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Wolfsfieber

Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Adelmann
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sicher, sie noch nie im Leben zuvor gesehen zu haben,
    und doch …“
    Hier brach er wieder ab. Mein Herz schlug mir jetzt bis
    zum Hals. Er schrieb über diese Frau, als wäre er verliebt
    in sie. Und diese Frau war ich! Ich konnte gar nicht fassen,
    was ich da las. War diese Frau, über die er schrieb, tatsäch-
    lich ich? Ja, es stimmte schon, dass ich damals „getanzt“ hat-
    te. Ich tat das manchmal, wenn ich ganz allein war, nur für
    mich, und da der Wintergarten nur zum Wald hin eingesehen
    werden konnte, machte es mir nichts aus, in Unterwäsche
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    herumzulaufen. Ich hatte ja damals nicht ahnen können,
    dass ein Mann, in Form eines Wolfes, mein Treiben verfolg-
    te. Es war mir über alle Maßen peinlich, dass irgendjemand
    mich gesehen hatte, und dass es Istvan war, trieb mir die
    pure Schamesröte ins Gesicht. Aber wie er mich beschrieb –
    als schön. So hatte ich mich selbst noch nie gesehen. Ich
    hielt mich eher für einigermaßen hübsch, nicht weiter au-
    ßergewöhnlich. Wer hätte gedacht, dass mein halb nackter
    Anblick in Verbindung mit den musikalischen Klängen der
    „Fleet Foxes“ eine solche Wirkung auf einen Mann wie Ist-
    van haben könnte. Also ich bestimmt nicht.
    Im Vergleich mit Carla oder anderen schönen Frauen
    kam ich mir zu farblos und durchschnittlich vor. Aber für ihn
    schien ich gerade das nicht zu sein. Ich hatte auch noch nie
    vermutet, aus einem Meer von Pfirsichtönen zu bestehen.
    Was mich jedoch am meisten verblüffte, war, dass er tat-
    sächlich diesen Farbton in meinen Haaren bemerkt hatte,
    der selbst mir zu schwach schien, um aufzufallen. Liebte er
    mich, kam es daher? Das wäre einfach zu schön, um wahr
    zu sein.
    Doch woher könnte er meinen Herzrhythmus bereits ge-
    kannt haben und warum verschwieg er mir das alles bisher?
    War es ihm zu peinlich, es mir einfach zu gestehen, oder hat-
    te er Angst vor den unausweichlichen Konsequenzen? Wollte
    er mir gegenüber nicht eingestehen, dass er mir zuerst als
    Wolf und nicht als Mann begegnet war? Was steckte bloß
    dahinter? Ich musste es wissen und las noch weiter, obwohl
    ich eigentlich nur zu ihm wollte, um mich in seine Arme zu
    stürzen.
    „In der letzten Nacht der Verwandlung war ich sehr weit
    gelaufen, und als ich im Nordlager ankam, war ich völlig
    erledigt. Nach der Rückverwandlung fiel ich sofort, noch
    immer im Wald liegend, in einen tiefen, unruhigen Schlaf.
    Als ich aufwachte, war ich völlig verschwitzt, was mir merk-
    würdig vorkam, da das Wolfsfieber hinter mir lag und ich
    ansonsten nur dann schwitzen konnte, wenn mir eine Ver-
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    wandlung bevorstand. Doch ich wusste, weshalb ich derart
    verstört war. Im Traum erhielt ich die Antwort auf die Frage,
    die mich die letzte Stunde beschäftigt hatte. Ich wusste jetzt,
    ohne den geringsten Zweifel, woher ich den Rhythmus, die
    Erkennungsmelodie dieser Frau kannte und ich konnte es
    nicht fassen. Es war einfach zu unglaublich. Es war derselbe
    Herzrhythmus, den ich 1989 gehört hatte. Der Herzschlag
    des kleinen Mädchens, das ich damals aus dem Wasser ge-
    zogen hatte. Wie war das möglich?“
    Ich war sprachlos. Istvan war es. Er war es gewesen, da-
    mals 1989, als ich sechs Jahre alt war. Istvan hatte mich geret-
    tet, deshalb kam er mir so vertraut vor und deshalb fühlte ich
    mich von Beginn an an seiner Seite so beschützt. Es schien
    plötzlich alles einen Sinn zu ergeben. Dieses Gefühl der Ver-
    trautheit und des Vertrauens, das aus dem Nichts zu kom-
    men schien, hatte seine Wurzeln in diesem traumatischen
    Tag. Ich wusste, zumindest zum Teil, was an diesem Tag mit
    mir geschehen war, aber wie hatte er diesen Tag erlebt? Ich
    erinnerte mich dunkel daran, mit meiner älteren Cousine am
    Stausee gespielt zu haben und dass meine Eltern weg waren
    und sie auf mich achtgeben sollte. Ich lief ihr wohl davon und
    fiel irgendwie in den See. Ich konnte nicht schwimmen –
    konnte ich auch jetzt nicht wegen dem, was damals passiert
    war. Ich strampelte in dem kalten, trüben Wasser um mein
    Leben und konnte vor Angst und Panik nicht um Hilfe ru-
    fen. Ich weinte bitterlich und hatte unbändige Angst davor,
    unterzugehen und zu ertrinken. Ich war erst sechs und meine
    kleinen Beine konnten nicht genug Wasser verdrängen. Ich
    hielt mich nicht lange an der Oberfläche und sank immer
    tiefer in das kalte, dunkle Nass. Ich weiß nicht, wie lange
    das so ging, aber ich wurde bewusstlos. Das Einzige, was ich
    danach noch weiß, ist, dass

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