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Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Titel: Wolfskrieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. D. Lachlan
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er sei ein ernsthafter Mann, der keinen Wert darauf legte, sich zu betrinken. Aber manchmal musste er seinem Volk wohl zeigen, dass er einer von ihnen war.
    Vali hörte, wie die Ruder gehoben wurden. Die Kette klirrte, das Boot setzte sich in Bewegung und glitt unter dem Jubel der Menge in den Hauptkanal hinaus.
    Jetzt bereute Vali, dass er den Wolfsmann nicht getötet hatte. Es hätte seine Aussichten auf eine erfolgreiche Flucht erheblich verbessert, wenn Hemming ihn für tot gehalten hätte. Nun konnte er nur hoffen, dass Veles’ Plan besser war als sein eigener.
    Es war eine lange, unbequeme Reise auf dem Boot. Er lauschte dem Rhythmus der Ruder, um sich von den verkrampften Beinen abzulenken. Dann hielten sie an, und der Junge flüsterte, Vali solle still sein. Andere Männer stiegen ein, und das Boot fuhr weiter. Vali nahm an, dass die Ruderer gewechselt hatten.
    Inzwischen hatte er starke Schmerzen, wagte aber nicht, die Beine zu bewegen. Er hätte gern geschlafen, doch das war nicht möglich. Irgendwann waren die Beine taub, und er spürte die Schmerzen nicht mehr. Er roch das offene Meer und sah durch das Tuch, das sie über das Fass gelegt hatten, einen Lichtschimmer. Das Boot bewegte sich nicht mehr. Er musste aus dem Fass heraus, dachte er, denn sonst würde er sich nie mehr bewegen können. Als er sich rührte, schob ihn eine Hand wieder hinunter.
    »Nicht mehr lange«, flüsterte jemand.
    »Veles?«
    »Stets zu Diensten, Herr.«
    Trotz seiner Schmerzen dankte Vali dem Gott Loki, dass Veles auf seiner Seite stand. Der Abodrit war der klügste Mann, den er je gesehen hatte.
    Wieder wurde sein Fass angehoben, und abermals wurde Vali fast übel. Dann stellten sie es ab – offenbar auf einem anderen Schiff, wenn Vali die Bewegungen richtig deutete. Die Fässer wurden verzurrt. Anscheinend befanden sie sich jetzt auf einem seegängigen Schiff, das für eine Überfahrt vorbereitet wurde. Noch einmal flüsterte Veles ihm etwas zu.
    »Sobald wir weit genug vom Ufer entfernt sind, kannst du herauskommen. Tut mir leid, dass du so beengt reisen musst, aber ich habe die Fässer eigens für diesen Zweck anfertigen lassen. Im Vergleich zu normalen Behältern sind sie geräumig. Bald bist du frei und kannst aufstehen.«
    »Danke, Veles. Du setzt dich meinetwegen großen Gefahren aus.«
    »Die Dankbarkeit erfreut mich besonders dann, wenn Prinzen ihr Gold sprechen lassen«, erklärte Veles.
    »Was wirst du tun, wenn Hemming herausfindet, was du getan hast?«
    »Ich bin der wertvollste Diener des Königs, also wird er mich wohl kaum verdächtigen«, sagte Veles. »Dir allein wird man die Vorwürfe machen. Und jetzt sei ruhig. Wir sind noch nicht weit vom Land entfernt, und es sind Männer in der Nähe.«
    Vali hörte ein Seil knarren. Der Wind blähte das Segel, niemand sprach. Eine halbe Ewigkeit musste er warten, bis er die Beine überhaupt nicht mehr spürte. Nur die Knie taten noch weh, die er sich am groben Holz wundgerieben hatte. Endlich klopfte es.
    »Heraus«, sagte jemand und zog das Tuch weg.
    Zuerst konnte Vali sich nicht rühren, doch dann kam er mühsam hoch und bückte sich, um sich die blutleeren Beine zu massieren. Schließlich kletterte er, von der Sonne geblendet, aus dem Fass.
    »Veles«, sagte er, »auch wenn ich vielleicht niemals mehr aufrecht gehen kann, stehe ich ewig in deiner Schuld. Ich …«
    Jemand versetzte ihm einen brutalen Faustschlag in den Bauch. Er krümmte sich, übergab sich und stürzte auf die Seite. Blind tastete er nach einem Halt und prallte mit dem Kopf gegen ein Spant. Endlich stellten sich seine Augen auf das Sonnenlicht ein. Er hörte eine vertraute Stimme.
    »Der Händler hat euch verkauft.«
    Er blinzelte und rieb sich die Augen, hustete und hob den Kopf. Nach und nach setzte sich aus den Einzelheiten die Gestalt des Kriegers zusammen – die lange, tiefe Narbe von der Stirn bis zur Lippe, der mächtige Körper, viel stärker als jeder Mann, den er je gesehen hatte, die Tätowierungen, die ihn über und über bedeckten und Schlachten und Zerstörung darstellten, das weiße Bärenfell, das er sich um die Schultern gelegt hatte.
    »Erinnerst du dich, Prinz?«, fragte Bodvar Bjarki. »Du sagtest doch, dass du mich nicht vergessen würdest.«

33
     

Eine Erklärung
    D ie Reise nach Norden erlebte Adisla wie im Traum. Wenn sie sich zum Horizont senkte, gab die Mitternachtssonne dem Meer die Farbe von kochendem Blut, und wenn sie wieder aufging, schleuderte sie

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