß es“, deutete er an und durchbohrte mich mit seinen dunklen Augen.
„Ich habe die Nachricht gehört“, fügte er noch hinzu.
Mehr als geistesabwesend zu nicken und ihn mit aufgerissen Augen anzustarren, konnte ich nicht tun. Deshalb war er den ganzen Abend über so abwesend gewesen. Oh Gott, er weiß es , wiederholte ich in Gedanken, um mir die Bedeutung dessen einzutrichtern.
„Wieso hast du mich bloß angelogen?“, zischte er gekränkt und schüttelte verständnislos den Kopf. „Warum hast du das getan? Das wolltest du doch immer. Warum hast du nur abgelehnt?“, fragte er mich eindringlich und verletzte mich damit ohne böse Absicht sehr.
„Ich wollte dich nicht anlügen, aber es schien mir richtig so. Du solltest nicht denken, dass du mich von irgendetwas abhältst. Aber weißt du wirklich nicht, wieso ich abgelehnt habe?“, fragte ich ihn mit hochgezogener Augenbraue, während ich meine Hand auf seine legte. Istvan presste die Lippen fest aufeinander, dann meinte er:
„Das habe ich befürchtet.“ Der traurige Tonfall in seiner Stimme in Verbindung mit der Bedeutung seiner Worte ließ mich schaudern.
„Weißt du, wie weh es tut, wenn
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