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Wolfsfieber

Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Adelmann
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verunsichern, wie er
    es oft, zu oft, bei mir geschafft hatte. Doch einen kurzen Au-
    genblick lang, nur den Bruchteil einer Sekunde, war ich da-
    von überzeugt, er würde versuchen, mich zu umarmen. Aber
    die kaum angedeutete Geste wurde von Istvan sofort in ein
    Zurückweichen vor mir umgewandelt. Er wandte sich von
    mir ab, ohne auch nur ein Wort zu mir zu sagen. Er flüch-
    tete sich in den ungarischen Saal. Aber ich folgte ihm auf
    Schritt und Tritt. Schnell fand ich ihn. Verkrampft an eines
    der Regale gelehnt, die Arme vor seiner Brust verschlossen,
    drehte er mir den Rücken zu, um mich nicht ansehen zu
    müssen. Er stand vor einem der bunten Glasfenster und ich
    hätte nicht einmal mit Sicherheit beschwören können, ob
    er noch atmete, so schweigsam und still war er. Ich legte
    mir die Hand auf den Mund, als wolle ich verhindern, et-
    was Falsches zu sagen, und wartete in der Hoffnung, Istvan
    würde sich doch noch zu mir umdrehen, was er aber nicht
    tat. Sein dunkelblaues Hemd strahlte fast, als die, durch das
    Buntglas gefärbten, Lichtstrahlen auf ihn trafen. Er machte
    auf mich den Eindruck eines verzweifelnden Märtyrers. Ich
    atmete ein paar Mal tief ein, dann legte ich, so sanft ich
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    konnte, meine Hand auf seine Schulter. Die Haut unter dem
    leichten Baumwollhemd schien zu brennen. Er neigte leicht
    den Kopf, mehr nicht.
    „Istvan, bitte sieh mich an“, flehte ich mit gebrochener
    Stimme.
    Ich konnte nur ein leichtes Kopfschütteln bemerken.
    „Wieso nicht? Wieso willst du mich nicht ansehen?“
    Der Ton in meiner Stimme klang jetzt, als würde ich je-
    den Moment um Hilfe schreien, nur ohne Atem darin.
    „Du weißt, wieso“, war alles, was er mir dazu zu sagen
    hatte.
    Ich hörte das erste Mal an diesem Tag seine Stimme. Sie
    war jetzt rauer, als ich sie kannte. Tiefer, bedrückter.
    „Soll ich gehen?“, fragte ich und das Herz blieb mir ste-
    hen bei der Vorstellung, dass er mich nicht länger um sich
    haben wollte.
    „Nein, ich will nicht, dass du gehst. Aber ich will auch
    nicht, dass du mich ansiehst. Schon gar nicht heute Nacht.
    Ich weiß genau, wieso du gekommen bist.“
    Mit der Art, wie er die letzten Worte sagte, gab Istvan mir
    das Gefühl, als hätte ich ein heiliges Versprechen ihm gegen-
    über gebrochen. Als wäre ich eine Verräterin und würde da-
    bei so tun, als wäre ich mir keiner Schuld bewusst. Aber er
    wollte auch nicht, dass ich ging. Das war gut.
    „Sieh mich an, Istvan. Ich möchte nur, dass du mit mir
    darüber redest. Nicht mehr und nicht weniger. Freunde kön-
    nen doch über alles reden.“
    Ich hatte es irgendwie doch geschafft. Er drehte sich zu
    mir um, mit geschlossenen Augen, die Stirn auf das Holz-
    regal stützend, atmete er unruhig ein und aus. Dann sah
    er mich endlich an. Was er wohl in meinen Augen las? Ich
    wünschte, ich wüsste es.
    „Wir sind keine Freunde. Freunde wollen einen nicht
    dazu zwingen, Dinge zu tun, die man nicht will“, stellte er
    klar. Sein Ton war dabei so eiskalt und unverwandt, als wären
    wir Fremde füreinander.
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    Seine grünen Augen starrten mich nun hart an. Es fiel
    mir schwer, die Fassung zu wahren und nicht zurückzuwei-
    chen oder ihm meine verletzten Gefühle zu zeigen. Doch
    ich riss mich zusammen. Ich hatte auch ein paar Dinge klar-
    zustellen.
    „Wir sind Freunde. Ob es dir nun gefällt oder nicht. Ich
    bin dein Freund. Und als der will ich dich ganz, so wie du
    bist, und nicht eine zensierte Version von dir oder nur mit
    den weniger komplizierten Seiten. Istvan. Ich will dich ganz
    kennen. Als Mann. Als mein Freund. Und – als Wolf. Ver-
    such einen Weg zu finden, damit klarzukommen.“
    Für meinen kleinen Vortrag hatte ich meine festeste und
    überzeugendste Rednerstimme ausgegraben.
    Er schien lange und angestrengt zu überlegen. Ich konnte
    die Gedanken förmlich in seinen Augen vorbeiziehen sehen.
    „Ich weiß, was du mir damit sagen willst, und es bedeutet
    mir unendlich viel, dass du so für mich empfindest. Aber die
    Tatsache, dass es mir sehr schwer fällt, mich dir als Wolf zu
    zeigen, ist nicht der einzige Grund, weshalb ich deine An-
    wesenheit bei einer Verwandlung ablehne. Es gibt da noch
    einen Grund.“
    Seine Andeutung machte mich neugierig, aber auch be-
    sorgt.
    „Welchen anderen Grund?“, unterbrach ich ihn ungedul-
    dig.
    „Ich wehre mich seit jeher gegen die Verwandlung. Es ist
    nicht etwas, was ich absichtlich mache. Mein Unterbewusst-
    sein kämpft dagegen an und deshalb

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