Wolfsfieber - Band 2
sich. Ich konnte sehen, wie sich besonders Woltan und Serafina Istvans Worte zu Herzen nahmen, bevor sie schließlich zustimmend nickten. Die anderen älteren Mitglieder des Rudels fügten sich eher widerwillig, als Valentin ein Machtwort sprach. So machten wir uns in allerletzter Minute auf zum stillgelegten Steinbruch.
Als wir bei den zackigen Felskanten ankamen, standen sie schon da: die gefährlichsten Krieger der Werwolfwelt, -Dimitri, Vladimir und an ihrer Spitze Jakov. Istvan hatte, nachdem ich ihn hatte überreden können, mich mitzunehmen, wie es ja von Jakov ausdrücklich verlangte worden war, eine Verteidigungsformation für mich ausgeklügelt. Ich kam mir dabei vollkommen bescheuert vor. Zum ersten Mal im Leben konnte ich nachempfinden, wie sich ein Promi bei einem offiziellen Auftritt fühlt. Denn ich ging eingekeilt zwischen ihnen allen. Istvan und Valentin vor mir, Marius hinter mir und Woltan und Serafina an meinen Seiten. Nur Petre und Radu blieben zurück und deckten auf dem Hügel vor dem Steinbruch unseren Rücken. Ich war nicht die Einzige, die unseren Auftritt für völlig überzogen hielt. Sofort bemerkte ich das unterdrückte Grinsen bei Jakov. Seine Mitkämpfer machten sich gar nicht erst die Mühe, ihr abfälliges Lächeln zu verbergen. Dabei fiel es mir erst bewusst auf. Ich sah „Die Drei“ zum ersten Mal in ihrer menschlichen Gestalt. Natürlich hatte ich sie mir schon oft vorgestellt, aber meine Fantasie konnte mit der Realität nicht mithalten. Niemals hätte ich gedacht, dass Dimitri, der Weißrusse, derart hellhäutig und kühl wirken würde. Er trug sein helles Haar komplett abrasiert und sein Profil war eindeutig russisch. Irgendwie erinnerte er mich an einen Schwimmer, den ich einmal im Sportkanal gesehen hatte. Sein langer, schlanker Körper mit den breiten Schultern verstärkte diesen Eindruck. Was ich jedoch als Erstes wiederkannte, waren seine eiskalten hellblauen Augen, die mich schon als Wolf voller Hass angefunkelt hatten. Es waren Augen, die gar nichts anders ausdrücken konnten als Hass und Verachtung. An seiner Seite stand der andere Krieger russischer Abstammung. Vladimir, der mit Abstand Größte und Stärkste von ihnen. Schon durch seine abgetragene Jeans konnte man die festen Oberschenkel erahnen. Sein unbekleideter Oberkörper war ein einziger Muskelberg. Auch er wirkte furchterregend und gefährlich. Seine längeren, weizenblonden Haare waren struppig, so als würde er nur alle heiligen Tage mit dem Kamm durchfahren. Sein Gesicht hatte kantige Züge, die einer wütenden Fratze glichen. In dem Moment, als wir ankamen, murmelte er ständig etwas auf Russisch, das mir, obwohl ich es nicht verstand, wie die schlimmste Schimpf-attacke aller Zeiten vorkam. Jakov unterschied sich so sehr von seinen Kampfbrüdern, dass es unmöglich schien, es nicht zu bemerken. Nicht nur, dass er Schuhe trug wie die Valentins, Jakov war auch der Einzige, der sich unter Menschen bewegen konnte, ohne sofort aufzufallen. Sie würden nur einen gut aussehenden jungen Mann bemerken. Er hatte dabei so gar keine Ähnlichkeit mit Istvan und zum Glück auch nicht mit Farkas. Jakov war die Art Mann, die Carla als Frauenmagnet bezeichnen würde. Denn er war groß, dunkelhaarig, hatte männlich ansprechende Gesichtszüge mit einem markanten Kinn, einen schlanken, durchtrainierten Körper und vorsichtig blickende, dunkelbraune Augen, die eine gewisse Anziehungskraft ausüben konnten, wenn man dafür empfänglich war, was aber nicht auf mich zutraf.
Jakov war, trotz seiner angenehmeren Erscheinung, der eindeutige Anführer. Deshalb kam er auf Valentin und Istvan zu, deren Körper sich daraufhin sofort anspannten.
„Ich werde für meine Leute sprechen. Wer spricht für euch?“, fragte Jakov ruhig, ganz Herr der Lage.
„Valentin und ich sprechen gemeinsam für uns“, antworte ihm Istvan ebenso sicher mit seiner festen Stimme, die mir so vertraut war.
„Gut“, urteilte Jakov unbeeindruckt. „Sollten die beiden auf Russisch fluchen, versucht es zu ignorieren. Es ist nur so, dass Vladimir und Dimitri gegen dieses Treffen sind und es gefällt ihnen gar nicht, dass sie nicht verstehen können, was ich mit euch bespreche“, erklärte Jakov und sah dabei merkwürdig bedeutungsvoll zuerst in Valentins und dann in Istvans Gesicht. Ich konnte ihrer Reaktion nicht sehen. Ich spähte auf ihre Rücken, was mir gar nicht schmeckte. Die beiden sprachen also kein Deutsch , ging es mir durch den
Weitere Kostenlose Bücher