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Wolfsfieber

Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Adelmann
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Gegen-
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    schlag aus. „Hast du da nicht etwas vergessen? Was ist mit
    Istvan? Sein Erinnerungsvermögen wäre doch intakt und er
    würde mich schon davon überzeugen, dass er mir nichts ge-
    tan hatte!“
    Ha! Nun hatte ich gepunktet. Dachte ich zuerst, denn
    er schien nicht sonderlich geknickt durch meinen Einwand.
    Farkas winkte nur lässig mit einer Hand hin und her und
    meinte: „Vielleicht ja, vielleicht nein. Schon möglich, dass er
    es schafft, dich zu überzeugen. Doch eines wüsste er ohne
    Zweifel. Wie er es dreht oder wendet, er würde die Schuld
    an deiner Verwandlung haben. Schließlich hat dich einer
    aus seiner Welt verwandelt und ohne ihn wärst du nie in
    diese Gefahr gekommen. Ich kenne meinen melodramatisch
    von Selbsthass zerfressenen Sohnemann. Er würde sich die
    Schuld geben und ausrasten. Er wird sich aufmachen, den
    Werwolf zu suchen, der dich verdammt hat. Auch wenn er
    natürlich nicht wüsste, dass er eigentlich nach mir suchen
    würde. Und genau da komme ich wieder ins Spiel!“ Was
    mich noch mehr aufbrachte als die Details seines perfiden
    Plans, war, dass er ihn Sohnemann genannt hatte. Doch ich
    konnte mich nicht auf meinen Ekel konzentrieren, dazu war
    ich in seinen fieberhaften Ausführungen zu sehr gefangen.
    „Nachdem er dich verlassen hat, um seine Rache aus-
    zuüben, feiern wir beide unser kleines Wiedersehen. Doch
    diesmal wird es für dich nicht so glimpflich ablaufen. Um
    ehrlich zu sein, werde ich dich dann töten müssen.“
    Er machte an dieser Stelle keine dramatische Pause, wie
    es mein Gehirn tat bei dem schrecklichen Gedanken. Er rat-
    terte weiter seine Rede herunter, unaufhaltsam.
    „Irgendwann wird er dann zurückkommen und dich tot
    vorfinden. Es wird nach Selbstmord aussehen. Zerfressen
    von Schuldgefühlen und Wut wird alles Menschliche in ihm
    sterben und dann wird er bereit sein für mich. Für mich und
    mein Angebot. Ich werde als sein Retter auftreten. Der ver-
    lorene Vater, der seinem Sohn ein neues Wolfsleben, fernab
    jeglichen menschlichen Schmerzes, anbietet“, verkündete er
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    in einem klischeehaften Ton, den ich sonst nur aus seichten
    Frauenfilmen kannte. Die Worte, die darauf folgten, waren
    so hasserfüllt und voller Schlechtigkeit, dass sich seine ganze
    Körperhaltung veränderte und seine Stimme wieder diesen
    „tierischen“, knurrenden Klang annahm. „Ich weiß, er wird
    mir folgen und bald danach wird er mein Stellvertreter und
    es wird nicht lange dauern und er wird sein wie ich. Wie es
    sein sollte. Mein Sohn von meinem Wolfsblut.“
    Das Blut gefror mir in den Adern, als ich die Bedeutung
    der Worte verstand, als ich die Unausweichlichkeit des grau-
    samen Schicksals dahinter zum ersten Mal deutlich spüren
    konnte. Würde es tatsächlich so kommen? Wäre ich in nicht
    einmal 30 Tagen tot und mein Istvan für immer verloren,
    schlimmer noch, auf dem Weg, ein gefühlloses Monster zu
    werden wie sein … Vater?
    Nein. Auf keinen Fall. Das konnte ich nicht zulassen. Es
    musste irgendeinen Weg geben, das zu verhindern. So gut er
    auch alles geplant hatte, niemand konnte alle Eventuali täten
    berücksichtigen. Ich musste nur lange genug die Spritze von
    meiner Haut fernhalten, bis ich einen Ausweg wüsste. Er
    schien meine Gedanken zu erahnen. Er stand vom Stuhl auf
    und versicherte mir, nun gegen die Wand gelehnt, mit einem
    Kopfschütteln: „Zwecklos. Du wirst keinen Ausweg finden.
    Ich warte schon zu lange darauf, als dass ich jetzt zuließe,
    dass noch irgendetwas dazwischenkäme. Das Einzige, wo-
    rauf ich noch warte, ist der Sonnenaufgang, der übrigens
    bald kommt, damit ich dir die Spritze geben kann, ohne dass
    du dich sofort verwandelst.“
    Er hatte recht. Die Zeit lief mir davon. Die Uhr an seinem
    Handgelenk zeigte bereits kurz vor fünf an. In etwa einer
    halben Stunde würde der Morgen anbrechen und das Unheil
    seinen Lauf nehmen. Wie sollte ich, in nur einer knappen
    halben Stunde, einen Ausweg aus einer ausweglosen Situa-
    tion finden? Ich war verloren, und was mir den größten Kum-
    mer bereitete, war, dass Istvan mit mir untergehen würde.
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    Farkas war nun absolut schweigsam. Ich konnte seine Stim-
    me ohnehin nicht mehr hören, ohne einen Nervenzusam-
    menbruch zu bekommen. Das einzige Lebenszeichen aus
    seinem starren Körper kam, als er immer wieder ungeduldig
    durch die spartanischen Vorhänge spähte, ob der Morgen
    schon anbrach. Er war dabei sehr darauf bedacht, dass kein
    Mondstrahl auf seine

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