Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfslied Roman

Wolfslied Roman

Titel: Wolfslied Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisa Sheckley
Vom Netzwerk:
sagte sie, wobei ich keine Ahnung hatte, woher sie auf einmal seinen Namen wusste. »Aber glauben Sie trotzdem, Sie könnten sich für uns verwenden, damit wir die Brille schneller bekommen? Wissen Sie, meine Freundin wohnt nämlich nicht in der Stadt.«
    Während sie sprach, legte sie den Kopf leicht zur Seite. Ich musste an eine Geigerin von Weltklasse denken, die in der Lage war, allein durch eine minimale Druckveränderung auf den Saiten einen anderen Ton hervorzubringen.
    Jeremy wirkte einen Moment lang verwirrt. Dann bemerkte er, dass er die Angelegenheit mit dem Manager klären müsse. Als er kurz darauf zu uns zurückkehrte, verkündete er, die Brille sei noch am selben Abend zum Abholen bereit.

    Wir verließen den Laden. Draußen im kalten klaren Tageslicht sah ich meine Freundin fassungslos an. »Wie hast du das gemacht? Durch einen Zauber? Kann ich das auch lernen?«
    Lilliana lachte und hakte sich bei mir unter. Ein hübscher junger Mann auf einem Rennrad drehte sich fasziniert um, als er das Lachen hörte. »Wie wäre es jetzt mit ein paar neuen Klamotten? Ich kenne da einen tollen kleinen Laden gleich hier um die Ecke.«
    »Diese Brille hat vermutlich mein letztes Geld aufgebraucht. Außerdem ist es wahrscheinlich ohnehin besser, wenn ich nicht gerade neben dir Klamotten anprobiere«, gab ich zu und betrachtete Lillianas gertenschlanke Figur. Zu meiner Belustigung schien uns der hübsche junge Radfahrer zu folgen.
    »Mein Gott, du siehst wie aus einem Renoir-Gemälde aus. Milchweiße Haut, wunderbare kleine Brüste, eine winzige Taille …«
    »Lilliana«, spöttelte ich. »Du hast mir nie gesagt, dass du so für mich empfindest.«
    Der Fahrradfahrer hinter uns grinste und wurde dann noch langsamer, um uns nicht zu überholen.
    »Es stimmt aber«, sagte meine Freundin, die gar nicht bemerkte, dass auch ein Bauarbeiter innehielt und ihr gierig hinterhersah.
    »Lilli, ich finde es ja sehr nett, was du da versuchst. Aber ich weiß genau, dass ich neben dir mehr oder weniger unsichtbar bin.«
    Wie um mir einen Beweis zu liefern, blieb ein Geschäftsmann, der gerade telefonierend an uns vorbeiging, einen Moment lang stehen, um Lilliana bewundernd zu mustern.
    Wir warteten bei Rot an einer Ampel, und ein frisierter Camaro raste hupend an uns vorbei. »Baby!«, rief der Fahrer. »Du siehst fantastisch aus!«
    Lilliana legte den Kopf zur Seite. »Was meinst du mit unsichtbar?«
    »Jetzt komm schon, Lilliana! Schau dich um!« Ich zeigte auf den Fahrradfahrer, den Bauarbeiter und den Geschäftsmann. »Du wirkst ja wie ein Magnet auf Männer. Wir können keine zwei Schritte gehen, ohne dass irgendein Kerl bei deinem Anblick durchdreht.«
    Sie sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren. »Abra, diese Männer schauen dich an, nicht mich.«
    »Oh bitte. Ich hab es noch nie geschafft, dass ein Mann bei meinem Anblick vom Rad fällt.«
    Ich zeigte auf den Radler, der zu sehr mit uns beschäftigt gewesen war, um zu bemerken, dass ein Taxifahrer am Bordstein die Tür seines Wagens geöffnet hatte. Der Radfahrer lag nun auf der Straße und rieb sich sein Schienbein, während ihn der Taxifahrer wütend anbrüllte.
    »Vielleicht merkst du es einfach nicht«, sagte Lilliana kopfschüttelnd.
    Ich stemmte die Arme in die Hüften. »Ehrlich, Lilli, halt mich nicht zum Narren. Es ist offensichtlich, wer von uns beiden die Blicke der Männer auf sich zieht.«
    In diesem Augenblick spürte ich ein Zwicken in meiner linken Pobacke. Ich drehte mich herum und entdeckte einen jungen Mann in einem Anorak, der grinsend beiseitesprang. »Kann ich ein Stück davon haben?«, fragte er, als würde er in einer Konditorei eine Torte bestellen.
    »Ich geb dir gleich ein Stück!«, entgegnete ich aufgebracht.

    »Was hast du gerade gemeint?« Die Ampel schaltete auf Grün, und Lilliana nahm mich am Arm. Gemeinsam überquerten wir die Straße.
    »He«, rief der Radfahrer und winkte uns zu. »Einen Moment noch.«
    Wir blieben stehen, und er eilte zu uns - ein glatt rasierter junger Mann mit einer etwas dunkleren Hautfarbe als Lilliana.
    »Alles in Ordnung?«, fragte sie ihn.
    »Ja, hab nur einen Kratzer abbekommen«, erwiderte er. »Die Sache ist die: Ich glaube, ich kenne dich.« Er starrte mich an. »Ich weiß nicht mehr, woher, aber ich bin mir sicher, dass wir uns kennen.«
    Ich rollte mit den Augen. »Hast du diese Typen dazu gebracht, sich so zu verhalten, Lilliana? Um mein Selbstbewusstsein aufzupäppeln? Anstatt die eigenen

Weitere Kostenlose Bücher