Wolfslied Roman
Ziegenkäse und Spinat. Während des Essens erzählte ich ihr alles - wie ich in der Praxis ausgerastet war, wie ich auf einmal auf Malachy Knox reagiert hatte, wie unwohl ich mich immer wieder in Reds Gegenwart fühlte und was Magda alles gesagt hatte. Zum ersten Mal seit Tagen genoss ich mal wieder mein Essen.
»Also«, sagte ich, nachdem die hübsche, gepiercte Kellnerin außer Hörweite war. »Was denkst du? Eine Zunahme der Hormone würde meine Gereiztheit und die Tatsache erklären, warum ich mich nun bereits vor dem Vollmond zu verwandeln beginne.« Ich schnitt ein Stück meines Omeletts ab. »Es würde auch den seltsamen Zwischenfall mit Malachy erklären. Er ist kein Mann, den ich normalerweise attraktiv finde. Aber für einen kurzen Moment hatte ich vollkommen vergessen, dass er mein scharfzüngiger, immer krank aussehender Chef ist.«
Meine Mutter trank einen Schluck Kaffee. »Vielleicht bist du insgeheim von ihm angezogen, ohne es zu merken.«
»So verklemmt bin ich nun auch wieder nicht.«
»In diesem Fall passiert offensichtlich etwas in deinem
Körper, und du solltest mit jemand Zuverlässigerem als Magda darüber sprechen.«
»Du meinst Red.«
»Nein, das meine ich nicht. Wenn Magda die Wahrheit sagt, dann weiß Red vermutlich, dass du … dass du läufig bist. Und dann stellt sich die Frage, was er dadurch gewinnt, dass er dir nichts davon erzählt?« Sie strich Butter auf ein Stück Toast, das sie sich von meinem Teller genommen hatte. »Warum sprichst du zum Beispiel nicht mit deinem Chef? Er scheint doch einiges von der Sache zu verstehen.«
»Er ist sogar vermutlich der einzige Experte auf dem Gebiet der Lykanthropie.«
Theatralisch breitete meine Mutter die Arme aus und warf dabei ein Glas mit Wasser um. »Na also. Sprich mit ihm und erzähl ihm von den Veränderungen, die sich bei dir abspielen. Das scheint mir momentan das Klügste zu sein.«
Ich tupfte das Wasser mit meiner Serviette auf. »Er kennt keine ethischen Grenzen, Mom. Ich versuchte mir zwar einzureden, dass er mir helfen will, meine Krankheit unter Kontrolle zu bekommen, aber in Wahrheit bin ich mir da nicht so sicher. In den achtziger Jahren nahm er zum Beispiel Affenkopftransplantationen vor. Er glaubt, dass wir eines Tages in der Lage sein werden, gesunde Hirne kranken Körpern zu entnehmen und sie einem Wirtstier einzusetzen. Außerdem geht das Gerücht um, dass er versucht hat, eine Schimpansin künstlich mit menschlichem Sperma zu befruchten.«
»Zumindest hat er es künstlich versucht. Wollte er sein eigenes Sperma benutzen?«
»Mom!«
»Meiner Meinung nach macht das einen großen Unterschied,
Abra. Wenn er fremdes Sperma verwendet hat, kann man das als Zeichen naturwissenschaftlicher Neugier werten. Aber wenn er sein eigenes benutzt hat, spricht das für ein riesiges männliches Ego. Übrigens, wenn wir schon davon reden - ich hoffe, du verhütest.«
Ich starrte sie einen Moment lang fassungslos an, während ich versuchte, ihren Gedankengang nachzuvollziehen. »Wovon sprichst du?«
»Was benutzt du? Die Pille? Kondome?«
»Entschuldige, aber ich wüsste nicht, was dich das angeht.«
»Falls du ein Diaphragma verwendest, musst du unbedingt kontrollieren, dass es auch keine kleinen Löcher hat. Am besten siehst du es dir im Gegenlicht an.«
»Warum sollten da … Willst du damit andeuten, dass Red mein Diaphragma mit einer Nadel durchlöchert, um mich schwanger zu bekommen?«
Meine Mutter schenkte mir einen ihrer strengen Blicke, die einmal eine ganze Generation junger Männer hatten schwach werden lassen. »Liebling, dieser Mann würde alles tun, um dich zu halten. Lügen, stehlen, betrügen, töten … aufräumen und die Wäsche machen.«
Ich erinnerte mich daran, wie ich neben Red aufgewacht war, ohne zu wissen, was in der Nacht zuvor passiert war. Red hingegen hatte geradezu vor Glück gestrahlt.
Was bedeuten musste, dass entweder Magda gelogen hatte und ich durchaus schwanger werden und ein Kind bekommen konnte, oder dass Red nicht so viel wie Magda über Werwolf-Schwangerschaften wusste.
Ich legte meiner Mutter meine Überlegungen dar: »Magda ist einfach nur ein Ekelbrocken«, sagte sie lapidar dazu.
»Sie versucht es mit Gehirnwäsche bei dir und redet dir ein, dass du nicht schwanger werden kannst. Und du glaubst ihr das auch noch.«
»Ich glaube nicht, dass es so einfach ist, Mom. Sie hat schließlich handfeste Belege. Bei Wölfen funktioniert das tatsächlich so.«
Meine Mutter hob ihre
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