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Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Titel: Wolfskrieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. D. Lachlan
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kleines Kind. Authun drehte sich zu Saitada um. Diese drückte ihre Söhne an sich.
    Die Frau löste sich taumelnd von der Wand, legte das Kind auf den Boden und nahm ihm die Windeln ab, bis es ungeschützt den Elementen ausgesetzt war. Dann lief sie in die Nacht davon.
    Authun blieb, wo er war. Die Hexen kannten alle möglichen Tricks, und so leicht ließ er sich nicht hereinlegen.
    Er sah zu, wie das Kind starb. Nach einer Weile bewegte es sich nicht mehr und verblasste. Also war es Magie gewesen. Authun legte die Hand auf den Schwertgriff.
    Schließlich hörte der Regen auf, und plötzlich war es ein schöner Sommerabend. Erneut trat die Frau auf, die das Kind zurückgelassen hatte, dieses Mal aber trug sie die Festtagskleidung eines Bauernmädchens, als wollte sie zum Tanz ausgehen. Ein Mann, ebenfalls in seinen besten Sachen, kam zu ihr, küsste ihr die Hand und schärfte ihr offenbar ein, sie solle ja nicht zu spät kommen. Authun kannte die Geschichte. Es war ein Märchen über eine unverheiratete Frau, die ihr Kind lieber sterben ließ, als sich die Mühe zu machen, es aufzuziehen. Wie endete die Geschichte? Er hatte es vergessen.
    Die Frau setzte sich lächelnd auf einen Schemel, der aus dem Nichts erschienen war, und kämmte sich das Haar. Als sie fertig war, stand sie auf. Authun erinnerte sich, dass sie in dem Märchen zuerst nach den Schweinen gesehen hatte, bevor sie zum Tanz ausgegangen war. Hier blickte sie in einen Trog und nahm etwas Kaltes und Blaues heraus. Es war ein Kind. Authun sah sofort, dass es tot war. Die Frau hielt das tote Kind hoch und betrachtete es, und auf einmal bewegte es sich und strampelte, als wollte es tanzen. Dann hörte er wieder den Reim, als entstünden die Worte mitten in seinem Kopf:
    Mutter im Koben,
Mutter im Koben,
Hübsch aufgeputzt, dass die Männer dich loben
Tanzen gehst du, hast meine Windeln angezogen.
    Während ihm der Reim durch den Kopf ging, sah er Varrins Gesicht vor sich, das aufgedunsene, bleiche Gesicht seines ertrunkenen Gefährten. Was hatte er nur getan, was hatte er getan? Wieder fiel der Regen, schnurgerade und schwer am windstillen Abend.
    Auf einmal war es Nacht, stockfinstere Nacht, und die junge Frau, das bleiche Gesicht im Wahn verzerrt, presste das tote Kind an sich und stand unversehens neben Authun. Sogar der König schrie auf, vergaß aber nicht, den verletzten Räuber zur Hexe zu stoßen. Es war, als würde der Leib des Mannes von der Nacht verschlungen.
    Dem König war klar, dass er es nicht mit der Hexenkönigin zu tun hatte. Sie hätte ihn erkannt. Es war eine Hexe, die das Gebiet überwachte und nach Plünderern Ausschau hielt, oder noch schlimmer, eine der wahrhaft schrecklichen Schwestern, die voller Magie steckten. Eine Halb-Dämonin, die mit Trugbildern spielte und mühelos die Besucher töten konnte, ohne überhaupt zu erkennen, wer gekommen war.
    »Gullveig, Gullveig!«, rief Authun aus Leibeskräften. »Herrin, hilf uns!«
    Er hatte das Mondschwert gezogen und wartete auf das, was nun kommen mochte. Das Licht war unstet, in einem Moment war es finster, im nächsten schien eine bleiche, regennasse Morgendämmerung anzubrechen. Er wollte Saitada packen und zur Hexe schieben, doch sie war nicht mehr da.
    »Authun der Wolf«, sagte eine Kinderstimme in seinem Kopf. »Mächtigster Krieger von Midgard, gibt es wirklich niemanden, der dich mit Waffen schlagen kann?«
    »Gullveig, Gullveig!«, schrie Authun, damit die Hexenkönigin ihn endlich hörte. Er durfte nicht direkt antworten, so viel war ihm klar. Er durfte die Täuschung nicht als Wahrheit nehmen, durfte nicht in sie hineinstürzen und sich von ihr verzehren lassen.
    Einen kenne ich, der dich bezwingt,
Einen gibt es, der dich niederringt.
Wenn dein Schwert am hellsten klingt,
Es dir, dem Königswolf, die Freiheit bringt.
    Kein Sterblicher hatte ihn je herausgefordert und den Kampf überlebt. Er tat, was er zu vermeiden sich vorgenommen hatte, und antwortete der Stimme: »Dann lass mich deinen Meisterkrieger sehen!«
    Hinter dem Regenvorhang schimmerte etwas, und eine Männergestalt erschien. Es kam Authun so vor, als hätte ihn die Hexe unterschätzt. Sein Gegner war ein beinahe vierzig Jahre alter Mann mit langem weißem Haar und struppigem Bart. Er wirkte abgehärmt und geschwächt durch die Jahre, hatte aber etwas in der Hand, von dem ein kalter Glanz ausging. Es war ein schlankes, böse gekrümmtes Schwert, das sogar im trüben Regen hell schimmerte. Es war das

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