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Wolfsinstinkt

Wolfsinstinkt

Titel: Wolfsinstinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Seidel
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– wenn der Bär mit voller Kraft kämpfte.
Sein Blick fiel auf Matoskah, der zwar ernst wirkte, aber nicht so, als wäre er mit dem Ausgang des Kampfes nicht längst im Reinen. Der Schamane schüttelte kaum merklich den Kopf in seine Richtung, was bei Ricky ein verstehendes Nicken auslöste. Er würde dieses Thema nicht weiter vertiefen. Nicht, solange sie nicht in der Siedlung waren und Hon gegenüberstanden. Dann würde es immer noch früh genug sein.
    Ricky erhob sich mit einem leisen Ächzen und begutachtete den Hasen über dem Feuer intensiv. Ein guter Zeitpunkt, das Thema zu wechseln, wie er fand.
    „Kann es sein, dass der fertig ist?“, fragte er, leises Magenknurren unterstrich diese Frage.
    Tala schaute blinzelnd auf, als hätte er ihn damit aus einem Tagtraum geweckt.
    „Was? Ja, ich glaube, er ist fertig.“ Talas Antwort verstärkte Rickys Verdacht, dass er in Gedanken bei Hon gewesen war.
    „Ich habe einen Bärenhunger!“, sagte Matoskah mit einem verschmitzten Lächeln, was Ricky vor Überraschung laut losprusten ließ.
    Das Essen lief ruhig vonstatten und Talas Stimmung normalisierte sich wieder. Ricky hatte Sorge gehabt, dass dieses Gespräch über Hon ihm jetzt den ganzen Tag ruiniert hätte. Dem war nicht so. Sie plauderten munter vor sich hin und mieden Themen wie Wölfe, Bären, Wächter oder die Siedlung. Zwar hatte Ricky gehofft mehr über die Siedlung und nicht nur etwas über Talas Vergangenheit zu erfahren, doch er wagte es nicht, noch mal darauf zu sprechen zu kommen. Stattdessen genoss er sein frühes Mittagessen und lauschte Matoskahs Geschichten über ihren Stamm und seinen Erfahrungen als Schamane. Er hielt sich weitestgehend aus den Gesprächen heraus, denn ihn beschäftigte inzwischen etwas ganz anderes.
    Wenn jeder, der die Seele eines Tieres in sich trug, dies mit einer Aufgabe in Verbindung bringen musste, dann war es lediglich eine Frage der Zeit, bis er erfuhr, welche Aufgabe ihm bevorstand. Auf einmal hatte er es gar nicht mehr so eilig, sich verwandeln zu können – egal wie lange ihre Reise dauern würde, wenn er auf zwei Beinen unterwegs war.
    Was, wenn sich herausstellte, dass er ebenfalls ein Wächter war und dass er sich wieder von Tala trennen musste? Was, wenn sie eines Tages ebenfalls gegeneinander kämpfen würden?
    Ricky wurde schlecht bei diesem Gedanken. Er hielt sich mit dem Bisschen an Informationen bei Laune, die er über die Siedlung hatte. Sie war voller Wächter. Wächter, die keine Kämpfe ausfochten und ihre Reviere absteckten. Also musste es eine Möglichkeit geben, dieses drohende Unheil zu verhindern. Tala jedenfalls schien sich deswege n keine So rgen zu machen – und Ricky versuchte, sich davon beruhigen zu lassen. Tala würde auf ihn aufpassen und dafür sorgen, dass alles gut wurde. Ganz bestimmt.
     
    *
     
    Die restliche Zeit, die sie bei Talas Familie verbrachten, verging wie im Flug, und ehe Ricky sich versah, weckte Matoskah sie am Morgen des zweiten Tages kurz vor Sonnenaufgang. Ricky war wie gerädert, er hatte die Nacht über meist schlaflos auf dem dicken Fell gelegen und Tala beobachtet, so gut es ging. Tala brummte unwillig, als Matoskah ihn wachrüttelte.
„Die Jäger sind gleich aufbruchsbereit“, informierte er die beiden, was bei Ricky ein tiefes Seufzen auslöste. Das war also sein Abschied aus der gewohnten Zivilisation für unbestimmte Zeit. Er würde auf Dauer gesehen sicher vieles vermissen. Die Bequemlichkeit, die ein Leben in der Stadt mit sich brachte, oder auch nur sein Haus am Waldrand. Warmes Wasser, Elektrizität und moderne Technik, gewohnte Hygiene. Trotzdem war seine Entscheidung gefallen. Ihren Rucksack hatten sie am Abend zuvor schon gepackt, sodass Ricky sich lediglich anziehen und die Tasche schultern musste, um fertig zu sein.
    Tala schloss ihn in die Arme, küsste ihn sanft, ließ ihn dann los und verwandelte sich von einer Sekunde auf die andere in den honigfarbenen Wolf. Ricky wäre es lieber gewesen, wenn er in seiner menschlichen Gestalt geblieben wäre, doch er wusste, dass es so einfacher und ungefährlicher war. Tala hatte ihm erklärt, dass seine Wolfssinne schärfer waren, wenn er ein Wolf war.
    „Danke, Matoskah“, sagte Ricky mit einem traurigen Lächeln.
    Matoskah erwiderte nichts, sondern zog ihn an sich, nahm ihn in die Arme und schlug ihm mit den flachen Händen auf den Rücken.
    „Du bist ein guter Junge, Ricky. Enttäusche Tala nicht.“
    „Das werde ich nicht“, sagte Ricky und

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