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Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss

Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss

Titel: Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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tastete nach dem Totem, nahm es heraus und ließ es über meinen Kopf und unter meine Bluse gleiten.
    Was konnte es schon schaden, wenn Cadotte seinen Irr­glauben erforschte? Möglicherweise würde er sogar etwas Nützliches zutage fördern.

23
    „Das wird aber auch Zeit“, brummte Clyde, als ich das Leichenschauhaus betrat.
    Da die Fahrt von Miniwa zum Krankenhaus in Clearwater vierzig Minuten dauerte und ich mein Bestes gegeben hatte, um diese Zeit zu unterbieten, ignorierte ich ihn. Rechtfertigungen oder Widerspruch hätten seine Laune nur verschlechtert.
    Auf dem Weg vom Auto ins Gebäude hatte ich Brads Notizen durchgeblättert. Er hatte ordentliche Arbeit geleistet, auch wenn das Mel jetzt nichts mehr nützen würde. Wie ich vermutet hatte, war er von einem rötlich-braunen Wolf gebissen worden. Da Mandenauer das Tier getötet und verbrannt hatte, hätte man den Fall zu den Akten geleg t – wäre Mel uns nicht unter den Händen weggestorben.
    Die Neonlichter und der glänzende Chrom ließen das Leichen­schauhaus hell erstrahlen. Alle Spieler befanden sich auf ihrer Position.
    Clyde stand gegen einen Tresen gelehnt. Sein Kiefer mahlte wie der Stößel in einem Mörser. Bozeman spielte mit seinen Instrumenten, ordnete sie auf dem makellosen Tisch immer wieder neu an. Plötzlich pingelig geworden?
    Als ich in den Raum schlenderte, öffnete sich die Tür hinter mir und jemand, der einen weißen Kittel trug und demnach ein Arzt sein musste, trat ein.
    „Sie wollten mich sprechen?“
    Clyde stieß sich von dem Tresen ab. „Was ist mit Mel Gerard passiert?“
    „Keine Ahnung. Ich habe mich exakt an das vorgeschriebene Prozedere für eine Tollwutimpfung gehalten.“
    Der Arzt schüttelte den Kopf. Seine nächsten Worte waren leise, fast ein Murmeln, so als würde er das Ganze im Kopf noch mal Revue passieren lassen. Und vielleicht tat er genau das. „Aber dann bekam er krampfhafte Zuckungen. Sein Blutdruck stieg sprunghaft an. Herz-Kreislauf-Stillstand. Kein Lebenszeichen mehr. Und das alles innerhalb von fünf Minuten.“
    „Eine allergische Reaktion auf den Impfstoff?“
    „Das glaube ich nicht.“
    „Was dann?“
    Er zuckte die Achseln und zeigte mit dem Daumen auf Bozeman. „Ist er nicht derjenige, der das herausfinden sollte?“
    Clyde kaute schneller, während er angestrengt und gründlich nachdachte, dann nickte er. „Danke für Ihre Zeit, Doktor.“
    Als die Tür wieder zufiel, wandte Clyde sich an Bozeman, der noch immer mir seinen Instrumenten herumspielte. „Lassen Sie uns anfangen, Prescott. Auf mich wartet viel Arbeit.“
    Seufzend zog Bozeman das Laken von der Leiche. Wir starrten sie an. Der Gerichtsmediziner erbleichte. Clyde gab einen erstickten Laut von sich und spuckte seinen Priem auf den Boden. Ich stolperte einen Schritt auf die Tür zu, bevor ich mich wieder in den Griff bekam.
    Ich hatte schon früher an Autopsien teilgenommen und je­de Menge toter Körper gesehen. Aber noch nie etwas wie das hier.
    Mels Gesicht sah grauenhaft aus. Seine Nase war so deformiert,­ als wäre sie zehnmal gebrochen worden. Seine Lippen waren fratzenhaft nach hinten verzerrt; seine Zähne schienen nach vorn zu stoßen. Seine offenen, starrenden Augen waren so blutunterlaufen, dass sie schwarz wirkten, mit nur mehr einem schma­len, gelben Rand an den Lidern.
    Hatte Mel gelbe Augen gehabt? Ich hätte angenommen, dass ich mich daran erinnern würde.
    „Was zu r … “
    Ich wagte mich näher heran. Clyde, der aufgehört hatte zu würgen, folgte mir.
    Die Eigenartigkeiten beschränkten sich nicht auf Mels Gesicht. Seine Finger- und Zehennägel waren unnatürlich lang. Dr. Fu Manchu war nichts gegen ihn. Und sein Bart war länger und struppiger, als er es hätte sein dürfen, nachdem er gestern noch glatt rasiert gewesen war.
    „Eine Reaktion auf die Tollwut?“, fragte ich.
    „Oder auf den Impfstoff“, murmelte Clyde. „Aber warum hat der Arzt das nicht erwähnt?“
    „Er war nicht in diesem Zustand, als sie ihn herbrachten.“ Bozeman starrte noch immer zu der Leiche. Dann richtete er den Blick auf uns. „Ich habe ihn gesehen. Er war tot. Aber nicht auf diese Weise.“
    „Die Leichenstarre?“, schlug ich vor.
    „Ich habe noch nie erlebt, dass eine Leichenstarre so schnell vonstatten gegangen wäre ode r … ode r … “ Er wedelte mit der Hand in Richtung Tisch. „So schlimm.“
    „Das heißt nicht, dass es ausgeschlossen ist.“
    „Ich schätze nicht.“
    Clyde grunzte ungeduldig.

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