Wolfskrieger: Roman (German Edition)
den dürften sie sich keine Sorgen machen«, wandte Vali ein.
»Na gut. Aber was werden wir tun?«
»Wir werden das einsetzen, was wir haben.«
»Zwei gute Schwerter, eine Brünne und eine Schleuder, und unser Freund hier steuert ein paar gute Zähne bei«, fasste Bragi zusammen.
»Du vergisst die Kleider und das hier.« Vali hob einen kurzen schwarzen Stift, den er aus Signiutis Börse genommen hatte. »Das ist so ziemlich die beste Augenfarbe, die ich je gesehen habe.«
»Was nützt uns das?«
»Nun, wenn wir schon wie Rygir-Jarle aussehen, dann sollten wir uns auch so verhalten. Ich werde eine Entschädigung für den Überfall verlangen.« Er hielt Bragi den Stift hin. »Könntest du mich anmalen, als wollte ich mich den höfischen Eitelkeiten hingeben, statt den Ort einfach niederzubrennen? Aber sei vorsichtig. Ich traue deiner Hand nicht einmal, wenn wir an Land sind, und auf See fürchte ich um meine Augen. Wenn wir dort sind, musst du mich wie einen Prinzen behandeln – also mehr Verbeugungen und Kratzfüße.«
Bragi zuckte nur mit den Achseln und nahm den Stift.
Während Bragi die schwarze Farbe auftrug, wandte Vali sich an Feileg. »Du sagst ihnen einfach, du seist unser Priester. Eigentlich wollte ich dich verkaufen, aber ich glaube, die Brünne müsste wertvoll genug sein, um ihr die Freiheit zu schenken – falls sie überhaupt dort ist.«
»Wenn das Mädchen da ist, nehme ich sie mit«, sagte der Wolfsmann.
»Es ist einfacher, wenn man bezahlt«, erwiderte Vali. »Wenn es stimmt, was ich gehört habe, dann ist Haithabu ein großer Ort mit zweitausend Einwohnern. Nicht einmal du kannst gegen so viele kämpfen, Wolfsmann, auch wenn ich es eines Tages tun werde. Wir werden zurückkehren und für das, was sie getan haben, ihr Land von einer Küste bis zur anderen verbrennen.«
Feileg starrte ihn verständnislos an.
Vali war bewusst, wie seltsam es wirkte, wenn ein Botschafter mit einem Fischerboot eintraf, doch dagegen konnte er nichts tun, also machte er sich auch keine Sorgen darüber.
Die Winde waren ihnen nicht gewogen, und sie mussten wieder rudern, was Vali jedoch gar nicht so schlimm fand. Es tat gut, am Ruder zu ziehen, das Boot voranzutreiben und das Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen.
Wie sich herausstellte, machte der Umschlagplatz keine Probleme. Er bestand nur aus zwei Häusern und einigen Fässern, neben denen ein paar Leute saßen. Zwei Männer am Ufer winkten sogar, als das Boot vorbeikam, und Vali erwiderte den Gruß.
»Das ging glatt«, meinte Vali.
»Bis jetzt«, sagte Bragi.
Der Wolfsmann sah sich um. Wie Vali hatte er noch nie einen solchen Ort gesehen. Auf kleinen Feldern schimmerte goldener Hafer, sobald die Wolken aufbrachen und die Sonne durchkam. Sie fuhren durch eine langgestreckte Bucht, die viel ruhiger war als das offene Meer. Zum ersten Mal, seit sie aufgebrochen waren, bekamen Feilegs Wangen ein wenig Farbe.
An den Ufern des Flusses gab es überall kleine Lager. Kinder liefen am Strand entlang und wollten sie auf sich aufmerksam machen. Sie riefen etwas, und hin und wieder verstand Vali ein Wort: »Eintopf«. Hätte es noch irgendeinen Zweifel gegeben, was sie meinten, so wäre dieser endgültig von den Müttern zerstreut worden, die an den Feuern standen, mit Steinguttöpfen klapperten und so taten, als würden sie essen.
»Welche Gastfreundschaft!«, sagte Vali.
»Nicht ganz«, erwiderte Bragi.
»Sie bieten uns doch Essen an.«
»Ja, und sie geben es erst heraus, wenn wir mit barer Münze dafür bezahlt haben.«
Vali lachte. »Sie müssen arme Menschen sein, dass sie von einem Reisenden Bezahlung für das Essen verlangen.«
»Nun, dann wirst du feststellen, dass Haithabu voll armer Menschen ist«, meinte Bragi. »Allerdings sieht man es ihnen nicht an, weil sie Kleider aus Seide tragen.«
Danach konzentrierte Vali sich auf sein Ruder. Er hätte es entwürdigend gefunden, Geld von seinen Gästen zu verlangen, ganz egal, wie viele es waren. Umgekehrt war es natürlich auch beschämend, wenn jemand die Gastfreundschaft ausgiebig in Anspruch nahm und sich verabschiedete, ohne ein Geschenk zurückzulassen. Bis zu diesem Moment war ihm aber noch nie in den Sinn gekommen, man könne eine Bezahlung fordern. Es bestärkte ihn in der Ansicht, dass die Dänen keine Ehre besaßen. Und jetzt wollte er eine ihrer größten Ansiedlungen betreten.
Es dauerte zwei Stunden, bis sie Haithabu sahen. Sie folgten einer Krümmung des Meeresarms, und auf einmal lag
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