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Wolfsfieber

Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Adelmann
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kümmern wir uns um deine Hüfte! Ich fürchte, dazu
    musst du aufstehen.“
    Kaum hatte ich den Satz beendet, da stand er schon vor mir
    und ich blickte auf seinen nackten Bauch. Die Decke hat-
    te er in einem Schwung bis zu seinen Hüften hinunterge-
    schoben. Ich musste schlucken bei dem Gedanken, dass ich
    gleich seine Haut berühren sollte, doch ich hatte es vor nicht
    einmal einer Stunde schon einmal getan. Und dennoch stieg
    mir jetzt die Hitze auf, als ich ganz zart die Decke von seiner
    Haut schob, um an die Wunde zu kommen. Er schien nicht
    im Mindesten verschämt zu sein, und selbst wenn, ich hätte
    ihm jetzt bestimmt nicht ins Gesicht gesehen, um sicherzu-
    gehen. Ich entfernte den notdürftig angebrachten Verband
    und war verwirrt. Wo noch zuvor eine deutliche Wunde zu
    sehen war, zeigten sich nur noch eine dunkle Prellung und
    verkrustetes Blut.
    Wie konnte das sein? Ich konnte es mir nicht erklären.
    Ich blickte kurz zur Seite, damit er meine Verwunderung
    nicht bemerkte. Mit dem feuchten Tuch entfernte ich das
    angetrocknete Blut und zog die Decke über die Hüfte.
    „Du kannst dich wieder setzen“, sagte ich ihm.
    „Wie geht es deinen Rippen? Kannst du atmen?“, frage
    ich dann.
    Er atmete tief ein, hielt die Luft an und atmete wieder aus.
    „Alles bestens. Siehst du?“, bekräftigte er und schlug sich
    dabei gegen die Brust, wo keine blauen Flecken mehr zu se-
    hen waren. Ich musste mich vorhin getäuscht haben, was
    seine Rippen betraf. Es war auch sehr dunkel gewesen und
    noch dazu der starke Regen. „Gut“, nickte ich zustimmend.
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    „Dann muss ich mich nur noch um deine Hände und
    Arme kümmern.“
    Ich griff nach seinen Armen, die er in seinen Schoß gelegt
    hatte. Ich nahm beide Hände in meine und drehte sie mehr-
    mals herum, um mir alles genau anzuschauen. Es waren vie-
    le Abschürfungen, Kies und Blutstriemen zu sehen. Er ließ
    meine Begutachtung über sich ergehen und beobachtete da-
    bei genau meine Bewegungen und Handgriffe. Ich nahm mir
    zuerst die feuchten Tücher und strich damit vorsichtig über
    seine Arme. Der Schmutz und die Blutspuren blieben auf
    dem Tuch hängen. Ich wiederholte die Prozedur mehrmals,
    bis seine Hände annähernd sauber waren. Dann nahm ich
    jede Hand einzeln in meine und entfernte mit einer Pinzette
    etwaige Steinchen und den Kies. Danach beträufelte ich die-
    se Stellen und die Abschürfungen mit dem scharfen Des-
    infektionsmittel.
    Wir sprachen beide kein Wort. Der Schein der Lampe
    erlaubte uns nur, unsere Aufmerksamkeit auf die erleuch-
    teten Stellen im Raum zu konzentrieren. Und das waren in
    diesem Moment unsere Hände. Das Gesicht des jeweils an-
    deren befand sich im Dunkeln. Ich bemerkte, dass ich seine
    Hand noch nicht losgelassen hatte, obwohl ich schon längst
    mit meiner Behandlung fertig war. Ich konnte ganz deutlich
    fühlen, wie seine Hände an meinen entlangfuhren. Das jag-
    te mir einen Schauer über den Rücken, den ich bis zu den
    Zehen spüren konnte. Ich schloss die Augen. Ich wagte es
    nur, da ich mir sicher war, dass er es nicht sehen konnte.
    Doch er musste dennoch irgendetwas bemerkt haben, da er
    im selben Moment einen leisen, wohligen Seufzer ausstieß.
    Ich erstarrte. Der Schreck veranlasste mich, sofort die Augen
    aufzureißen und meine Hände zurückzuziehen. Ich wagte
    nicht, auch nur ein Wort zu sagen. Ich musste unbedingt
    einen Moment allein sein. Mich für eine paar Minuten sei-
    ner Nähe entziehen.
    „Ich … ich denke, ich sollte nachsehen, ob ich nicht ein
    paar Sachen für dich zum Anziehen finde. Ich habe bestimmt
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    ein paar alte Sachen, die mein Bruder hiergelassen hat“, sag-
    te ich, mehr an die Dunkelheit denn an ihn gewandt. Wäh-
    renddessen fuhren meine Finger ständig nervös meinen Hals
    entlang.
    Mit einem Satz war ich aus der Tür und sprintete die
    Treppen hoch. Ich hastete in das alte Zimmer meines Bru-
    ders und schloss die Tür hinter mir. Ich lehnte mich gegen
    die Tür und genoss die einsame Stille des Raums. Mein gan-
    zes Wesen war in Aufruhr, als würden die Unruhe und Panik
    des Unfalls erst jetzt richtig ausbrechen. Ich atmete ein paar
    Züge tief ein und aus. Es schien zu helfen. Ich entspannte
    mich ein wenig.
    Mit einer hastigen Bewegung öffnete ich den Kleider-
    schrank und nahm mir das Erstbeste heraus, was mir in die
    Finger kam. Ich hielt ein paar alte Jogginghosen, sehr weite,
    in der Hand und ein lockeres T-Shirt. Das würde gehen, vor
    allem weil ich mir mit

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