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Wolfsinstinkt

Wolfsinstinkt

Titel: Wolfsinstinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Seidel
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langsamer und hielt schließlich vor ihnen an. Aus großen Augen musterte er sie und schob Tala den Kopf entgegen. Tala lächelte schwach und strich dem Bären über die Schnauze.
    „Es geht uns gut. Bring uns nur zurück in die Siedlung, ja?“
    Ricky konnte nicht glauben, was er sah. Der Bär legte sich flach auf den Boden, sodass es für Tala kein Problem mehr war, auf seinen Rücken zu steigen. Dann wandte das große Tier seinen Kopf Ricky zu. Mit rasselndem Atem starrte Ricky zurück. Das konnte Tala doch jetzt nicht wirklich ernst meinen, oder?
    Aber wann hatte Tala ihm je Grund gegeben, ihm nicht zu vertrauen? Mit zitternden Muskeln kam Ricky näher und kletterte vorsichtig hinter Tala auf den breiten Bärenrücken.
    Der Bär richtete sich auf und machte die ersten Schritte. Ricky fühlte sich fast sofort seekrank. Das war kein angenehmer Ritt wie auf einem Pferd, sondern ähnelte dem auf einem Kamel, wenn es auch nicht ganz so schaukelte, wenn er sich recht erinnerte. Der große Bär – von dem Ricky sich sicher war, dass es derselbe sein musste, der so oft bei seiner Hütte aufgetaucht war – trottete gemächlich durch den Wald, schnurstracks zur Indianersiedlung.
    „Tala?“, flüsterte Ricky, der die Arme eng um seinen Geliebten geschlungen hatte und verzweifelt versuchte, auf dem breiten Bärenrücken irgendwie Halt zu finden. „Wer ist das?“
    Tala hatte die muskulösen Beine eng um das Tier geschlungen und hielt sich mit einer Anmut auf dem Bären, die Ricky nur bewundern konnte.
    „Erkennst du ihn nicht?“, fragte Tala deutlich amüsiert zurück.
    Ricky schüttelte den Kopf, auch wenn Tala das wohl mehr spüren als sehen konnte.
    „Nein“, wisperte er. „Sonst würde ich nicht fragen!“
    Tala kicherte.
    „Das ist Matoskah“, antwortete er, was Ricky scharf einatmen ließ. Ganz automatisch versuchte er, sich so leicht wie möglich zu machen, um es dem alten Schamanen nicht ganz so schwer zu machen, sie zu tragen. Er spürte, wie seine Wangen heiß wurden. Wahrscheinlich war er wieder einmal knallrot. Es war so was von peinlich, sich von dem alten Mann helfen lassen zu müssen.
    Auf der anderen Seite erklärte das, wieso der Schamane ihm so unglaublich kräftig vorgekommen war – trotz seines Alters. Unweigerlich fragte sich Ricky, wie vielen Tieren er im Leben begegnet war, ohne zu wissen, dass sie darüber hinaus eine menschliche Gestalt besaßen.
    Den Rest des Rittes schwieg Ricky verlegen. Er hatte keine Ahnung, was er sagen sollte, wenn Matoskah sich zurückverwandelte.
    Als sie die kleine Siedlung erreichten, bekam Ricky anderes Material zum Denken. Bei ihrer Ankunft war es anfangs sehr leise und sehr leer gewesen, jetzt sah die Sache ganz anders aus.
    Indianer in anscheinend traditioneller Lederkleidun g und mit meist langen Haaren tummelten sich vor den Hütten. Offenbar waren gerade einige Jäger zurückgekehrt. Was Ricky sofort auffiel, war das Ungleichgewicht der Geschlechter. Zuerst dachte er, dass sie sich einfach nicht sehr gut voneinander unterschieden, wegen der langen Haare, doch als Matoskah anhielt und zu Boden sank, um sie absteigen zu lassen, erkannte Ricky die sich drehenden Gesichter. Er zählte viele Männer und nur vier Frauen unter den Anwesenden.
    Verblüfft von dieser Tatsache glitt Ricky unter den neugierigen Blicken der Indianer vom Rücken des Bären und half Tala, ihm zu folgen. Der schwarze Bär erhob sich sofort auf die Hinterbeine und nahm seine menschliche Gestalt an. Matoskah wirkte nicht einmal erschöpft, rieb sich aber leicht den Rücken.
    Als wäre sein plötzliches Auftauchen nichts Besonderes, forderte er Tala auf: „Lass mich mal sehen, mein Junge.“
    Matoskah nahm Talas Wunden genau unter die Lupe und nickte leicht vor sich hin.
    „Das bekommen wir schnell geheilt. Keine Sorge. Und solange werdet ihr beide hier bleiben und euch etwas ausruhen.“
    Immer noch leicht verwirrt über seine Entdeckung folgte Ricky Tala und Matoskah zurück in die große Schamanenhütte. Interessiert sah er zu, wie Matoskah aus Blättern und Gräsern in einem Mörser einen aromatisch riechenden Brei stampfte, den er schließlich auf Talas Verletzungen auftrug. Dann legte er weitere große Blätter über die lädierten Stellen, die durch den Blätterbrei auf der Haut kleben blieben.
    „Du musst dich trotzdem ruhig halten“, erklärte Matoskah, nachdem er Tala fertig verbunden hatte. „Wir bringen dich nachher in eure Hütte. Aber zuerst ...“ Er hielt Tala einen

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