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Wolfslied Roman

Wolfslied Roman

Titel: Wolfslied Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisa Sheckley
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jegliche Unterhaltung unmöglich. Jackies großzügig geformter Mund presste sich zu einer schmalen Linie zusammen.
    »Wie kannst du bei diesem Lärm ein normales Leben führen?«, wollte ich wissen.

    Missmutig zuckte sie mit den Schultern.
    Eine Stunde später waren wir fertig. Ich hatte acht der Wolfshybriden geimpft, Loki eine Antibiotikaspritze gegeben und Patsys Pfote bandagiert. Jackie hatte mir zwei Flaschen Bourbon und ein Fläschchen mit selbst gemachtem Ahornsirup vom vergangenen Frühjahr eingepackt.
    Als sie mich zu meinem Wagen begleitete, tummelte sich das Rudel erneut um mich. Diesmal war allerdings nicht zu übersehen, was sie von mir wollten. Sie wedelten wie aufgeregte Welpen mit ihren Schwänzen, Romulus und der Husky-Mischling kämpften um das Recht, an mir schnüffeln zu dürfen, während sich der sonst so scheue Loki einen Weg zwischen den anderen Tieren bahnte, um zu mir zu kommen und an meiner Hand zu lecken.
    Jackie kratzte sich verblüfft am Kopf. Ich hingegen versuchte bereits zum dritten Mal erfolglos, die Autotür zu öffnen. »Hast du irgendetwas in ihre Spritzen getan?«
    »Vermutlich hatte ich heute ein besonderes Händchen für sie.«
    »Daran wird es wohl liegen.« Jackie schubste die Hybriden beiseite, so dass ich einsteigen konnte. »Lasst Abra in Ruhe! Was habt ihr vor? Wollt ihr mitfahren oder was? Das kann ich leider nicht erlauben. Alle meine Jungs dürfen mich nicht wegen Abra verlassen.«
    Als ich den letzten Satz hörte, zuckte ich innerlich zusammen. Ich kurbelte das Fester herunter, um mich von ihr zu verabschieden. »Wir sollten uns diese Woche mal wieder im Moondoggie’s treffen. Was meinst du? Zum Abendessen? Ich weiß, dass Red dich gern mal wieder sehen würde.«
    »Vielleicht braut sich ein Sturm zusammen. Dann könnte ich nicht. Aber wir werden sehen. Danke, dass du dir
die Mühe gemacht hast, hier heraufzukommen«, erwiderte Jackie, zog eine Zigarette aus der Packung und steckte sie sich an. Während ich langsam über das rutschige Eis davonfuhr, beobachtete ich sie durch den Rückspiegel. Sie sog an ihrer Zigarette, als hätte sie schon seit einer halben Ewigkeit kein Nikotin mehr zu sich genommen. Dabei blickte sie in den Wald, wo sie vermutlich nach Pia Ausschau hielt.
    Die also nahm offenbar an, dass ich ihrem Glück mit Malachy Knox im Weg stand.
    Ich seufzte. Auf einmal fühlte ich mich unglaublich müde und ausgelaugt. Irgendwie musste Jackie ihre Pflegetochter davon überzeugt haben, dass ich ein männermordender Vamp war. In gewisser Weise hatte ich ihr ja auch tatsächlich etwas Ähnliches angetan wie Magda mir. Aber ich hatte im Gegensatz zu der Rumänin keine Beziehung zerstört. Zudem war Magda eine Wahnsinnige. Trotzdem wünschte ich mir, dass Jackie eines Tages das Foto eines anderen Mannes an die Wand ihres Trailers hängen würde.
    Als ich meinen Wagen vor der Praxis parkte, fragte ich mich, ob ich Jackie wohl dazu überreden könnte, gemeinsam mit mir einen Tag in einer Wellnessoase zu verbringen. Sie war bestimmt noch nicht älter als achtunddreißig, und es gab keinen Grund, weshalb sie für immer allein mit ihren Hunden in einem Trailer hausen sollte. Vermutlich brauchte sie nur ein paar Tipps in puncto Aussehensverbesserung, viel Feuchtigkeitscreme und einen schickeren Haarschnitt, den sie allerdings nicht in Northside bekommen würde.
    Was Pia betraf, so fiel mir plötzlich ein, dass die Hybriden sie nicht als eine Untergeordnete begrüßt hatten und Pia vor dem Rudel auch nicht als solche aufgetreten war. Sie mochte vielleicht in Malachys und meiner Gegenwart
schüchtern und zurückhaltend wirken, aber offensichtlich besaß sie auch ganz andere Seiten.
    Die meisten Leute glauben, dass man Wölfe und Hunde in Alpha-, Beta- und Omega-Tiere einordnen kann, also in Führer und Gefolgschaft. Manche nehmen sogar an, dass das auch bei Menschen so funktioniert. Die Wahrheit ist jedoch komplizierter. Genauso wie eine Frau in der Arbeit als selbstbewusste Managerin auftreten kann, um zu Hause die schwache Ehefrau zu markieren, oder wie sich ein Mann daheim als Tyrann aufspielen mag und im Büro ein echter Hasenfuß ist, so kann sich auch ein Wolf in einem Rudel dominant und in einem anderen unterwürfig gebärden. Der jeweilige Status ist nicht in Stein gemeißelt, wodurch jede Bewegung zwischen Wölfen eine Vielzahl von Abwägungen und Signalen erfordert.
    Ich hatte gerade meinen Zündschlüssel herausgezogen, als ich neben mir das Kreischen von

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