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Wolfsherz

Wolfsherz

Titel: Wolfsherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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anderen Seite der Glasscheibe allmählich wirklich eng wurde.
    »Stefani Wie schön, daß du noch einmal kommst! Woher wußtest du, daß ich hier bin?« Rebecca schenkte ihm das strahlendste Lächeln, an das er sich seit Wochen erinnern konnte, aber er hatte das sichere Gefühl, daß der allergrößte Teil dieses Lächelns nicht ihm, sondern dem Kind auf ihrem Schoß galt. Trotzdem beugte er sich rasch über sie, hauchte ihr einen Kuß auf die Wange und wandte sich erst dann zu Wahlberg und dem Kriminalbeamten um. »Herr Professor, Herr Dorn. Was... tun Sie hier?«
    Dom verzog die Lippen zu etwas, das man mit viel gutem Willen als seine Version eines beruhigenden Lächelns auslegen konnte. »Keine Sorge, Herr Mewes, ich bin... mehr privat hier.«
    »Privat?« Stefan musterte den Polizeibeamten zweifelnd. Sein Äußeres schien seine Worte zu beweisen. Er trug jetzt keinen maßgeschneiderten Anzug mehr, sondern schlichte Jeans, ein kariertes Holzfällerhemd mit offenem Kragen und eine abgewetzte Strickweste, und auch sein Adlatus Westmann war nirgendwo zu sehen. Trotzdem fragte er sich, was Dom als
Privatmann
hier verloren hatte.
    »Na ja, halb und halb«, gestand Dom achselzuckend. »Ich hatte ein paar Fragen an Ihre Frau, und da ich schon einmal hier war, dachte ich mir, es könnte nicht schaden, wenn ich auch ein paar Worte mit Professor Wahlberg wechsle.«
    »Ich wüßte nicht, warum«, sagte Stefan kühl.
    Wahlberg runzelte fragend die Stirn, während Dorn vollkommen unbeeindruckt blieb.
    Rebecca sagte: »Der Inspektor hat mir die ganze Geschichte erzählt. Es ist furchtbar.«
    »Oberinspektor«, verbesserte sie Stefan, ohne Dorn dabei aus den Augen zu lassen. Direkt an ihn gewandt fuhr er fort:
    »Meine Frau ist krank, Herr Dorn. Schwer krank. Wenn Sie irgendwelche Fragen haben, richten Sie sie bitte an mich.«
    »Aber es macht mir nichts aus«, protestierte Rebecca. »Ich bin nicht so krank, daß ich nicht sprechen könnte.«
    Stefan sah nur flüchtig auf sie herab, und was er sah, versetzte ihm erneut einen tiefen, aber schmerzhaften Stich. Obwohl sie mit ihm geredet hatte, hatte Rebecca ihre ganze Aufmerksamkeit wieder dem Mädchen zugewandt. Sie drückte es fest an die Brust, hatte ihre Wange an sein Gesicht gelegt und streichelte ihm mit der linken Hand über den Hinterkopf. Viel mehr als das, was am Nachmittag zwischen ihnen vorgefallen war, war dieser Anblick für den scharfen Ton verantwortlich, in dem er sich wieder an Dom wandte:
    »Ich weiß natürlich, daß Sie mir nicht glauben werden, aber wissen Sie, wen ich vor zehn Minuten gesehen habe?«
    Dom legte den Kopf ein wenig schräg und blickte fragend.
    »Den Kerl von heute mittag!« fuhr Stefan fort.
    »Den jungen Mann vom Kaffeeautomaten?«
    »Ja. Ich erinnere mich jetzt deutlicher. Ich bin auch sicher, daß er später noch einmal dabei war, als wir Frau Halberstein in der Cafeteria getroffen haben.«
    »Er war hier?« vergewisserte sich Dorn in sehr aufmerksamem, professionellem Ton, aber kein bißchen beunruhigt.
    »Vorne im Hauptgebäude«, bestätigte Stefan. »Er saß auf einem der Stühle beim Ausgang und las Zeitung. Als ich auf ihn zugegangen bin, ist er aufgestanden und weggelaufen.«
    »Auf ihn zugegangen? Warum?«
    Stefan hob die Schultern. So ganz genau wußte er das selber nicht. »Ich... wollte mit ihm reden«, sagte er. »Vielleicht wollte ich mich vergewissern, daß er es wirklich ist.«
    »Das war nicht besonders klug«, antwortete Dorn. »Immerhin. Wenn Sie die Wahrheit sagen, dann -«
    »Ich
sage
die Wahrheit!« schnappte Stefan gereizt, und Dorn fuhr, ohne mit der Wimper zu zucken oder auch nur seine Tonlage zu ändern, fort:
    »- dann war dieser Bursche bestimmt nicht zufällig hier. Entweder er ist ein Verrückter, der sich seine Opfer hier im Krankenhaus aussucht, oder er hat es wirklich auf Sie abgesehen.« Er zögerte eine Sekunde, dann: »Waren Sie allein?«
    Stefan hatte mit dieser Frage gerechnet und war sogar ein bißchen erstaunt, daß sie erst jetzt kam. Er schüttelte den Kopf. »Ja. Aber die beiden Schwestern am Empfang haben alles gesehen. Eine hat mich hinterher darauf angesprochen. Sie kann den Burschen beschreiben.«
    »Dann werde ich nachher noch mit ihr reden«, sagte Dom. Er registrierte das Aufblitzen in Stefans Augen und fuhr in etwas sanfterem Ton fort: »Jetzt springen Sie mir nicht gleich wieder an die Kehle. Ich bin nicht hier, weil ich Ihnen nicht glaube. Ganz im Gegenteil.«
    »So?« fragte Stefan, kein

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