Wolfskrieger: Roman (German Edition)
sollen. Taugst du etwas als Kapitän auf einem Schiff? Kannst du ein Schwert schwingen?«
»Überdiese Fähigkeiten verfüge ich nicht«, erwiderte Adisla.
»Dann bist du nicht schlimmer als er. Er wurde auf einen Raubzug zu den Inseln am Rand der Welt geschickt und ist ganz woanders gelandet. Dazu gehört wirklich eine besondere Sorte Dummheit. Ich sage ihm, fahr nach Westen, und er bewegt sich nach Norden, macht das Schiff kaputt und lässt sich durch die halbe Welt so weit nach Osten verschleppen, wie es nur möglich ist.«
»Wurde er gefangen?«
»Ja, und zwar von Schwächlingen, die an einer schnöden Erkältung zugrunde gehen könnten. Das Walvolk hat ihn geschnappt, kannst du dir das vorstellen? Die haben kaum mehr als ein geschärftes Rentiergeweih und haben ihn trotzdem als Geisel genommen. Auf dem Weg nach Norden hat er Schiffbruch erlitten. Er fuhr zu weit hinauf und geriet in eine ungünstige Strömung. Anscheinend gab es nur zwei Überlebende, und einer von ihnen – der größte Berserker, den ich je gesehen habe – taucht an meinem Hof auf und bringt mir das Schwert meines Sohnes und den Wal-Magier. Ich frage diesen Berserker, er heißt Bodvar Bjarki, wie es kommt, dass ein Jünger Odins und des weißen Bären von einem Haufen Eiszapfenzüchtern gefangen wird, und er murmelt irgendetwas über Hexerei. Angeblich hätte mein Junge ein Gerücht über das Gold von Hexern gehört und wollte dem nachgehen, was für sich genommen schon sehr unglaubwürdig klingt.«
»Suchst du ihn selbst? Hast du keine Kämpfer, die das für dich tun können?«, fragte Adisla.
Haarik lachte. »Ich bin ein altmodischer König, keiner dieser neuen Leute, die sich mit den Priestern, den Schriften und den neuen Göttern wohler fühlen als mit dem Schwert. Es ist mein Problem, also kümmere ich mich selbst um die Lösung. Außerdem habe ich Angst, was der Junge sagen könnte, wenn jemand anders ihn rettet. Er könnte auch noch den letzten Rest seiner Ehre verspielen.«
»Ist er wirklich so ein großer Dummkopf?« »Ich wäre nicht hier, wenn er es nicht wäre. Das Gold von Hexern! Wenn ich für jedes Gerücht über das Hexergold ein Silberstück bekäme, dann brauchte ich das Gold gar nicht mehr. Diese Leute besitzen nicht einmal Kämme für ihr Haar, ganz zu schweigen von Gold. Selbst wenn es wahr ist, er hätte doch die Warnung im Namen hören müssen. Hexergold. Nicht das Gold kleiner Kinder oder eines Bauern, sondern das Gold eines Hexers. Es würde mich nicht wundern, wenn sie als Dank für seine Frechheit einen Wind gemacht und ihn gegen die Felsen geblasen hätten. Jedenfalls erzählte mir der Berserker, sie hätten meinen Jungen durch die halbe Welt geschleppt, und nun wollen diese Weichlinge eine Gegenleistung.«
»Was denn?«
»Dich. Wäre es nicht so eine Schande, dann würde ich ihn zehn Winter lang da oben lassen, wo er sich die Eier abfrieren kann.«
»Woher kennen die mich überhaupt?«
Haarik nickte zu dem Walmann hinüber, der sich niedergelegt hatte und sie nun schläfrig ansah. »Frag den da, vielleicht sagt er es dir. Mir hat er nichts verraten. Dies ist die Abmachung: Ich bringe ihn nach Rogaland, er findet dich, ich fahre mit dir hier herauf und bekomme meinen idiotischen Sohn zurück. Alle sind glücklich.«
Er bemerkte ihre Miene. »Na ja, fast alle.«
Der Walmann hatte die Augen geschlossen und schnarchte.
Haarik betrachtete ihn verächtlich. »Diese Leute sind Idioten. Sie entrichten Tribut an drei Königreiche, durch welche sie den Rentieren folgen. Kein Wunder, dass sie bettelarm sind. Aber ändern sie etwas daran? Gehen sie auf Raubzüge oder kämpfen sie, um zu behalten, was sie besitzen? Nein. Ich kann dir eines sagen: Jeder Finne oder Schwede, der an meine Tür klopft und Tribut verlangt, würde nicht mal einen Kamm aus Walknochen für seine Mühen bekommen.«
»Aber dann sucht ein Walmann deinen Hof auf, und du setzt in einem Krieg gegen die Rygir das Leben deiner Männer aufs Spiel, du lässt den Hof in der Hand von Vasallen zurück und segelst ans Ende der Welt, nur weil dich der Walmann darum bittet.«
»Es geht nun mal um meinen Sohn, da kann man nichts machen«, erwiderte Haarik.
Adisla blickte zum Land, das hier etwas ebener war – ein abweisender Strand voller Felsen hinter dem grauen Meer, und darüber ein grüner Streifen.
»Wie auch immer«, fuhr Haarik fort. »Wenn wir meinen Jungen zurückgeholt haben, werden wir unsere Klingen schön befeuchten und uns ein paar Tage
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