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Wolfslied Roman

Wolfslied Roman

Titel: Wolfslied Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisa Sheckley
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schluckte und fuhr mir mit der Zunge über die Lippen. Hastig überlegte ich, was ich sagen sollte, als er vor mir stand und zu mir herabblickte. Der Red, den ich kannte, hätte jetzt einen Witz gerissen oder mir über die Wange gestreichelt, um die Situation zu entschärfen. Doch der Red, den ich kannte, hätte eigentlich auch nicht in der Lage sein dürfen, Hunter und Magda gleichzeitig schachmatt zu setzen. Im vergangenen Jahr war er noch nicht so stark gewesen, was mich stutzig machte. Wie hatte er sich so verändern können?
    »Die Tür ist hinter dir«, sagte er. Seine Miene wirkte wieder undurchdringlich. »Wenn du gehen willst, dann geh. Ich werde dich nicht aufhalten.«
    Mit diesen Worten wandte er sich ab und ging zu seinem Gewehr, das er mit all der Liebe und Fürsorge zu reinigen begann, die er mir einmal hatte zukommen lassen.
    »Draußen stürmt es«, entgegnete ich. »Was soll ich tun?
Bei Hunter und Magda klopfen und um ein Bett für die Nacht bitten?«
    »Ich habe nicht gesagt, dass ich dich rauswerfe.« Er öffnete den Gewehrlauf und holte die Patronen heraus. »Bleib, wenn du willst.«
    »Du bist wütend auf mich.«
    »Stimmt. Aber deshalb musst du nicht vor mir weglaufen. Ich habe nicht vor, dir etwas zu tun.«
    Er setzte sich aufs Sofa und fuhr fort, das Gewehr in seine Einzelteile zu zerlegen. Ich fragte mich, ob er das tat, um sich zu beschäftigen, oder ob es ihm wohler war, sich ohne geladene Waffe im Zimmer mit mir auseinanderzusetzen.
    »Ich verstehe nicht ganz, Red.«
    »Ich bin nicht ehrlich zu dir gewesen.« Er blickte auf. »Und du nicht zu mir.«
    Ich holte tief Luft und zwang mich dazu, den nächsten Satz klar und deutlich auszusprechen. »Wenn du das mit Hunter meinst - das Ganze hatte nichts mit dir zu tun. Ganz ehrlich, Red.«
    Er knallte seine Zwölf-Kaliber-Browning so laut auf den Couchtisch, dass ich zusammenzuckte. »Nein, das hatte ganz und gar nichts mit mir zu tun! Wenn du nämlich wirklich meine Frau wärst, würdest du diesen Kretin nicht einmal auf zwei Meter an dich heranlassen. Aber er ist dir viel näher gekommen, nicht wahr?«
    »Früher hat dich das nicht gestört«, entgegnete ich und wusste, dass ich jetzt furchtbar einfältig argumentierte. Was hatte meine Mutter gesagt? Etwas über Red und dass er nicht der Typ Mann wäre, der mir verzeihen würde, wenn ich mit Hunter um der alten Zeiten willen noch einmal im Bett landen würde?

    Er gab ein freudloses Lachen von sich. »Du meinst, ich war nicht wütend, als uns Hunter und Magda auf der Pelle hockten. Verdammt, Abra! Was erwartest du von mir? Sollte ich mich vor unseren Feinden schwach zeigen? Ihnen den Beweis liefern, dass wir kein echtes Team sind?« Er betrachtete einen Moment lang sein Gewehr. Als er wieder aufblickte, schimmerten Tränen in seinen Augen. »Ich kann nicht glauben, dass du ihm erlaubt hast, dich anzufassen. Ich kann es einfach nicht begreifen … dass du … dass du ihn in dich gelassen hast.«
    Am liebsten wäre ich zu Red gerannt und hätte meine Arme um ihn geschlungen. Doch er wirkte so wütend und enttäuscht, dass die Muskeln in seinen Armen und Beinen zitterten. Also rührte ich mich gar nicht von der Stelle. »Es tut mir so leid, Red«, murmelte ich.
    »Ich dachte, du liebst mich.«
    »Das tue ich auch. Ich liebe dich.« Ich schluckte. »Ich möchte mich nicht aus der Sache rausreden, aber Hunter war schwer verwundet. Und die einzige Möglichkeit, seinen Körper so schnell wie möglich heilen zu lassen, schien mir eine Verwandlung zu sein … Wahrscheinlich hat dabei ein kleiner Teil von mir auch noch an der Vergangenheit gehangen.« Ich beobachtete, wie ein Muskel in seinem Kiefer zuckte. »Aber eines weiß ich: Jetzt hänge ich garantiert nicht mehr an dieser Vergangenheit.«
    Seine haselnussbraunen Augen blickten tief in die meinen. Ich sah in ihnen nicht einmal mehr die Andeutung von Zärtlichkeit, Tränen oder Wärme. Nach einer Weile sackte Red in sich zusammen, als hätte man einer Marionette die Fäden abgeschnitten. »Es liegt an mir, nicht wahr? An dem, der ich bin.« Er verschränkte die Hände im Nacken
und ließ den Kopf nach vorne hängen. »Ich bin nicht gut genug für dich.«
    »Nein, das stimmt nicht, Red!« Diesmal eilte ich zu ihm, schlang die Arme um ihn und versuchte ihn dazu zu bringen, den Kopf zu heben. »So etwas würde ich niemals von dir denken. Niemals!«
    »Aber ich. Vielleicht hat Magda gar nicht so Unrecht, was die Limmikin betrifft.« Er blickte auf und

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