Wolfsinstinkt
nicht mithalten konnte. Weshalb sich Tala für ihn entschieden hatte, wenn er so jemanden hätte haben können, war Ricky ein Rätsel.
„Ricky!“, zischte Matoskah ihm ans Ohr. „Tala hat einen Partner gesucht und ihn in dir gefunden. Tala wollte einen Partner, mit dem er bis an sein Lebensende zusammenbleiben kann, er ist nicht interessiert an einer schnellen und nichtssagenden Paarung.“
Mühsam riss sich Ricky von Ashkiis Anblick los und wandte den Kopf zu Matoskah.
„Ich weiß“, murmelte er resigniert. „Aber –“
„Nichts aber!“, sagte Matoskah scharf. „Tala liebt dich und das wird sich nicht ändern. Es hat ihn nie danach verlangt, sich mit einem anderen als seinem seelenverwandten Gefährten zu paaren. Oder wenn du das besser verstehst: Er hatte nie das Bedürfnis, jemanden zu ficken, den er nicht liebt.“
Ricky spürte, wie er bei diesen deutlichen Worten einmal mehr rot wurde. Himmel, diese unverblümte Art hatte Tala anscheinend von seinem Vater gelernt.
„Ja, ich verstehe schon.“ Ricky warf noch einen kurzen Blick zu dieser Schönheit auf der anderen Seite des Feuers, schaute dann den Schamanen an. „Was stimmt mit ihm nicht, dass Tala ihn nicht lieben konnte ? Er ist bildschön.“
Ricky wusste selber, wie albern er sich anhörte. Er klang genau wie die Sorte Mensch, die er eigentlich absolut nicht ausstehen konnte. Menschen, die ihre Aufmerksamkeit den Schönen und Reichen schenkten, statt auf ihre Herzen zu hören.
Als er bemerkte, wie sich Ashkii auf dem Schoß des Mannes verhielt, kam ihm allerdings eine leise Vorahnung. Ashkii gehörte nicht zu jenen, die nur mit Leuten schliefen, die sie liebten. Er war das komplette Gegenteil von Tala.
„Ich glaube, es gibt hier keinen unverheirateten Mann bei uns, der das Bett nicht mit Ashkii geteilt hat“, sagte Matoskah und bestätigte damit Rickys Vermutung. „Es ist nicht leicht, wenn man über Generationen hinweg zu wenige Frauen unter sich hat, musst du wissen.“
Matoskah sprach, als ob es nichts Natürlicheres gäbe. Ricky allerdings wunderte sich mehr darüber, dass er eher von einer unbändigen Neugier statt von Ekel gepackt wurde. An einem Ort wie diesem, zwischen Menschen wie diesen, etwas wie eine Hure zu finden, hatte er absolut nicht erwartet. Obwohl es, bei näherer Überlegung, eigentlich durchaus verständlich war. Viele Stämme hatten Probleme mit Geldnot und Arbeitslosigkeit, die üblichen „Lösungen“ dafür lagen im Alkohol und käuflichem Sex.
Nachdenklich beobachtete er Ashkii weiter und machte sich so seine Gedanken über den jungen Mann. Er war sich fast sicher, dass Ashkii nicht bewusst die „Stammesmatratze“ spielte. Meist waren solche Menschen auf der Suche nach richtiger Liebe. Dieses wilde Herumvögeln war ihr Versuch, jemanden für sich zu erobern – nur, dass dieser Schuss meist nach hinten losging. Ricky seufzte. Hätte sich Tala in ihn verliebt, wäre wohl schlagartig Schluss gewesen mit dem fröhlichen Durch-die-Gegend-poppen.
Mit einem Kopfschütteln verjagte er diese Gedanken. Ashkiis Schicksal ging ihn nichts an. Er hatte Tala an seiner Seite. Womit er das verdient hatte, wusste er zwar nicht, aber darauf kam es nicht an.
Ricky legte die Holzschüssel weg, schob sich den letzten Bissen Brot in den Mund und kaute energisch darauf herum. Matoskah stand auf und holte den Tonkrug, nur bot er Ricky diesmal nichts davon an, als er sich wieder setzte.
Verlegen blinzelte Ricky Matoskah an und beobachtete, wie er einen großen Schluck trank, den Krug unbeeindruckt absetzte und sich mit dem Unterarm über den Mund wischte.
Er stand ein wenig ungelenk auf. Es war besser, wenn er dem Teufel, der ihm laut aus dem Krug entgegenschrie, nicht zuhörte.
„Ich schau nach Tala“, flüsterte er Matoskah zu.
„Er wird eine Weile nicht zu sich kommen“, erwiderte Matoskah und bestätigte damit einmal mehr Rickys Vermutung, dass die Medizin eine Art Droge enthalten hatte.
Obwohl Ricky wusste, dass er Tala so l eicht nicht wecken würde, war er so leise wie möglich, als er in die Hütte kam. Er legte sich zu seinem Liebsten und strich ihm sanft über die Wange.
„Ich liebe dich so sehr“, flüsterte er leise. Wie er es geschafft hatte, in den letzten Wochen sein Herz derart zu verlieren, war ihm ein Rätsel. Die Tatsache, dass er sich zuvor noch nie dermaßen verliebt hatte, schob er allerdings auf den Wolf in sich.
Vorsichtig bettete er den Kopf an Talas Schulter und schloss die Augen. Die
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