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Wolfslied Roman

Wolfslied Roman

Titel: Wolfslied Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisa Sheckley
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nur, mich noch mehr zu verkrampfen, so dass die Erleichterung peinigend ausblieb.
    Ich schloss die Augen. Nach einer Weile fand ich endlich
den richtigen Rhythmus, als es auf einmal an der Haustür klopfte. Mein erster Gedanke galt Red, und mein Herz begann vor Aufregung und Nervosität heftig zu pochen. Während ich hastig meine Hose wieder anzog und dabei kaum bemerkte, dass ich sie jetzt mit der Innenseite nach außen trug, fiel mir ein, dass Red sicher nicht geklopft hätte. Schließlich besaß er einen Schlüssel.
    »Wer ist da?«
    Die Antwort wurde durch den lauten Wind, der draußen tobte, fast übertönt. Doch da mein Gehör und meine Sinne noch immer schärfer als gewöhnlich waren, wusste ich ohnehin schon, wer da draußen stand.
    Es war Hunter. Mein baldiger Ex.
    Ich presste die Hand auf das Holz der Tür, hin und her gerissen, was ich tun sollte. Ich war seit über einem Jahr nicht mehr mit Hunter allein gewesen, und ein Teil von mir wollte durchaus wieder einmal mit ihm sprechen. Wir hatten uns bereits im College gekannt und geliebt, waren dann auseinandergedriftet, wieder Freunde und WG-Mitbewohner geworden, ehe wir geheiratet hatten. Nichts in unserer langen Geschichte hatte mich darauf vorbereitet, dass wir uns eines Tages als Feinde gegenüberstehen würden.
    In meiner Vorstellung fragte ich Hunter manchmal, wie es eigentlich so weit hatte kommen können. Und hier und da malte ich mir aus, dass wir noch eine letzte endgültige Verwandlung hinbekommen und wieder Freunde werden würden.
    Doch die Realität sah anders aus. Ich konnte Hunters Betrug nicht einfach wegerklären, und damit gab es auch keinen Weg zurück. Gemeinsam mit Magda war er in das
Haus meiner Mutter eingedrungen, hatte sie bedroht und ziemlich schwer verletzt. Wenn es mir nicht gelungen wäre, die beiden aufzuhalten, wären sie auch noch bis zum Letzten gegangen. Da war ich mir absolut sicher. Hunter mochte sein Verhalten auf seine Krankheit schieben - so in der Art: »Das war nicht ich, Liebling, das war das Tier in mir.« Aber ich wusste, dass er meine Mutter noch nie hatte leiden können.
    Vielleicht kannte man einen Menschen nie ganz, bis man nicht den Wolf in ihm kennengelernt hatte.
    Ich hörte Hunters Stimme auf der anderen Seite der Tür. »Abra, ich weiß, dass du mich hören kannst!«
    »Was willst du?«
    Er antwortete nicht, und gegen besseres Wissen öffnete ich die Tür einen Spaltbreit. »Hunter? Was ist los? Was willst du von mir?« Dann sah ich, warum er nichts erwidert hatte.
    Er blickte mit seinem schönen Gesicht, in dem sich bereits die ersten Anzeichen der kurz bevorstehenden Verwandlung zeigten, zu mir auf. In seinen Augen spiegelte sich dumpfer Schmerz. Er war auf dem verschneiten Boden vor der Blockhütte zusammengesackt, Schneeflocken bedeckten seine dunklen Haare. Trotz der Kälte konnte ich frisches, dickflüssiges Blut riechen, das Blut von etwas Verwundetem und noch nicht Totem.
    Mist.
    Genau das, was ich in einer solchen Nacht, in der meine Hormone verrücktspielten, brauchen konnte - meinen lügenden, betrügenden, verführerischen Arsch von Beinahe-Ex.
    »Also«, ächzte Hunter. »Lässt du mich jetzt rein, oder
willst du zusehen, wie ich auf deiner Türschwelle langsam verblute?«
    Red sagte immer, dass man eine dritte Option wählen sollte, wenn man zwei Alternativen angeboten bekommt. Doch der Wind wirbelte den fallenden Schnee auf, so dass man kaum die Bäume sehen konnte, die nur etwa fünf Meter entfernt standen. Außerdem fiel mir keine weitere Möglichkeit ein, was ich sonst mit Hunter tun konnte. Also zerrte ich ihn wohl oder übel über die Schwelle ins Haus.

18
    » Abra. «
    Hunters Stimme klang schmerzverzerrt, als er versuchte, mich anzulächeln.
    »Was hast du da draußen gemacht?«
    Ich hatte es nicht geschafft, ihn auf einen Stuhl zu setzen, weshalb er nun auf dem geflochtenen Teppich vor dem Kamin lag und vor Kälte und - wie ich annahm - Schock zitterte. Offensichtlich ist er nicht in der Verfassung, seine boshaften Kommentare abzulassen, dachte ich, als ich ihm eine Decke auf die Beine legte. Typisch - bei einem Schneesturm eine italienische Lederjacke anzuziehen, das konnte wirklich auch nur Hunter einfallen!
    »Kein Wunder, dass du so frierst. Sag bloß, du wolltest nur nach dem Essen noch ein wenig frische Luft schnappen.«
    »Angegriffen.« Er klapperte derart stark mit den Zähnen, dass er das Wort kaum herausbrachte.
    »Wo bist du verletzt?«
    »R… rechter Arm … ich glaube

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