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Wolfslied Roman

Wolfslied Roman

Titel: Wolfslied Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisa Sheckley
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gesagt, dass du letzte Nacht etwas Dampf ablassen musstest.«
    Dampf ablassen. Ich hatte keine Ahnung, was ich mir darunter vorstellen sollte. Vage konnte ich mich noch daran erinnern, dass ich ins Moondoggie’s gegangen war und dort das Dienstagsspezial, einen Apfelmartini, getrunken, aber nichts von dem Hühnergericht zu mir genommen hatte, das ich ebenfalls bestellt hatte. Vielleicht hatte es auch noch einen zweiten Martini gegeben, aber ich konnte mich einfach nicht entsinnen, so viel weggekippt zu haben, dass dies jetzt einen derartig massiven Kater rechtfertigte, der noch dazu sekündlich schlimmer wurde.
    »Ich muss aufstehen.«
    »Malachy meinte, du müsstest heute nicht in die Praxis kommen.« Red schmiegte sich an mich. Seine Klamotten kratzten über meine Haut. »Du wolltest gestern Abend nicht mehr darüber reden, aber ich hatte den Eindruck, als hättest du einen ziemlich anstrengenden Tag hinter dir gehabt.«
    Auf einmal überwältigte mich sein Moschusgeruch derart, dass mein Kopf heftig zu pochen begann und mir
gleichzeitig die Galle hochkam. Seltsam. Früher hatte ich immer davon geträumt, mit einem Mann zusammen zu sein, der sich zärtlich an mich schmiegen und jeder meiner Launen und Gefühle Rechnung tragen würde. Das war noch zu jener Zeit gewesen, als ich mit einem narzisstischen Idioten verheiratet war. Jetzt brauchte ich nur noch Raum zum Atmen. Und um mich möglicherweise zu übergeben.
    »Das war ein verrückter Auslauf, den wir da letzte Nacht hingelegt haben - was?« Zärtlich hob Red meine Haare hoch, so dass mein Nacken Luft bekam. Es fühlte sich gut an, bis er mich auch an dieser Stelle zu küssen anfing.
    »Wir sind gelaufen?«
    »O ja, und wie! Ich konnte kaum mithalten.« Er roch an mir, wie um den Duft meiner Haut und meiner Haare in sich aufzunehmen.
    »Lass das. Ich rieche schrecklich.«
    »Nicht für mich. Für keinen Gestaltwandler, um genau zu sein. Und wenn ich an letzte Nacht denke, glaube ich, dass wir inzwischen auch dich als Wandlerin bezeichnen können, Liebling.«
    Ich warf die Kissen vom Bett, um mehr Platz zu haben. »Was ist passiert?«
    »Gute Frage. Lass mich nachdenken. Zuerst gab es Abendessen, dann sind wir nach Hause gefahren … Und da war dann … doch noch was anderes. Was war das bloß? Hm …«
    »Red, ich bin nicht in der Laune für solche Spielchen.«
    Er lächelte mich voller Zuneigung an. »Du erinnerst dich wirklich nicht?«
    »Mein Kopf tut wahnsinnig weh. Ich würde mich am liebsten übergeben, aber ich befürchte, mir könnte dann
der Kopf zerspringen. Mein Körper fühlt sich an, als hätte ich die ganze Nacht über Felsen geschleppt oder wäre von ihnen niedergestreckt worden.«
    Reds Lächeln verschwand. »Du erinnerst dich tatsächlich nicht.«
    Ich schwang die Beine vom Bett herunter und schlug mir beim Aufstehen den Kopf an einer Öllampe an. »Verdammt! Ich hasse diese Hütte.«
    Für einen Moment herrschte Schweigen, als würden wir beide dem, was ich gerade von mir gegeben hatte, entsetzt nachlauschen. »Entschuldige bitte. Ich bin nur … Es geht mir nicht sonderlich gut, das ist alles.«
    »Nein, nein, mir tut es leid. Ich habe mich offenbar viel zu sehr auf meine eigene Stimmung konzentriert.«
    Ich spürte die Bewegung der Matratze, als Red aufstand. Er ging in die Küche und kehrte kurz darauf mit einer Packung gefrorener Erbsen wieder.
    »Hier, leg das auf deinen Kopf.«
    »Danke.« Ich brachte es nicht über mich, ihn anzusehen. »Also, was ist passiert?«
    »Du hast dich verwandelt.«
    Jetzt blickte ich doch zu ihm auf, aber Red hatte mir inzwischen den Rücken zugewandt. »Ich bin pelzig geworden, obwohl der Mond noch nicht einmal halbvoll ist?«
    »Ja.«
    Red ging erneut in die Küche und gab dort gemahlenen Kaffee in die Cafetière. Seine übergroße Freude, die er zuvor ausgestrahlt hatte, schien wie weggeblasen. Ich war mir auf einmal sicher, dass es noch etwas anderes als unser Auslauf in Wolfsgestalt gewesen sein musste, das ihn so glücklich gemacht hatte. Doch ehe ich ihn fragen konnte,
fand der Wettstreit zwischen meinem pochenden Kopf und meinem aufgewühlten Magen ein plötzliches Ende. Mit der Hand auf dem Mund, stürzte ich zur Toilette.
    Am nächsten Tag wollte ich ein klärendes Gespräch mit Red nicht länger aufschieben. Seit meiner verlorenen Nacht waren inzwischen fast dreißig Stunden vergangen, und wir hatten noch immer nicht darüber gesprochen - ebenso wenig wie über den seltsamen Moment mit

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