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Wolfsfieber

Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Adelmann
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Mädchenstimme.
    „Sie war das Schönste, was ich je sah. So anders als alles,
    was ich kannte. Ihr Herz hatte diesen Rhythmus, der mich in
    meinen Träumen begleitet und den Herzschlag meines Her-
    zens annähernd auf menschliches Tempo senken konnte.“
    Er lachte laut und widerwärtig. „Mein Sohn, der verliebte
    Dichter. Das werde ich ihm als Erstes abgewöhnen müssen!“
    Jetzt konnte ich nicht mehr schweigen.
    „Du kranker Bastard. Lass ihn in Ruhe. Er ist zehnmal so
    viel wert wie du. Du armseliges, kleines Möchtegern-Raub-
    tier. Wenn du es wagst, noch einmal seine Worte derart in
    den Dreck zu ziehen, dann bring ich dich zur Strecke. Ich
    finde einen Weg. Kannst darauf wetten, alter Mann. Verzei-
    hung, Hund! “ Ich schrie dabei so laut und wütend, dass sich
    meine Halsschlagader so fest gegen die Haut presste, dass es
    verflucht schmerzhaft war.
    Ich rechnete erneute mit Schlägen. Doch die einzige Re-
    aktion, die er zeigte, war ein ungläubiges Schulterzucken.
    „Ein mutiges, kleines Ding bist du. Fast schade, dass du
    nicht mehr lange leben wirst!“
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    Da war es wieder, das boshaft dämonische Grinsen, das
    mich erstarren ließ, als hätte ich Eis in den Adern. Eines war
    sicher, wie immer das hier ausgehen würde, es würde eine
    verflucht lange Nacht werden. Und noch war kein Ende in
    Sicht.
    Zwei Stunden nach dem Aufwachen …
    Meine Angst war mittlerweile so überwältigend, dass ich
    nur noch fähig war, unregelmäßig und schwach zu atmen.
    Doch der Drang, ihm meinen ganzen Ekel und Abscheu ins
    Gesicht zu spucken, war mindestens genauso groß, wenn
    nicht größer. Überlebensinstinkt und Adrenalin übernahmen
    jetzt das Kommando und ich ließ, in einem Anflug von un-
    bändigem, verzweifeltem Mut, meinen Worten freien Lauf.
    „Du hältst dich für so stark, Farkas. Dabei bist du nichts
    weiter als ein armer, kleiner Feigling. Sonst würdest du nicht
    hier rumtönen, wie du ihn fertigmachen willst, in dem du
    mich quälst. Ein echter Mann, ein mutiger Mann, würde
    sich ihm ganz offen stellen. Als Wolf. In einem fairen Kampf.
    Wolf gegen Wolf!“
    In Wahrheit verkrampfte sich mein Magen beim bloßen
    Gedanken daran. Ich konnte schon beim ersten Schlag, den
    ich ausgeteilt hatte, sehen, wie sein Gesicht sich in eine
    wütende Fratze verwandelte. Auf einmal erschien mir mein
    „Ausbruch“ alles andere als eine gute Idee zu sein. Seine
    wütende, verzerrte Miene ging über in ein ebenso boshaftes
    Lächeln.
    „Das wird nicht funktionieren, Kleine. Aber netter Ver-
    such“, tönte er gönnerhaft. Sein Mund drängte sich von der
    Seite an mein Ohr. Fast berührte er meine Wange. Mit an-
    gewiderter Stimme setzte er hinzu: „Für einen Menschen!“
    Doch so sinnlos meine Versuche auch waren, vielleicht
    verschafften sie mir genau die Zeit, die ich ihm – seinen
    Namen konnte ich jetzt nicht mal denken, sonst würde ich
    durchdrehen – verschaffen musste, um uns zu finden. Aber
    wollte ich das wirklich? Was könnte alles passieren? Er könn-
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    te sterben oder Schlimmeres. Wobei es mir schwerfiel, sich
    so etwas Grässliches vorzustellen.
    Farkas befand sich jetzt wieder hinter meinem Rücken, ganz
    in seinem Element als unberechenbarer Entführer. Ich konn-
    te wieder nicht sehen, was er vorhatte. Schließlich hatte er
    mir in diesen ersten beiden Stunden schon gedroht, mir weh-
    getan, sich an meinem Leid ergötzt und ein Ende war keines-
    wegs in Sicht. Was sollte noch alles auf mich zukommen?
    Bei einem derart verkommenen Geist musste man mit allem
    rechnen. Wieder blickte ich zu dem schwarzen Notizbuch,
    das er verächtlich auf dem verdreckten Steinkaminsims hat-
    te liegen lassen. Das war bisher das Schlimmste gewesen,
    dass er so viel über uns wusste und es benutzte, um mich zu
    quälen und sich über uns, über ihn, lustig zu machen. Den-
    noch, das Notizbuch im selben Raum zu wissen, spendete
    mir auch auf seltsame Weise Trost. Die Schmerzen waren al-
    les andere als bedeutungslos, doch das konnte ich schon er-
    tragen. Aber jetzt, da ich die „Wahrheit“ kannte, wusste, dass
    es sich bei dieser Bestie um seinen Vater handelte, waren
    all die Abscheulichkeiten, die er beging, alles, was er über
    ihn, über uns sagte, noch unerträglicher. Obwohl ich dabei
    war, mich in diesen Gedanken zu verlieren, hörte ich den-
    noch die Geräusche hinter meinem Rücken. Es klang, als ob
    er nach etwas suchen würde. Doch was konnte er in dieser
    alten Mühle schon finden? Es sei

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