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Wolfsfieber - Band 2

Wolfsfieber - Band 2

Titel: Wolfsfieber - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Adelmann
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zersprungen. Deshalb konnte ich auch meine Finger nicht davon abhalten, sein Gesicht zu ertasten. So behutsam ich vermochte, fuhr ich die lange dichte Braue entlang und betrachtete Istvan eingehend. Er hatte sich nicht sehr verändert. Lediglich sein Haar war etwas länger und durch den Schlaf verwuschelt, was mich irgendwie rührte. Aber diese einzigartig stimmige Mischung aus hart und zart war unverändert. Ich lehnte nun meine Wange an seine und begann mich, beinahe wie eine Katze, an seinen herrlich kratzigen Stoppeln zu reiben. Die deutlich spürbare Berührung weckte ihn. Sofort sah ich das breite, schiefe Grinsen auf seinem Gesicht erscheinen.
    „Guten Morgen. So darfst du mich immer wecken, wenn du willst“, sagte er verschlafen, bevor er mich leicht an sich drückte.
    „Steh nicht auf!“, befahl ich.
    „Bleib, wo du bist! Ich bin gleich zurück.“
    So schnell ich konnte sprang ich hoch, die plötzliche Frische auf meinen bloßen Füßen ignorierend, ging in die Küche und bereite Tee für uns. Mit den dampfenden Tassen kam ich zurück in mein Zimmer, wo Istvan gerade meine -Nachtlektüre in Augenschein nahm.
    „Proust?“, fragte er ungläubig.
    „Ja, wieso? Zuerst mochte ich Eine Liebe Swanns nicht, doch mittlerweile gefällt es mir sehr. Ich gebe es zu“, erklärte ich, reichte ihm den Tee und setzte mich Istvan gegenüber.
    „Freut mich, das zu hören. Vor ein paar Monaten hast du dich noch standhaft geweigert, Proust eine Chance zu geben“, erinnerte er mich mit einem selbstzufriedenen Ausdruck.
    „Ich vermute, für Proust muss man erst bereit sein“, scherzte ich und beendete damit das Thema. Es gab Wichtigeres, worüber ich mit ihm reden wollte.
    „Sollen wir Valentin davon erzählen?“, fragte ich unsicher und rieb mir den letzten Schlaf aus den Augen.
    „Du meinst, dass wir nun ernsthaft eine gemeinsame Zukunft planen.“
    Ich nickte und trank von dem aromatischen Tee. Istvan schien genau zu überlegen.
    „Doch schon, aber vorher sollten wir selbst einiges klären, denn für uns ist es alles andere als einfach. Solange wir hier sind, wird sich an der Geheimhaltung nichts ändern. Ich denke, dass es das Beste wäre, wenn wir ihn erst einweihen, wenn alles … realistischer für uns geworden ist“, erinnerte er mich eindringlich.
    „Das weiß ich doch, aber ich ändere meine Meinung nicht mehr. Bestimmt nicht!“ Ich schenkte ihm einen Ausdruck wilder Entschlossenheit, den er nicht wagte anzuzweifeln.
    „Wir müssen nichts überstürzen, Joe“, versicherte er mir.
    „Wir reden mit Valentin, versprochen, wenn wir soweit sind, wenn ich …“
    „Aber Istvan! Er könnte dir helfen … uns helfen“, bedrängte ich ihn.
    Ich wollte jetzt mehr denn je, dass Valentin Istvan endlich verraten würde, wie er ihm helfen könnte, seinen Dämon zu überwinden, auch wenn Valentin nicht von seiner Überzeugung abließ, dass Istvan noch nicht bereit dafür sei. Ich weigerte mich, das zu glauben.
    Wie frustriert und wie sehr an die Wand gedrängt sollte Istvan denn noch werden?
    Aber meine Abmachung mit Valentin konnte ich nicht brechen. Es war eine Art Versprechen, so etwas bindet. Valentin musste Istvan selbst davon erzählen. Ich fluchte ein paar Mal innerlich und versuchte, mir nichts anmerken zu lassen. Dann riss Istvan mich aus meinen abschweifenden Gedanken.
    „Dir ist schon bewusst, dass wir erst daran denken können, wenn Farkas aus der Welt ist“, stellte Istvan klar, wobei er seinen Kiefer durch den Druck seines Gebisses überstrapazierte. Meine Zähne wären jedenfalls bei diesem Kraftakt zersprungen.
    „Istvan“, ich sagte seinen Namen und nahm sein Gesicht in meine Hände.
    „Kannst du das wirklich? Er ist doch trotz allem dein … dein Vater.“
    Das letzte Wort ließ ihn seine Augen schließen, damit ich die Wut und Verachtung für Farkas darin nicht sehen musste.
    „Nein. Das ist er nicht , nicht einmal annähernd. Valentin war seit dem ersten Tag, an dem ich ihn kennenlernte, mehr Vater, als Farkas je sein könnte. Ich hasse ihn. So sehr, dass es mir Angst macht. Aber am meisten hasse ich, dass er uns im Weg steht. Um das zu ändern, werde ich tun, was ich tun muss!“
    Sein kühler, fester Ton ließ nicht die Spur eines Zweifels erkennen. Ausgerechnet Istvan so reden zu hören, war Angst einflößend. Aber wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst war, kam ich zur selben Überzeugung. Natürlich wollte ich ihn wie schon so oft fragen, wie genau er Farkas, einen Werwolf, töten

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