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Wolfsinstinkt

Wolfsinstinkt

Titel: Wolfsinstinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Seidel
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drückte den Schamanen fest. Inzwischen war ihm nicht allein Matoskah sehr ans Herz gewachsen. Er würde die anderen hier im Dorf genauso vermissen – mit ein paar kleinen hübschen Ausnahmen, aber das verstand sich wohl von selbst.
    Als sich Matoskah löste und seine Aufmerksamkeit Tala zuwandte, fühlte Ricky sich auf einmal fehl am Platz. Er griff nach seinem Rucksack und schob sich an Matoskah vorbei aus d er Hütte, um die zwei einen Moment alleine zu lassen.
    Auf dem Platz herrschte bereits Aufbruchstimmung, die Jäger waren bereit. Sie verabschiedeten sich von ihren Frauen und Kindern. Und jene, die weder Frauen noch Kinder hatten, verabschiedeten sich von Ashkii, der nicht geizig mit dem Austeilen von Küssen war.
    Nicht allein die Menschen würden ihm fehlen, da war Ricky sich sicher, auch ihre Art zu leben. Die gemütlichen Hütten und die Felle, das Fleisch und das noch viel bessere Brot. Gott sei Dank hatte er sich zeigen lassen, wie man es zubereitete, obwohl er stark bezweifelte, dass es je genauso schmecken würde. Dafür war ihr Proviant für die Reise großzügig aufgestockt worden und Ricky trug alles in seinem Rucksack bei sich.
    Tala tobte schwanzwedelnd um ihn und die Jäger herum, und erinnerte Ricky damit wieder einmal mehr an einen übermütigen jungen Hund als an einen Wolf.
     
    Die Sonne warf fahles Licht über die Baumwipfel und tauchte die Landschaft in unwirkliche, blasse Farben. Die Jäger marschierten los, ohne sich zu den Zurückgelassenen umzudrehen, und Ricky schloss sich ihnen an, wobei er ebenfalls vermied, zurückzuschauen. Es fiel ihm ohnehin schwer genug und er konnte sich vorstellen, dass dieser Abschied für Tala wesentlich schwerer sein musste. Vielleicht lief er deshalb als Wolf neben ihm her, überlegte er sich. Es konnte ja durchaus sein, dass der Wolf in ihm diesen Abschied nicht spürte. Auch wenn er nicht wusste, ob seine Theorie stimmte, beneidete er Tala für eine kurze Weile.
    Die Sonne stieg höher und der Wald veränderte sich, je weiter sie sich vom Dorf entfernten, wurde dichter, teilweise unwegsamer.
    Tala trottete neben ihm her, hatte wachsam die Ohren gespitzt und sah sich aufmerksam um. Gegen Mittag verabschiedeten sich die ersten Jäger, um einen anderen Weg einzuschlagen, am späten Nachmittag verließen weitere die immer kleiner werdende Gruppe.
    Als sie schließlich gegen Abend den Waldrand erreicht hatten, spürte Ricky, dass nun die letzten Jäger Abschied nehmen würden. Es ging schnell und schmerzlos, dann blieben er und Tala zurück.
    Ricky seufzte und ließ den Blick über die steinige Ebene vor ihnen gleiten.
    „Ich finde, wir sollten über Nacht hier bleiben. Im Schutz der Bäume. Wer weiß, wo wir den nächsten Platz finden, um sicher ein Lager aufzuschlagen“, sagte Ricky.
    Tala kam dichter und schob den Kopf in seine Hand. Schmunzelnd streichelte Ricky den Wolf hinter den Ohren und im Nacken.
    „Ich weiß. Na los. Geh ruhig.“ Dass Tala sich nicht zurückverwandelt hatte, konnte nur einen Grund haben: frisches Fleisch. Irgendwie konnte Ricky den Jagdinstinkt des Wolfes inzwischen fast sehen. Wahrscheinlich, weil er Tala nun lange genug kannte, um selbst den Wolf ein wenig deuten zu können. Oder es war der Wolf in ihm selbst?
    „Ich kümmere mich um das Lager. Bleib nicht zu lange weg, ja?“
    Ricky wusste, dass Tala sich nicht sehr weit entfernen würde. Er würde ihn keiner Gefahr aussetzen und sicher nicht gehen, wenn Nashoba in der Nähe wäre.
    Deprimiert sah Ricky dem großen Tier nach, als es im Wald verschwand. Schließlich stellte er den Rucksack ab und richtete eine kleine Feuerstelle her. Während das Feuer allmählich zu prasseln begann, machte er sich daran, das kleine Reisezelt aufzubauen, das Matoskah ihnen mitgegeben hatte.
    Passende Äste waren schnell gefunden, mit etwas Fantasie stellte er sie auf und spannte die schmalen Lederstreifen darüber. Gut, es war sicher nicht professionell, trotzdem bot es Schutz für die Nacht, und einzig darauf kam es ja an.
    Er setzte sich im Schneidersitz vor das Feuer und beobachtete, wie die Sonne langsam hinter den Bäumen unterging und die Nacht sich über das Land legte. Tala war noch nicht zurück, und Ricky hatte Mühe, sich keine Sorgen zu machen.
    Plötzlich hörte er das knackende Geräusch brechender Äste und schaute alarmiert auf. Er packte einen dickeren Ast, der aus dem Feuer ragte, und hielt ihn wie ein Schwert vor sich, bereit, jeden Feind damit in die Flucht zu

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