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Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Titel: Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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»aufhübschte«.
    Lennart schrieb komplett neue Stücke bis auf ein paar harmonische Phrasen von dem alten Murks, gerade genug, damit der ursprüngliche Komponist den Abriss seiner Bauruinen akzeptieren konnte.
    Er hatte gewusst, worauf er sich einließ. Schon beim ersten Treffen mit der Plattenfirma hatten sie ihm ein Lied vorgespielt, das während des Sommers im Radio rauf- und runtergespielt worden war.

    Sommer in der Stadt, neunzehnhundertneunzig, denkst du noch an mich?
    Irgendein kleiner Manager hatte das Tonbandgerät ausgeschaltet und gesagt: »Wir hatten uns etwas in diesem Stil vorgestellt.«
    Lennart lächelte und nickte, während er vor seinem inneren Augen eine Wüste voller Skelette sah, die ihm ihre Arme entgegenstreckten und um Hilfe schrien.
    Es wäre ein schrecklicher Herbst geworden, wenn er nicht die Stunden mit dem Mädchen gehabt hätte, auf die er sich freuen konnte. Wenn er mit ihr auf dem Schoß im Keller saß und sie seine Tonleitern mit ihrer kristallklaren Stimme beantwortete, hatte er das Gefühl, Teil von etwas Größerem zu sein, das nicht nur größer war als seine erbärmlichen Keyboardläufe, sondern auch größer als das Leben selbst.
    Musik. Sie war Musik . Die wahre Musik.
    Lennart war schon immer der Meinung gewesen, dass alle Menschen von Geburt an musikalisch begabt waren. So war es einfach. Aber dann wurden sie mit musikalischem Dreck zwangsernährt. Sie wurden konditioniert. Am Ende glaubten sie, dass es nichts anderes geben könnte als diesen Dreck, dass Musik so klingen musste. Wenn sie etwas hörten, das kein Dreck war, fanden sie es seltsam und wechselten den Sender.
    Das Mädchen war der lebende Beweis dafür, dass er recht hatte. Normalerweise konnten Säuglinge dieser unzerstörten Musik, die in ihnen war, natürlich keinen Ausdruck verleihen, aber sie konnte es. Er wollte nicht glauben, dass es nur ein Zufall war, dass gerade er sie gefunden hatte. Es steckte ein tieferer Sinn dahinter.
    Eine weitere Erleichterung bestand darin, dass Laila glücklicher zu sein schien, als sie es lange Zeit gewesen war. Manchmal konnte er sogar hören, wie sie durchs Haus ging und vor sich hin summte. Meistens natürlich nur alte Schlager, aber ihm gefiel es, ihre Stimme zu hören, während er vor dem Keyboard saß und sich im Schweiße seines Angesichts abmühte, ein weiteres Drei-Akkorde-Stück mit einem überraschenden Moll-Akkord aufzupeppen, obwohl er dabei das Gefühl hatte, Perlen vor die Säue zu werfen.
    Alles Gute hatte auch seine Schattenseiten.
    Eines Abends, als Lennart im Heizungsraum gewesen war, die letzten Holzscheite des Tages eingeworfen hatte und auf dem Weg zum Kinderzimmer war, um das Mädchen für die Nacht fertig zu machen, hörte er ein Geräusch. Er blieb vor der angelehnten Tür stehen und horchte. Leise, leise hörte er die Stimme des Mädchens, das in seinem Bett lag und … summte. Nachdem Lennart eine Weile zugehört hatte, begann er eine Melodie auszumachen, die er zwar irgendwoher kannte, aber nicht einordnen konnte. Einige Worte flogen vorbei, die zu der Melodie passten.
    eyes … exciting … lonely …
    Lennart weigerte sich zu glauben, was er gerade hörte. Aber er wusste, dass er sich nicht irrte. Das Mädchen lag da und summte »Strangers in the night«. Lennart öffnete die Tür und ging hinein. Das Summen verstummte unmittelbar.
    Er nahm das Mädchen auf seinen Arm und schaute in ihre unergründlichen Augen, die niemals seinen Blick erwiderten, sondern sich auf einen Punkt weit hinter ihm zu fokussieren schienen. Dann verstand er plötzlich. In Wirklichkeit hatte er nicht »Strangers in the night« gehört, sondern »Tausend und eine Nacht«, Lasse Lönndahls schmalztriefende schwedische Version desselben Liedes. Einer von Lailas Favoriten.
    So geht es also zu.
    Dass es vollkommen unwahrscheinlich war, dass ein Säugling sich eine Melodie merken und wiedergeben konnte, war ein Gedanke, der Lennart gar nicht erst kam. Das Mädchen hatte bereits so viele musikalische Grenzen überwunden, dass es bereits ganz normal für ihn war, aber …
    So geht es also zu.
    Dreck besitzt die erstaunliche Eigenschaft, sich überallhin zu verbreiten. Es spielt keine Rolle, wie sorgfältig man alles schützt und verpackt. Der Dreck sickert durch alle Spalten, durch die Risse, die man vergessen hat abzudichten. Und dann übernimmt er das Kommando.
    Lennart legte das Mädchen auf den Webteppich, wo sie ungeschickt nach den farbigen Bauklötzen schlug, die Laila

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