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Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Titel: Wolfskrieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. D. Lachlan
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Ebenbild seines eigenen, und nun erkannte er auch den Gegner. Die Waffe war das Mondschwert, und der Gegner war er selbst.
    Als er dies erkannte, geschah etwas Eigenartiges: Er sah sich selbst mit dem Rücken zum Fels stehen, und er sah sich, wie er sich dem Fels näherte. Anscheinend verkörperte er beide Krieger im selben Augenblick und blickte durch die Augen beider Männer. Hier eine weiße Gestalt mit einer Frau und zwei Kindern im Rücken, dort dieselbe weiße Gestalt, die sich vom Felsen her näherte. Hinter ihm schrien die Knaben. Authun wusste nicht, welcher Krieger er war, und verkörperte in gewisser Weise doch beide zugleich.
    Nachdenklichere Männer hätten sich vielleicht überlegt, was nun am besten zu tun sei, doch Authun, beide Authuns, waren dazu erzogen, rasch zu handeln. Die Könige gingen aufeinander los und kämpften. Es war ein aussichtsloses Unterfangen, denn sie konnten gegenseitig ihre Bewegungen erahnen, die Hiebe vorhersehen und sich ducken oder zur Seite ausweichen, so dass die Schwertklingen nur durch die leere Luft pfiffen. Da sie einander völlig ebenbürtig waren, hätten sie ewig so kämpfen können. Doch es ist nicht immer alles gleich. Wir schreiten anders voran, wenn wir einen Hügel hinab oder bergauf gehen. Authun wusste instinktiv, dass sein Gegner drei Finten versuchen und dann nach den Beinen schlagen mochte, doch er konnte nicht ahnen, um wie viel ein Bein des Gegners auf dem unebenen Boden höher als das andere stand, und wo das Körpergewicht ruhte – eher auf diesem Fuß, eher auf jenem oder gleichmäßig verteilt. Er konnte nicht erkennen, wann der Regen dem Gegner das Auge trüben würde, oder wann er wieder klar sehen konnte. Wenn man einen Mann bekämpft, der eine Felswand im Rücken hat, wo man hinter ihm nur Schwärze sieht, verhält man sich anders als gegenüber einem Mann vor einem unruhigen Hintergrund aus Bäumen. Wir sind, wenn wir nach Norden blicken, nicht derselbe wie beim Blick nach Süden. Menschen sind unbeständig und willkürlich. So schlug der König sich selbst und traf seine Seite.
    Authun freute sich darüber, dass er als Erster getroffen hatte, war zugleich aber über seine Verletzung beunruhigt. Denn auch der König, der geschlagen hatte, spürte etwas in seiner Seite. Bei ihm war genau die Wunde entstanden, die er dem anderen zugefügt hatte. Er konnte nicht innehalten, nicht aufhören, nicht nachlassen, er war ganz und gar unfähig, auch nur einen entsprechenden Gedanken zu fassen. So schlug er noch einmal und ein weiteres Mal zu, und beide Könige wurden am Unterarm verletzt. Dann am Ohr und an der Hand. Es war nicht mehr klar, wer zuschlug und wer verletzt wurde, doch Authun kämpfte weiter, weil das für einen, der im Glauben aufgewachsen war, das Schwert sei die Antwort auf alle Fragen, die einzige Möglichkeit war.
    Eines erkannte Saitada bei alledem sofort: Wenn der Kampf weiterging, würde sie den Beschützer ihrer Kinder verlieren.
    Sie hielt die Jungen fest – auf keinen Fall durften sie allein zurückbleiben – und sprang in den Regen hinaus, um sich zwischen die Krieger zu stellen.
    »Nein!«, rief sie. »Genug!« Doch ihre Worte, ohnehin unverständlich für die Könige, gingen im Regen unter, und auf einmal war ihr, als hätte sie eine riesige Hand vom Boden gehoben. Sie schoss in die feuchte Luft empor, die Klippe hinauf, immer höher und höher. Eine seltsame Kinderstimme sprach zu ihr.
    »Stirb«, sagte sie.
    Sie stürzte und presste die Kinder an sich. Dann wurde es hell und still, und die Stimme ließ sich wieder vernehmen.
    »Verzeih mir, Loki«, flehte die Hexe.
    »Schwester, wir machen alle Fehler. Vergiss den Irrtum, vergiss auch mich«, sagte Saitada, aber es war nicht ihre eigene Stimme, sondern die des fremden Reisenden, des Vaters der Knaben. Dann war sie wieder unter der Klippe auf dem Boden, und Authun stand blutüberströmt und keuchend vor ihr. Es dämmerte, die Sonne wärmte schon ihr Gesicht.
    »Sie haben uns einen Jungen als Führer geschickt«, erklärte der König. »Kümmere dich um die Kinder, dann brechen wir auf.« Seltsamerweise verstand sie ihn, obwohl er immer noch seine eigene Sprache benutzte.
    Ein bleicher, etwa achtjähriger Junge wartete auf sie. Er trug unzählige schützende Talismane, Armreifen, Amulette und Ringe.
    »Folgt mir«, sagte er.
    So brachen sie auf und begannen den beschwerlichen Aufstieg durch die Trollwand zum Reich der Hexen.

Der Verlust der Söhne
    D ie Klippe war

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