Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss

Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss

Titel: Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
Vom Netzwerk:
geben?“
    „Das, von dem wir wissen, dass es existiert, ohne es beweisen zu können.“
    „Bockmist?“
    „Das Göttliche, Officer.“
    Ich stieß ein derart undamenhaftes Schnauben aus, dass meine Mutter in Ohnmacht gefallen wäre, wenn sie es gehört hätte. William Cadotte lächelte nur. Aus irgendeinem Grund fand er mich amüsant. So wie ein Haustier oder ein Kind, vielleicht auch wie eine Schwachsinnige.
    „Gott ist was für Narren, die keinen Funken Verstand besitzen“, schnappte ich.
    Als Kind hatte ich endlose Stunden damit verbracht, darum zu beten, dass mein Vater zurückkam. Er kam nicht. Ich hatte fast ebenso viel Zeit damit verschwendet, darum zu beten, wie alle anderen zu sein. Ich war es nicht. Deshalb hatte ich das Beten schon vor langen Jahren aufgegeben.
    „Lieber wäre ich ein Narr“, sagte er sanft, „als an überhaupt nichts zu glauben.“
    Ich glaubte an etwa s – an Fakte n – , sah jedoch keinen Grund, ihm das mitzuteilen. Mitten in Okkultismus-Land zu leben hatte mich schon früh gelehrt: Mit jemandem zu diskutieren, der an das Unglaubliche glaubte, war das Glei­che, wie den eigenen Kopf gegen eine Ziegelmauer zu schlagen. Vielleicht würde sich eines Tages ein Ziegel lösen, aber wahrscheinlicher war, dass man vorher tot sein würde. Ich wechselte das Thema.
    „Irgendeine Idee, wem das Totem gehören könnte?“
    Er wandte sich ab, und ich runzelte die Stirn. Bis eben hatte er mir beim Sprechen in die Augen gesehen. Warum diese plötzliche Veränderung? Möglicherweise konnte er mir nicht ins Gesicht lügen.
    „Professor? Sie sagten, dass Sie es vielleicht wüssten.“
    „Ich bin mit ein paar der Wolfclans hier in der Gegend vertraut.“
    „Wie kommt das?“
    „Weil ich selbst einem angehöre.“
    „Ist das eine Art Bruderschaft oder so was?“
    „Nein.“
    Er sah mich wieder an und wirkte nun gar nicht mehr amüsiert. Hatte ich ihn beleidigt? Ich war mir nicht sicher, allerdings verstand ich nur selten, warum sich jemand von mir gekränkt fühlte. Die Königin der gesellschaftlichen Entgleisunge n – wer, ich?
    „Nach der Tradition der Ojibwa gehört jeder einem Clan an. Diese Zugehörigkeit geht vom Vater an die Nachkommen über. Der Legende zufolge sind wir die Nachfahren des Tieres, nach dem unser Clan benannt ist. Das bedeutet, selbst wenn Sie den Lac du Flambeau angehörten und ich ein Grand Portage wäre, was ich tatsächlich bin, wären wir beide vom Wolfsclan und damit blutsverwandt. Wir könnten nicht heiraten.“
    „Was für ein Pech“, sagte ich trocken.
    Um seine Mundwinkel zuckte es. Vielleicht hatte ich ihn doch nicht beleidigt.
    „Mit anderen Worten glauben Ihre Leute, dass Mitglieder des Wolfclans von den Wölfen abstamme n … “
    „Und der Bärenclan von den Bären, der Kranichclan von den Kranichen. Ganz genau.“
    „Interessant.“ Und seltsam.
    „Es ist eine Legende. Nicht viele von uns halten sich heute noch an diese alten, totemistischen Überlieferungen.“
    „Aber Sie schon.“
    Er zuckte mit den Schultern. „Es ist mein Job, selbst wenn ich nicht der Überzeugung wäre, dass wir die alten Bräuche am Leben erhalten sollten.“
    „Wissen Sie, wem dieses Totem gehören könnte?“
    „Vielleicht.“
    Er nahm die winzige schwarze Figur auf und rollte den Stein zwischen den Fingern. Die Vorstellung, wie er diese Finger auf so ziemlich dieselbe Weise bei mir benutzen könnte, ließ mich für einen Moment vergessen, warum ich eigentlich hier war.
    „Das ist kein gewöhnliches Wolfsclan-Totem“, fuhr er fort, und ich beförderte meine Gedanken aus der Welt der Fantasie in die Wirklichkeit zurück. „Ich würde das gern hierbehalten, um es noch etwas eingehender zu studieren. So eins habe ich noch nie gesehen.“
    „Was ist so besonders daran?“
    „Der Wolf is t … eigenartig, und da sind ein paar Markierungen, die mich beunruhigen. Etwas ist nicht ganz richtig.“
    Beunruhigen? Eigenartig? Nicht richtig?
    „Worauf wollen Sie hinaus?“
    „Sagt Ihnen der Begriff Manitu etwas?“
    „Wie bitte?“ Sein schneller Themawechsel überrumpelte mich. „Sie meinen den Geist?“
    „Gewissermaßen. Manitu bedeutet ‚Mysterium‘, ‚gottgleich‘, ‚Essenz‘. Es ist eine allem innewohnende, spirituelle Kraft. Der Legende zufolge hat Kitchi-manitu , das große Mysterium, alles erschaffen.“
    Das große Mysterium . Trotz meiner Skepsis gegenüber allem Okkulten gefiel mir das. Das große Mysterium war eine gute Umschreibung für Gott und

Weitere Kostenlose Bücher