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Wolfslied Roman

Wolfslied Roman

Titel: Wolfslied Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisa Sheckley
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sah mich mit einer unzugänglichen Miene an, wie ich sie bisher noch nicht an ihm erlebt hatte. »Meine Mutter gehörte zu jener Art Frauen, die von Männern immer nur ausgenutzt werden. Sie hat bei jedem neuen Kerl versucht, sich anzupassen. Als ich zwölf war, hatte auch ich mich in einen solchen Typen verwandelt, der ihr das Leben zur Hölle machte.«
    Ich hörte aufmerksam zu. Red hatte mir seine Mutter bisher immer ganz anders geschildert, auch wenn ich gespürt hatte, dass er mir bestimmte Dinge verschwieg.
    »Damals bin ich zu meinem Großvater gezogen, und aus seinem Mund habe ich zum ersten Mal von den Limmikin gehört. Mom behauptete immer, eine Mohawk zu sein. Aber das war nichts anderes, als wenn ein Sinti oder Roma erklärt, ein Rumäne oder Spanier zu sein, um nicht schief angesehen zu werden. Großvater lebte ziemlich für sich, in einer Blockhütte im Wald. Wir haben mehr Zeit als Wölfe als in Menschengestalt verbracht. Nachdem er gestorben war …« Red lächelte, wobei ein bitterer Zug um seine Lippen spielte. »Lass es mich so formulieren: Nach seinem Tod habe ich den Rest der Familie etwas zu gut kennengelernt. Die meisten von ihnen waren ganz anders als meine Mutter und mein Großvater. Mann, die konnten dir das Blaue vom Himmel herunterschwindeln.«

    Bei der Erinnerung schüttelte er den Kopf. »Ich habe fast zwei Jahre mit dem Clan meines Großvaters verbracht und bin von Stadt zu Stadt gezogen, immer zwischen den USA und Kanada hin- und herpendelnd. Ich habe als Bauarbeiter, als Lieferant und als Laufbursche gearbeitet. Meist brachte ich Geld an mich und machte mich dann ohne Gegenleistung aus dem Staub. Oder ich habe den Job schlampig erledigt, so dass klar war, dass er über kurz oder lang nochmal erledigt werden müsste. Manchmal habe ich auch einfach Geschichten erfunden. Ich habe Leute übers Ohr gehauen, Doc. Gute Leute. Junge Paare. Alte Menschen.«
    Er zögerte erneut. »Einmal blieb ich länger als gewöhnlich in einer Stadt hängen, weil ich ein Mädchen kennengelernt hatte. Und so erfuhr ich, dass meine schlechten Autoreparaturen einen Mann das Leben gekostet hatten. Daraufhin habe ich meine Familie verlassen und angefangen, mich allein durchzuschlagen.«
    »Und dann bist du Schamane geworden«, sagte ich, da ich auf einmal zu verstehen glaubte, wie alles zusammenhängen musste.
    »Ich habe Jackie und dir das schon so oft erklärt: Ich bin weder Sibirier noch Nordchinese, weshalb Schamane auch nicht das richtige Wort ist.«
    Jackies Erwähnung versetzte mir einen Stich. »Weiß denn Jackie von alldem?«
    Red schüttelte den Kopf. »Ich wollte nie jemandem erzählen, dass ich einmal ein krimineller Betrüger war. Ich weiß nicht mal, warum ich dir das jetzt erzähle, Doc.« Nervös fuhr er sich durch die kurzen Haare. »Wahrscheinlich weil du es wissen solltest.«
    Ich drückte meine Stirn gegen die seine. »Du erzählst mir
das, weil du wissen willst, ob ich auch den Red lieben kann, der du wirklich bist. Aber was auch immer du früher einmal gemacht haben magst … dieses Leben liegt jetzt hinter dir. So bist du nicht mehr.« Ich war mir keineswegs sicher, ob ich auch wirklich glaubte, was ich da sagte. Aber mein Bedürfnis, Red zu trösten und seine Wunden zu heilen, war so stark, dass ich lieber sprach als schwieg.
    »Ich habe diese Dinge trotzdem getan und bin schuldig geworden.«
    »Du hast versucht, es wiedergutzumachen«, betonte ich. »Du hast dich bemüht, ein guter Mensch zu werden.« Diesmal wusste ich, dass ich die Wahrheit sagte. Wie kriminell er früher auch immer gewesen sein mochte - jetzt gehörte Red zu den Guten.
    Dann fiel mir jener Abend wieder ein, an dem er sich verwandelt hatte und Rocky verschwunden war …
    Zärtlich legte er seine Hand auf meinen Hinterkopf. Eine Weile verharrten wir so, Stirn an Stirn. »Und warum hast du dann diesen Widerling in dich gelassen, Doc?«
    »Das war ein Fehler.«
    Ohne die Hand wegzuziehen, rückte er ein paar Zentimeter von mir ab, um mir in die Augen zu blicken. »Na ja, ich bin selbst alles andere als perfekt und habe kein Recht, dir vorzuwerfen, einen Fehler begangen zu haben. Ich werde dir auch nicht nachtragen, was du getan hast. Allerdings will ich diesen widerlichen Geruch wegwischen, der da an dir hängt. Und dafür kenne ich nur ein Mittel.« Er zog mich an sich, und ich erstarrte.
    »Aha«, meinte er und klang auf einmal wieder ganz kalt. »Vielleicht bin ich doch nicht der Einzige in diesem Raum, der geschickt

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