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Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss

Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss

Titel: Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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den unteren Rand. „Unterschreiben Sie hier.“
    Er nahm einen Füller und unterschrieb, bevor er fragte: „Was ist das?“
    Ein Anwalt war er wohl nicht gerade. „Das Totem ist ein Be­weisstück. Sie haben es mit dieser Unterschrift in Ihren Gewahrsam genommen, aber ich brauche es zurück.“
    „In Ordnung.“
    Wieder trat Schweigen ein. Zeit, sich zu verabschieden. Ich wusste nicht genau, wie.
    „Wir bleiben in Verbindung, Jessie.“
    Die Art, wie er meinen Namen sagte, weckte in mir die Erinnerung an den Schimmer seines Körpers im Mondlicht, an das Spiel seiner Muskeln, an das Schwingen seines Ohrrings.
    Wie lange war es her, dass ich zum letzten Mal Sex gehabt hatte? Viel zu lange, dem Fluss meiner Gedanken nach zu urteilen. Definitiv zu lange, wenn ich mich noch nicht mal mehr erinnern konnte. Nicht nur in Bezug auf das Wann oder das Warum , ich erinnerte mich kaum noch an das Mit-Wem.
    Ich musste mir wieder bewusst machen, dass Cadotte nichts weiter war als ein fachmännischer Berater, bevor ich mich noch mehr zum Narren machte, als ich es ohnehin schon getan hatte.
    Ich riss mich zusammen und kramte meine höflichsten Manieren hervor. „Danke für Ihre Zeit, Professor.“
    Er ergriff die Hand, die ich ihm entgegenstreckte. Und wieder übernahm das neugierige Mädchen in mir die Kontrolle über meine Gedanken. Ich wollte wissen, was diese dunklen, langen Finger alles tun konnten; ich wollte diese großen, rauen Handflächen an meiner Haut spüren. Ich wollte all das sehen, was ich letzte Nacht gesehen hatte. Es berühren, es schmecken.
    „Meine Freunde nennen mich Will.“ Er gab meine Hand frei.
    Freunde. Genau. Ich war eine Idiotin.
    „Ich werde das nicht tun“, erwiderte ich, dann trat ich die Flucht an.
    Ja,meineMutterwäreschockiertgewesenübermeineManieren.Diesmalhätteichihrsogarzugestimmt.EsgabkeinenGrund, unhöflich zu sein, wären da nicht mein Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit und dieses winzige Samenkorn der Angst ge­we­sen, das sich hart und kalt unterhalb meines Brustbeins einge­nistet hatte.
    William Cadotte jagte mir eine höllische Angst ein, und das gefiel mir kein bisschen. Also teilte ich aus.
    SchonvorLangemwarinmirdasBedürfniserwacht,zuverlet­zen, bevor ich selbst verletzt werden konnte; abzuweisen, bevor ich abgewiesen werden konnte; zu verlassen, bevor ich verlassen werden konnte. Ich konnte nichts daran ändern, wer ich innerlich war, oder, was das betraf, äußerlich, und plötzlich angepasst, hübsch und stolz darauf sein. Ich brauchte keinen Psychoanalytike r – das erledigte ich selbst schon seit Jahren.
    Ich hatte Freunde gehabt, sie jedoch nie zu nah an mich rangelassen. Ich wartete bei jedem darauf, dass er sich von mir abwenden würde, so wie es alle anderen getan hatten. Ein einziges Mal war ich verliebt gewesen, direkt nach der Highschool. Die Beziehung hatte böse geendet. Vermutlich, weil ich die ganze Zeit darauf gewartet hatte.
    Ich wusste, wer ich war. Ein guter Cop. Ein anständiger Mensch. Aber ein Einzelgänger. Ich fürchtete mich nicht vor vielem, weil ich so wenig zu verlieren hatte. Und genau so wollte ich es haben.
    Das sagte ich mir schon seit Jahren und glaubte es auch. Warum fühlte ich mich also plötzlich mitten am Tag einsam und traurig?
    Ich verließ die Universität und kehrte aufs Revier zurück, in der Hoffnung, dass Dr. Bozeman eine Nachricht oder sogar den Bericht hinterlassen hatte. Ich hätte genauso gut darauf hoffen können, dass die Sonne plötzlich im Westen aufgeht.
    Ich schrieb meinen eigenen Bericht, dann registrierte ich die Beweismittel und brachte sie zusammen mit der von Cadotte unterschriebenen Bestätigung in die Asservatenkammer.
    Da meine Schicht erst in ein paar Stunden begann und ich seit Längerem nichts mehr gegessen hatte, kehrte ich in meine Wohnung zurück, wo ich mir eine kleine Pizza warm machte, Sitcoms guckte und versuchte, für eine Weile nicht an den Fall zu denken.
    Als es Zeit war, zur Arbeit zu gehen, wechselte ich in meine Uniform und fuhr zurück aufs Revier. Ich war kaum durch die Tür, als Zee mich ankeifte: „Verdammt noch mal, was hattest du heute an dieser Schule zu suchen, Mädchen?“
    „Hallo, Zee. Ich freue mich auch, dich zu sehen.“
    „Scheiß drauf. Du hättest getötet werden können.“
    „Wurde ich aber nicht. Jetzt krieg dich wieder ein.“
    Sie blinzelte. Für gewöhnlich ging ich unterwürfiger mit ihren Launen u m – oder besser gesagt ihrer Laune: Sie hatte nur eine, und

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