Wolfskrieger: Roman (German Edition)
worden.
Jetzt entbrannte der Kampf erst richtig. Der Wolf ging mit Zähnen und Klauen den König an, der sich abwandte und sich duckte, auswich und sprang, und wenn alles nichts half, die Attacken mit dem Schild abblockte.
Trotz seiner Schmerzen musste Feileg den alten Krieger bewundern. Sogar unbewaffnet und gegen einen solchen Feind konnte er sich behaupten. Die ganze Zeit, während er sich den Angriffen des Ungeheuers entzog, sich abrollte und sich wand, näherte er sich seinem Schwert. Feileg fragte sich, warum die Begleiterin dem Krieger nicht half. Die Frau saß im Kerzenschein so ruhig da, als lauschte sie am Lagerfeuer einer Geschichte.
Der König hatte das Schwert fast erreicht. Er war unverletzt, allerdings hatte das Tier Löcher in die Brünne gerissen und den Schild zerstückelt. Die Kämpfer näherten sich Feileg, nun bückte sich der alte Krieger und tastete nach dem Heft. Feileg streckte die Hand nach dem Mondschwert aus, hob es auf und zog sich damit in den Schatten zurück.
Authun zögerte nicht, sondern wechselte einfach die Richtung, wich mit jeder Drehung etwas zurück und wollte zum Goldschatz und zu den Waffen, die dort lagen.
Feileg richtete sich mühsam auf und humpelte zum nächsten Tunnel. Er stützte sich an der Felswand ab und entfernte sich in der Dunkelheit, bis er den Kampflärm kaum noch hören konnte. Tastend bewegte er sich abwärts. Die Gänge schienen endlos, doch er durfte nicht ausruhen. Er trieb sich an, nur fort von dem alten Krieger und den Zähnen des Wolfs. Nach einer Weile hatte er das Gefühl, er befände sich in einer größeren Höhle.
Dann hörte er etwas, ein Wimmern. Es war noch ein Stück entfernt, und er glaubte beinahe, es sei Adisla. Mit einer Hand an der Wand der Höhle hinkte er weiter und presste die andere Hand auf die Wunde. Das Mondschwert hatte er sich unter den Arm geklemmt. Schließlich stieß er auf einen neuen Gang, der glücklicherweise sehr schmal war, kaum breiter als ein Mann. Hierher konnte ihm das Untier nicht folgen. Von unten drang abermals der Klagelaut herauf.
»Hilfe!« Sein Magen verkrampfte sich. Es war tatsächlich Adisla.
Er schleppte sich weiter, auf dem unebenen Boden fiel ihm das Gehen ungeheuer schwer.
»Hilfe!« Die Stimme war jetzt lauter. Ja, kein Zweifel, sie war es.
Hinter einer Biegung des Tunnels brannte Licht.
54
Fährtenlesen
E r war hungrig. Der Drang zu essen erfüllte sein Bewusstsein, als das Licht wie die Sonne hinter einer Regenwolke am Rand der großen Steinplatte erschien, die ihn einsperrte. Die Vorsicht des wilden Tiers hatte er jedoch keineswegs verloren. Aus der Dunkelheit beobachtete er, wer ihn da befreit hatte. Wölfe stürmen nicht los, solange sie nicht wissen, was sie erwartet, und der verwandelte Vali, der nicht um seine Unverwundbarkeit wusste, wollte die Gegner einschätzen, bevor er zuschlug.
Dann aber kamen sie in die Grube hinab, und die anderen Gefühle gewannen die Oberhand. Wenn ein Tier lange genug irgendwo bleibt, betrachtet es den betreffenden Ort als seinen Bau. Er fühlte sich bedroht.
Er hörte Worte, die er nicht verstand. »Lasst mich zuerst gehen. Der Schatz könnte empfindlich sein, und ich vermag vielleicht am besten zu beurteilen, wie man ihn bergen kann.«
»Wir nehmen sowieso alles mit, Händler. Bringe mich ja nicht in Versuchung, deine Leiche als Bezahlung zurückzulassen.«
Als er Bodvar Bjarki den Kopf abbiss, dachte der Wolf nicht an Rache, sondern nur an seinen Hunger.
Hunger lag auch in seinem Blick, als er Veles beobachtete, der vergeblich versuchte, am Seil aus der Grube zu klettern. Er näherte sich ihm, zerfetzte ihm mit einem einzigen Zuschnappen den ganzen Rücken, schluckte einen Brocken Fleisch, drückte den Händler mit einer Pranke zu Boden und riss dessen Bauch auf, um die süßen Eingeweide zu fressen, während der sterbende Händler kreischte.
Vali hätte sich vielleicht darüber gefreut, Veles für das büßen zu lassen, was er ihm angetan hatte, oder er hätte gedacht, diese Strafe sei zu schwer für das Verbrechen, doch im Wolf steckte nicht mehr viel von dem, was wie Vali fühlen konnte. Er war nicht mehr das eine oder das andere, er war wie eine wilde Meute, deren Mitglieder allesamt schreiend um seine Aufmerksamkeit buhlten. Der Hexer, die Walmenschen, die Familie der Rentierjäger, die dänischen Piraten, alle steckten in ihm, oder er war zu ihnen geworden, denn sein Bewusstsein war ein Durcheinander von einverleibten Gedanken und
Weitere Kostenlose Bücher