Wolfsfieber - Band 2
blickte alle nacheinander an.
„Frag ihn!“, forderte Woltan lautstark und zeigte mit dem Finger auf Valentin.
„Valentin. Wovon spricht Woltan? Was geht hier vor?“, fragte Istvan und umklammerte vorsorglich meine Hand. Ich konnte die Anspannung am Druck seines Griffs um meine Finger nachempfinden.
„Es bringt nichts, wenn wir alle die Wände hochgehen. Ich werde dir alles erklären, Istvan, aber zuerst lass mich die Sache mit meinem Sohn klären“, bat Valentin und war um einen versöhnlichen Ton bemüht.
„Da gibt es nichts mehr zu klären. Los, erzähl’s ihm! Bringen wir es hinter uns. Vielleicht kann ich ja beim zweiten Mal verstehen, welcher Teufel dich geritten hat, Vater, diese Sache vor mir … vor uns allen zu verheimlichen“, zischte Woltan und ließ sich trotzig in den riesigen Sessel vor dem Kamin fallen. Er schmollte beinahe hörbar. Istvan zog mich zur Couch, fast, als wäre ich gewichtslos, und setzte sich mit mir hin. Sera-fina nahm neben uns Platz. Sie machte auf mich den Eindruck zwischen den Stühlen zu sitzen und blieb deshalb so unauffällig wie möglich.
Ohne zu zögern, kam Valentin an Woltan vorbei und stellte sich vor den staubigen Kamin. Das ist also die Ausstrahlung eines Rudelführers, eines Alphas, dachte ich für mich selbst, Valentins stolze Haltung beobachtend. Dann begann er mit seiner Erklärung und irgendetwas sagte mir, dass niemand, nicht einmal Woltan, wagen würde, ihn zu unterbrechen. Seine ehrerbietige Beherrschung und sein ernster Samttonfall sorgten dafür.
„Ich gestehe, ich habe meine Bemühungen um ein Heilmittel nicht aufgegeben. Es ging mir dabei vor allem um dich, Istvan. Ich wollte dir keine falschen Hoffnungen machen. Aber in den letzten Jahren, eigentlich Jahrzehnten, habe ich einen Wissenschaftler verpflichtet, der in verschiedene Richtungen geforscht hat und dabei auch eigene Wege gegangen ist. Ich habe dem Doktor gestattet, innerhalb gewisser Grenzen eigenständig zu agieren. Nach unzähligen Misserfolgen und Fehlschlägen ist ihm kürzlich ein Durchbruch gelungen. Er wollte am Telefon nicht sehr ausführlich werden. Das hatten wir so verabredet. Der Doktor versicherte mir aber, dass er zwar nicht gefunden hat, wonach wir ursprünglich auf der Suche waren. Aber seine neueste Entwicklung kann angeblich Ergebnisse vorweisen, die in unserem Sinne sind. Er bat mich umgehend zu ihm zu kommen und ich soll auch meinen Sohn und besonders dich, Istvan, mitbringen.“
Valentin machte eine bedeutsame Pause und ließ uns Zeit, alles zu verdauen.
„Wer ist der Doktor ?“, fragte Istvan skeptisch, worauf ich zwischen ihm und Valentin hin und her sah.
„Der Doktor ist Ungar. Er hat an der Ignaz-Semmelweis-Universität, in Budapest …“, diese Erklärung war für mich gedacht, „… Medizin studiert und kann Tätigkeiten auf dem Gebiet der Mikrobiologie und Virologie für amerikanische Eliteuniversitäten vorweisen. Soviel zu seiner Reputation. Als ich ihn verpflichtete, traf ich ein Abkommen mit ihm: Ich wahre seine Identität unter allen Umständen und er darf die Erkenntnisse seiner Forschungen für seine eigenen Studien verwenden, solange er dadurch nicht unsere Existenz enthüllt. Ich stelle ihm sogar ein Privatlabor zur Verfügung und finanziere seine Bemühungen, im Gegenzug versucht er alles Denkbare, um ein Heilmittel oder zumindest eine Möglichkeit zu finden, dass Woltan mit einer Menschenfrau ausschließlich menschliche Kinder bekommen kann.“
Valentin blickte liebevoll auf seinen Sohn, der immer noch nicht verwinden konnte, dass er darüber im Unklaren gelassen worden war.
„Aber das ist doch gut, oder? Ich meine, das hast du dir doch immer gewünscht“, erinnerte ich Woltan versöhnlich.
„Darum geht es nicht“, meinte er scharf und knapp.
„Doch, genau darum geht es, Sturkopf“, murmelt Serafina kaum verständlich.
Istvan war merkwürdig ruhig geworden. Ich zog leicht an seinem Hemdzipfel, bis er reagierte.
„Wenn es vorrangig um Woltan geht, wieso besteht der Doktor dann auf meiner Anwesenheit?“, begann er irritiert. „Du weißt doch, dass ich nur an einer Heilung interessiert bin. Außer einem Gegenmittel werde ich mich auf nichts einlassen“, bemerkte er geheimnisvoll und sein Blick streifte mich kurz. Valentin kam näher, setzte sich auf den Tisch und fixierte uns jetzt beide mit seinen kraftvoll dunklen Augen.
„Ich kenne deine Bedenken, das weißt du. Doch was kann es schaden, sich anzuhören, welche
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