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Wolfslied Roman

Wolfslied Roman

Titel: Wolfslied Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisa Sheckley
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aufnehmen können, sobald wir deinen Wagen gefunden hatten. Aber in diesem Wald gibt es einen alten Zauber. Du bist direkt in die liminale Zone geraten und hast dabei eine Schwelle überschritten, die ich nicht überschreiten konnte. Deine Fährte hörte etwa zwei Meter von deinem Auto entfernt auf. Selbst mit Hilfe der Tiere gelang es mir lange Zeit nur, das Gebiet auszuloten, in dem du vermutlich verschwunden warst.« Er nickte in eine Ecke des Zimmers, wo ich Ladyhawke entdeckte, die auf einem Katzenkorb saß, den der kleine Waschbär gerade mit seinen Pfoten aufzubekommen versuchte.
    Mein Bein schmerzte inzwischen ziemlich unerträglich. Trotzdem war ich noch so weit bei mir, um zu merken, dass ich etwas Wesentliches nicht verstanden hatte. »Die liminale Zone?«
    »Eigentlich versteht man unter liminal einen Schwellenzustand des Bewusstseins«, erklärte Malachy und legte die Manschette eines Blutdruckmessgeräts um meinen Arm. »Aber Red meint damit die Grenze zwischen den Welten.« Er pumpte die Manschette mit Luft auf und ließ diese dann wieder heraus, um meinen Blutdruck zu messen.
    »Jetzt mal langsam. Wie zum Teufel bin ich denn in eine andere Welt geraten? Das letzte Mal, als ich in Richtung Westchester gefahren bin, habe ich kein Schild bemerkt, auf dem ›Letzte Ausfahrt in dieser Dimension‹ stand.«
    Mein leicht hysterisch klingender Tonfall ließ diesen
Scherz allerdings nicht sonderlich witzig klingen. Aber ich konnte nicht anders. Ich habe mein Leben lang unter der Paranoia gelitten, einmal unabsichtlich LSD zu mir zu nehmen. Bei dieser Droge wusste man allerdings wenigstens, dass die verrückten Dinge, die man sah und erlebte, nicht der Wirklichkeit entsprachen.
    Erneut nahm Red meine Hand. »Es ist tatsächlich so, wie ich bereits befürchtet hatte, Doc. Die Grenze bröckelt. Es liegt an diesen Häusern, die auf dem Old Scolder Mountain errichtet werden und damit einen heiligen Boden entweihen, der seit Generationen nicht länger als für einen Spaziergang betreten worden ist. Damit sind wir in ihr Territorium eingedrungen, und das bedeutet, dass sie auch in unseres kommen werden.«
    Ich holte tief Luft und versuchte nicht die Nerven zu verlieren. Es wäre ohnehin idiotisch gewesen, in Panik auszubrechen, auch wenn ich panisch war. »Und wie habt ihr mich dann gefunden?«
    Malachy schob ein Thermometer in mein Ohr. »Ich hatte nichts damit zu tun. Red ging in den Wald und setzte sich eine Stunde lang im Schneidersitz auf die Stelle, an der Sie offenbar verschwunden waren. Dann schnitt er sich in seinen Arm und ging im Kreis, wobei er so lange Blut vergoss, bis er Sie gefunden hatte. Er brauchte dafür etwa zwanzig Minuten und ein Bier.«
    Jetzt erinnerte ich mich wieder an die mysteriöse Grabstätte und den dicht bewachsenen alten Wald. Auf einmal fiel mir die weiße Bandage auf, die aus Reds hochgekrempeltem Ärmel hervorblitzte. »Was hast du genau gemacht?«
    »Ach, nichts Besonderes. Es war nur ein Trick, wie man jemanden wieder zurückholt.«

    Das Thermometer gab ein Signal von sich, und Malachy zog es heraus. »Er hat eine Abmachung getroffen. Ich glaube, so funktioniert das.«
    »Eine Abmachung? Mit wem?«
    Red wurde rot. Ich wusste, wie sehr er es hasste, dass seine helle Haut alles zeigte, wie es eben für einen Rothaarigen typisch war. »Malachy, Sie haben doch keine Ahnung, wovon Sie sprechen.«
    »Stimmt. Es ist nicht mein Fachgebiet. Aber da viele meiner Forschungen mit dem Bereich zu tun haben, wo sich Mythos und Medizin überschneiden, habe ich mich diesbezüglich auch eingehend mit den verschiedenen Mythologien auseinandergesetzt.« Er knöpfte meine Bluse auf, doch da schlug ich seine Hand einfach fort. »Dann machen Sie es eben selbst. Ich muss aber Ihr Herz abhören.«
    Malachys Atem war kühl und schien mit etwas Metallischem durchsetzt zu sein, als er sich über mich beugte und das Stethoskop an meine Brust drückte. Seine Finger fühlten sich auf meiner Haut eisig an. Entweder war das ganz normal für ihn, wenn er zum Beispiel übermüdet war, oder sein Gesundheitszustand verschlechterte sich. Er fuhr mit dem Zeigefinger über meinen Hals, und ich erzitterte.
    »Wie lange haben Sie das schon?«, wollte er von mir wissen.
    Zuerst dachte ich, dass er die Hautrötungen meinte, die ich durch den Sicherheitsgurt bekommen hatte. Doch dann bemerkte ich, dass er den Mondstein hochhob, den ich noch immer um den Hals trug.
    »Meine Mutter hat mir die Kette gerade erst geschenkt.

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