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Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Titel: Wolfskrieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. D. Lachlan
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er auch wie einer behandelt werden.
    Dennoch war Vali über das, was er glaubte, tun zu müssen, nicht begeistert. Es war, sagte er sich, einfach der beste Weg. Würde er Bragi einbeziehen? Ja, natürlich. So klug es auch wäre, allein zu fliehen, er konnte keinen Landsmann töten oder im Stich lassen, damit andere ihn töteten. Er war aufgebrochen, um Adisla zu suchen, doch das Gleiche hätte er auch für Bragi getan. Der alte Mann mochte ein Langweiler sein, aber er war ein Langweiler aus seinem eigenen Volk, und diese schlichte Tatsache räumte jeden Zweifel aus dem Weg.
    Vali schlief langsam ein, die vertrauten Gerüche des Langhauses führten ihn in die Kindheit an Disas Herd zurück. Er erinnerte sich an Adisla und ihre Wärme direkt neben ihm, als sie an langen Winterabenden beisammengesessen und alte Geschichten über die Zwerge gehört hatten, die den Göttern ihre Schätze geschenkt hatten, oder über die unendliche Schlacht im Nachleben zwischen denen, die im Krieg gefallen waren. Es gab noch andere, viel bessere Geschichten – Schwänke aus dem Leben der Bauern, oder wie Disa ihren Mann überlistet hatte, damit er sich unversehens den Arsch mit Nesseln abwischte, nachdem er sie geschlagen hatte, die lustigen Dinge, die sie einander als Kinder erzählt hatten, oder die Geschichten über das Leiden der Rygir, und wie sie gekämpft hatten und geflohen waren, bevor Heiraten und der Handel ihrem Land den Frieden gebracht hatten – jedenfalls hatten sie dies geglaubt. Wenn es nötig sein sollte, würde er tausend Wolfsmänner töten, ihnen das Fell abziehen und sie auf einen Pfahl hängen, damit die Raben ihnen die Augen auspicken konnten, um Adisla zu finden.
    Er musste nur auf die Dunkelheit warten.

32
     

Der Weg des Weins
    D er Zankwettstreit war in vollem Gange, und der Skalde schlug sich wacker. Ein riesiger Jarl hatte gerufen, Styrman sei dürr, erbärmlich und viel zu faul, um sich das Essen mit ehrlicher Arbeit zu verdienen – oder Vali glaubte jedenfalls, dass er dies gesagt hatte. Im dänischen Dialekt wurden einige Wörter anders ausgesprochen, und im Lärm der Halle bekam er sowieso nur jedes zweite Wort mit. Der Skalde antwortete: »Hier ist das Essen leider knapp, obwohl Feld und Vieh prächtig gedeihen. Der gute Fastarr frisst den Weizen nämlich schneller, als er wachsen kann, und verschlingt die Kühe, wie sie geschlachtet werden. Der geschätzte Herr soll sich nur fest in den Mantel hüllen, wenn er am Schweinestall vorbeigeht, damit man ihn nicht mit einer bald werfenden Sau verwechselt.«
    Die Menge grölte und schlug mit Bechern und Messern auf den Tisch. Vali dagegen fand diesen Wettkampf überhaupt nicht komisch. Unvermittelt sah er zu Bragi hinüber. Er hatte dem alten Mann eingeschärft, sich ja nicht zu betrinken, doch anscheinend hatte Bragi das als »Betrink dich nicht zu sehr« interpretiert. Er wieherte hinter seinem Bart und rief: »Jetzt hat er es dir gezeigt, Fastarr! Das hast du verdient!«
    Vali schüttelte den Kopf und dachte weiter über sein nächtliches Vorhaben nach. Der Wolfsmann saß, wie er es immer in der Abenddämmerung tat, irgendwo draußen am Wall und starrte ins Leere. Feileg konnte den Lärm in der Halle nicht ertragen und verlegte sich in Gesellschaft anderer Menschen oft darauf, beharrlich zu schweigen und eine Haltung zu zeigen, die irgendwo zwischen Feindseligkeit und Angst lag. Es war, wie Vali wusste, die Angst vor dem Unbekannten. Vali betrachtete die dänischen Adligen, die riesige Halle, die kostbare Kleidung der Jarle und ihr fremdartiges Benehmen, und hörte sich an, wie sie redeten. Er fühlte sich bei den einfachen Leuten wohler. Unterschied er sich darin wirklich so sehr von Feileg? Allerdings, denn er würde die nächste Morgendämmerung erleben, Feileg aber nicht.
    Vali dachte an die Schiffe auf dem Wasser, die Symbole der Freiheit, die er suchte. Selbst ein Ruderboot oder Veles’ kleiner Kahn, mit dem er Waren auslieferte, würde schon ausreichen.
    Er war bereit. Alles hatte sich gerade so entwickelt, wie er es vorhergesehen hatte. Der Besuch des Skalden war ein derart herausragendes Ereignis, dass die Langhäuser völlig verlassen waren. Nur am Hafeneingang bewachte ein einsamer Posten die Kette, und ein zweiter befand sich am Tor. Es würde leichter werden, als Vali angenommen hatte.
    Unbemerkt huschte er hinaus. Es war schon spät, und die Dänen hatten bereits vier oder fünf von Veles’ großen Fässern ausgetrunken oder auf andere

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