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Wolfsfieber

Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Adelmann
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von uns. Und das Beste: Du wirst
    dich nicht mal mehr daran erinnern, wie es passiert ist oder
    wer es getan hat!“ Jetzt streckte er triumphierend die Hände
    in die Höhe, um gleich einen draufzusetzen.
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    „Eigentlich tue ich ihm einen Gefallen“, wandte er ein
    und rieb sich dabei geziert nachdenklich das Kinn. Ich konn-
    te mir in diesem Moment nicht vorstellen, wie mein Ge-
    sichtsausdruck aussah, aber jeder Muskel in meinem Körper
    schien angespannt und taub zugleich.
    Was für ein Monster! Ein Vater, der seinen eigenen Sohn zu
    einem Leben verdammt, das ihn seit Jahrzehnten quält, und
    dann noch sein Mädchen zu demselben „Leben“ verdammt,
    um dann noch die Frechheit zu besitzen zu behaupten, er
    tue ihm damit einen Gefallen! Ein eiskaltes Monster, das
    war er. Er musste genau wissen, dass es Istvans schlimmster
    Albtraum war, dass ich verwandelt werden könnte und dann
    noch seinetwegen. Das würde ihn umbringen. Der Gedan-
    ke daran schmerzte viel mehr als die Angst davor, ich müss-
    te mit einem solchen „Leben“ klarkommen. Aber ich hatte
    noch keine Ahnung. Es sollte noch viel schlimmer kommen.
    Ich hatte Farkas Bösartigkeit tatsächlich unterschätzt.
    „Ach, noch eine Kleinigkeit, was dich angeht. Was denkst
    du, wen du für deine Wandlung verantwortlich machen
    wirst, wenn du ohne jede Erinnerung an mich im Wald auf-
    wachst?“
    Bastard! Dachte er tatsächlich, ich könne denken, dass
    Istvan es getan hätte? Ich wollte ihn anschreien, aber ich war
    noch immer taub, starr vor Entsetzen. Diese Reaktion schien
    genau das zu sein, was er von mir erwartet hatte. „Siehst du,
    du zögerst. Streitest es nicht sofort ab“, zischte er selbstgefäl-
    lig. In Gedanken versuchte ich, zu mir selbst zurückzufinden.
    Logik und Vernunft mussten mir dabei helfen. Bald hatte
    ich in meinen Gedankengängen gefunden, was ich brauchte.
    Das gab mir wieder die Fähigkeit zu sprechen. „Wieso soll-
    te ich glauben, dass er mir etwas angetan hätte. Schließlich
    würde ich keinen Biss haben. Spritzen hinterlassen für ge-
    wöhnlich keine Bissspuren!“, verkündete ich altklug. Wenn
    ich derart besserwisserisch sprach, vermittelte ich den Ein-
    druck, selbstbewusster zu sein, als ich tatsächlich war. Das
    kam mir jetzt gelegen. Ich fuhr mit meinen Ausführungen
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    fort und versuchte, ihn nicht zu Wort kommen zu lassen:
    „Und außerdem würde ich doch nur in Betracht ziehen, dass
    er es gewesen sein könnte, wenn es nach einem Unfall aus-
    sähe. Und eine Unfalltheorie verlangt nach einer Bisswun-
    de!“ Doch er hatte an alles gedacht.
    „Mädchen“, nannte er mich herablassend, „das ist ja das
    Geniale daran“, dabei untermalte er seine Ausführungen
    jetzt mit Gesten, wie es Politiker im Wahlkampf tun. „Du
    wachst im Wald auf. Kannst dich an nichts erinnern. Hast
    keine Wunde. Du wirst dich nicht sofort verwandeln, denn
    heute ist die letzte Vollmondnacht. Natürlich verbringst du
    deine ganze Zeit mit ihm, als wäre nichts geschehen. Und
    dann – Bamm!“ Seine geballte Faust schlug gegen seine
    Handfläche. „Knapp 30 Tage später bekommst du die ersten
    Symptome und vermutest zuerst nur, du hättest Fieber. Doch
    mittlerweile weißt du genug über uns. Es wird die erste Voll-
    mondnacht des Monats sein und du kennst die Anzeichen.
    Das Fieber, die Schmerzen, der Drang des Wolfes. Und dein
    erster Gedanke wird sein – ganz leise in dir: Der einzige Wer-
    wolf, mit dem ich in den letzten Wochen Kontakt hatte, ist …
    Ta ta ta ta!“ Jetzt schien er in eine Art Siegesrausch zu ver-
    fallen. Er täuschte sogar Trommelwirbel vor. Ich war schier
    sprachlos. Er musste alles von langer Hand geplant haben.
    Alles stimmte, wie ich zugeben musste, das Timing, die An-
    zeichen. Ich hätte gar keine Wahl, als zu zweifeln. Er hatte
    offenbar aus Istvans Aufzeichnungen herausgelesen, dass ich
    ein pragmatischer Grübler war, der die vernünftigste Alter-
    native zuerst bedenken würde, auch wenn sie mir das Herz
    bräche. Ich durchleuchtete seinen Plan binnen Sekunden
    im Kopf, wog alles noch einmal ab und suchte verzweifelt
    nach einer Schwachstelle. Aber es wollte alles zu gut passen.
    Bis auf … Ich hatte Istvan selbst aus der Gleichung genom-
    men. Was wäre mit ihm? Er würde mich sicher davon über-
    zeugen können, dass er mir nichts angetan hätte. Natürlich
    würde er das. Ich würde ihm in die Augen sehen und sofort
    wissen, dass er die Wahrheit sagt. Jetzt holte ich zum

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