Wolfsfieber - Band 2
Grund, den ich mir nicht ganz erklären konnte, war seine Verwandlung beinahe vollkommen vollzogen. Etwas sagte mir aber, dass es mit dem zu tun hatte, worüber ich eben noch mit Valentin, dem Menschen, gesprochen hatte.
In den folgenden Stunden geschah so gut wie nichts. Die Valentinwölfe und mein persönlicher Sandwolf stromerten weiterhin um die Villa und richteten ihre irisierenden Augen auf -jedes Geräusch und jeden Schatten, der es wagte, sich zu regen. Valentin blieb bei mir im Haus und lag auf dem Küchenboden, wo er ab und zu von mir gekrault wurde. Wenn ich es -schaffte, mich vom Fenster und vom Blick auf Istvan loszu-machen. Es durchfuhr mich jedes einzelne Mal ein heißer Blitz, wenn seine Wolfsaugen in meine Richtung kamen und meinen besorgten Blick kreuzten. Das Mondlicht war so hell, dass der Wald in ein diffuses, tageslichtähnliches Blau getaucht war. So konnte ich, auch ohne perfektes Nachtsehvermögen, fast alles überblicken.
Obwohl es den ganzen Tag über angenehm warm gewesen war, wurde es jetzt, wo die Nacht sich immer tiefer über uns senkte, kühl, besonders, da in diesem Haus niemand künst-liche Wärme benötigte.
Ich trug noch immer das leichte T-Shirt, das mir jetzt viel zu dünn vorkam. Also machte ich mich auf die Suche nach einer Strickjacke in Serafinas Zimmer, ständig begleitet vom Wolf Valentin. Auch wenn ich mit Istvan in seiner Wolfsform sprach, konnte ich es irgendwie nicht mit Valentin tun. Ich käme mir dabei komisch vor , urteilte ich. Zu meinem Erstaunen hatte Serafina mehrere Jacken, zur Tarnung natürlich, von denen ich mir eine leichte blaue Strickjacke schnappte und überstreifte. Noch bevor ich die Treppe zum Erdgeschoss erreicht hatte, hörte ich das laute Aufheulen von mehreren Wölfen. Ohne den Schock in meinem Inneren zu sehr zuzulassen, stolperte ich die Treppen hinunter, meinem Bodyguardwolf hinterher, und stürmte auf das Küchenfenster zu. Zwei weitere Wölfe begannen sich um das Haus zu verteilen und wurden von allen, auch von Istvan, mit einem freudigen Wolfsheulen begrüßt. Der eine Wolf war grau mit weißen Flecken und schien mir auch aus der Entfernung recht groß. Ihm folgte ein kleinerer, gescheckter Wolf.
„Petre und Radu“, murmelte ich halblaut. Valentin stupste mich mit der Schnauze an. Er wollte damit meinen Verdacht bestätigen.
Irgendwann in dieser Nacht, ich konnte nicht einmal sagen, wann und wie, war ich auf der Küchenbank eingeschlafen. Am frühen Morgen weckte mich Istvan, der mit einer dampfenden Tasse Kaffe auf mich zukam.
„Morgen … wenigstens hast du geschlafen. Valentin hat mich abgelöst, damit ich etwas ausruhen kann. Er meinte, du würdest auch mit mir reden wollen … Du hast noch nicht mal bemerkt, dass Serafina neben dir schläft, oder?“, fragte er sanft lächelnd und strich mir über die Wange.
Ich nickte verschlafen, ehe ich auf der anderen Seite der Bank Serafinas langen, schlummernden Körper sah. Ich nahm einen gierigen Schluck vom Kaffee, bevor ich mich räusperte.
„Ich muss mit dir reden, aber nicht jetzt. Es gibt etwas, was momentan viel dringender ist. Ich muss heute in die Redaktion. Wir haben eine lange Konferenz am Vormittag und einen Fototermin am Nachmittag. Wie soll ich das machen?“, fragte ich unschlüssig.
„Es wäre mir zwar lieber, wenn du hier bleiben würdest, aber wie ich dich kenne, ist das keine Option. Sobald Serafina ausgeschlafen hat, kann sie dich begleiten. Und keine Sorge, sie wird auf Abstand bleiben. Sie weiß sehr gut, wie man jemanden beobachtet, ohne dabei gesehen zu werden“, antwortete er mir ernst.
Und genauso verhielt es sich. Serafina brachte mich nach Hause, wartete geduldig auf mich, bis ich mich umgezogen hatte, fuhr mit deutlichem Abstand hinter mir her, parkte vor der Redaktion und wartete stundenlang, während mir eine nicht enden wollende Sitzung drohte, die letzten Nerven zu rauben. Doch ich hielt durch. Sogar am frühen Nachmittag schaffte ich es, den Fototermin im Rathaus so professionell wie möglich hinter mich zu bringen. Normalerweise hätte ich viele zusätzliche Schnappschüsse gemacht, die vielleicht lebendigere Pressebilder abgaben, doch heute verzichtete ich darauf.
Als ich aus dem Rathaus kam, wartete Serafina schon in Istvans Camaro mit angelassenem Motor darauf, dass ich ihr in meinem Sportcoupé zur Jagdvilla folgen würde. Schon von der Einfahrt aus, konnte man den Verteidigungsring, der mir schon fast vertraut geworden war,
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