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Wolfskuesse - Mein Leben unter Woelfen

Wolfskuesse - Mein Leben unter Woelfen

Titel: Wolfskuesse - Mein Leben unter Woelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elli H. Radinger
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nahe kam, schossen urplötzlich aus dem Nichts drei erwachsene Wölfe hervor und stürzten sich auf |132| den überraschten Riesen. Sie umkreisten ihn, schnappten nach seinen Hinterbeinen, während der Bär mit den Pranken nach ihnen schlug wie nach lästigen Fliegen. Wich der eine Wolf aus, biss ihn der andere. Der Grizzly drehte sich wütend brüllend und schlagend im Kreis. Schließlich wurde es ihm zu bunt, und er gab Fersengeld. Selten habe ich einen Bären so schnell rennen sehen – allerdings nur ein kurzes Stück. Dann legten sich die drei Wölfe zu den Welpen, während der Grizzly gemütlich weiterfraß, als ob nichts geschehen war. Faszinierend, die Reaktion der Wölfe. Sie hätten ihr Leben für ihren Nachwuchs gegeben. Aber als die unmittelbare Gefahr gebannt war, entspannten sie sich und spielten wieder mit den Kleinen – stets mit einem wachsamen Seitenblick auf Meister Petz. Dieses ruhige und souveräne Verhalten in einer Gefahrensituation gab den Welpen Sicherheit.
    Ich beobachtete den Grizzly noch eine Weile. Der Arme kam nicht zur Ruhe. Kurze Zeit später ärgerte ihn ein Kojote, der ihn angriff und in den Allerwertesten biss. Auch er hatte Welpen, die er verteidigen musste. Ich sah die Sprechblase vor mir, die ein Cartoon-Zeichner dem Grizzly wohl ins Maul gelegt hätte: »Kann man hier nicht mal in Ruhe fressen?«
    An einem der nächsten Tage gaben uns die Kojoten und zwei Wanderer noch ein unfreiwilliges und sehr unterhaltsames Schauspiel.
    Ein schwarzer Druid-Jährling hielt sich im Rendezvousgebiet auf. Die Eltern waren auf der Jagd, die Geschwister mussten babysitten. Dem jungen Schnösel wurde es offensichtlich langweilig. Er suchte Spielpartner. Erst stöberte er einen Dachs auf, der sich zum Fangspielen animieren ließ. Beide jagten sich ein wenig hin und her, bis das Wölfchen die Lust verlor und nach einer neuen Beschäftigung suchte.
    Der unternehmungslustige Kleine lief durch das Tal, durchschwamm einen Fluss und versuchte, die Straße zu überqueren. Die vielen Autos schreckten ihn jedoch ab. Also wieder zurück und weiter nach Abwechslung gesucht. Dabei näherte er sich einem Hügel, auf dem ein Touristenpärchen saß und |133| picknickte. Sie hatten keine Ahnung von dem Wolf, der auf dem Weg zu ihnen war. Etwa zweihundert Meter unter ihnen liefen zwei Wanderer, die jetzt den Jungwolf entdeckten und versuchten, sich an ihn heranzuschleichen. Der Kleine war neugierig. Er beobachtete die Wanderer, hielt aber Abstand. Offensichtlich war er so sehr damit beschäftigt, auf die merkwürdigen Zweibeiner zu achten, dass er, ohne es zu bemerken, in die Nähe einer Kojotenhöhle geriet. Urplötzlich schossen zwei Kojoten auf ihn zu und trieben den Wolf in vollem Lauf von ihrem Bau fort. Ich konnte noch sehen, wie einer der Kojoten in den Schwanz des Wolfes biss. Dann rasten alle über den Hügel – hinter den Wanderern vorbei – und verschwanden. Das picknickende Pärchen hatte von all dem nichts mitbekommen. Die beiden hatten keine Ahnung, dass etwa zwei Kilometer entfernt mindestens dreißig Ferngläser und Spektive auf sie gerichtet waren.
     
    In meiner letzten Nacht auf dem Pebble Creek Campground gab es noch einmal Bärenalarm. Ich wachte durch laute Schreie auf.
    »Aufstehn! Raus hier! Ein Bär!«
    Der Griff zum Bärenspray und zur Taschenlampe waren eins. Vorsichtig öffnete ich das Zelt. Menschen rannten aufgeregt umher. Einige Zelte lagen zerstört auf dem Boden. Ray und Darlene leuchteten mit großen Scheinwerfern alles aus.
    »Was ist los?«, fragte ich verschlafen.
    »Domy!«, sagte Ray und zwinkerte mir zu.
    Ich wusste Bescheid. Domy, ein alter Bekannter, hatte uns wieder seine Aufwartung gemacht. Der Schwarzbär war wegen seiner Vorliebe für Kuppelzelte (dome tents) berühmt geworden. Er hatte noch nie jemandem etwas getan. Aber er liebte es, sich auf die Zelte zu werfen. Nur auf die Kuppelzelte. Alle anderen ließ er stehen. Warum, war uns schleierhaft. Vielleicht mochte er das »Pffff …«, das ein solches Zelt macht, wenn es kollabiert. Domy scherte sich nicht um die Zeltbewohner. Er schmiss sich drauf, stand auf und zog weiter zum nächsten Zelt.
    |134| »Ein Bär hat sich auf uns geworfen«, erzählten Camper mit bleichen Gesichtern.
    Nachdem Domy alle Kuppelzelte plattgemacht hatte, war er wieder verschwunden. Die Ranger würden am nächsten Tag kommen und versuchen, ihn einzufangen. Dann würden sie ihn in ein entlegenes Gebiet fahren und dort freilassen. In einigen

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