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Wolfsmagie (German Edition)

Wolfsmagie (German Edition)

Titel: Wolfsmagie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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Gedanken.
    Und dann war da der Loch Ness. Boote aller Art schwammen darauf. Jemand könnte sie mit einem Fernglas von einem Deck aus observieren. Würde das erklären, warum ihre Haut kribbelte, als krabbelten Tausende Ameisen darüber?
    Gut möglich. Aber was Kris am allerwenigsten behagte, war der große, graue Fels im Wasser. Der glänzte wie die Haut eines Seeungeheuers, das stetig zwischen den turbulenten Wellen auf- und abtauchte.
    Kris schüttelte den Kopf. Selbst wenn der Fels kein Fels sein sollte, wies er keine Augen auf. Zumindest konnte sie keine erkennen.
    »Du schnappst langsam über, Kristin.«
    Was war bloß los mit ihr? In Erwägung zu ziehen, dass Liam sie ins Wasser gestoßen hatte. Dass Jamaica eine Menschen opfernde Hexe sein könnte. Sich jedes Mal, wenn sie sich ins Dorf oder auf den Heimweg begab, einzubilden, dass sie verfolgt wurde. Wahrscheinlich war es gut, dass sie keine Waffe hatte.
    Nur, dass sie doch eine hatte. Versteckt in einer Schublade im Loch Side Cottage.
    Trotzdem wäre es bestimmt keine gute Idee, mit einer Pistole durch Drumnadrochit zu flanieren. Aber sie könnte dieses …
    »Mist!«, entfuhr es Kris. Das Silbermesser befand sich in ihrem Rucksack, oben auf der Felsnase, von der sie einen unfreiwilligen Hechtsprung gemacht hatte. Sollte sie dorthin zurücklaufen und ihn holen oder lieber nicht?
    »Lieber nicht«, entschied sie. Das letzte Mal, als sie dort gewesen war, wäre sie beinahe gestorben. Indem sie zum Tatort zurückkehrte, würde sie eine Wiederholung dieser Erfahrung riskieren. Allerdings …
    Könnte sie die Pistole mitnehmen.
    Die Endlosschleife, in der sich ihre Gedanken bewegten, ließen sie einen frustrierten Laut ausstoßen. Sie wäre ebenso unfähig, eine Silberkugel auf jemanden abzufeuern wie von dem Silbermesser Gebrauch zu machen.
    Kris schaute wieder auf den Loch Ness, aber der dunkelgraue Buckel war verschwunden. Sie wartete mehrere Minuten, dass das Wasser sich zurückziehen und ihn wieder zum Vorschein bringen würde, doch das geschah nicht.
    Konnten die Gezeiten den Wasserpegel derart schnell verändert haben? Gab es in einem See überhaupt Gezeiten?
    Als ihr Cottage in Sichtweite geriet, überkam Kris der spontane Drang, ins Haus zu rennen, die Tür zuzuknallen und abzusperren. Oder sie könnte sich in das grüne Gras sinken lassen und es küssen wie einen lange vermissten Freund.
    Sie tat weder das eine noch das andere. Sollte jemand sie beobachten, wollte sie ihm nicht verraten, dass sie Bescheid wusste. Sie wollte ihn nicht erkennen lassen, dass sie Angst hatte.
    Kris war schon sehr viele Jahre auf sich allein gestellt. Sie arbeitete beim Fernsehen. Und wenn es eines gab, das sie gelernt hatte, dann Folgendes: Wenn man davonlief, wurde man gehetzt. Wenn man Angst zeigte … wurde man umso schneller gehetzt.
    Also schlenderte sie gemächlich den Fußweg hinauf und kramte in ihrer Tasche nach dem Schlüssel, um die Tür aufzusperren, als sie sich erinnerte, dass sie keinen Schlüssel besaß, die Tür kaputt war und sie vergessen hatte, es Effy zu sagen.
    »Verdamm-tastisch«, grummelte sie.
    Sie sollte es nicht betreten. Wenn schon der See, der Wald, die verwaisten Felder sie in Angst und Schrecken versetzten, würde ein Haus, das sie über eine Stunde unverschlossen gelassen hatte, bestimmt das Sahnehäubchen sein.
    Sie sollte nach Drumnadrochit zurücklaufen und darauf bestehen, dass Rob unverzüglich herkam und die Tür reparierte.
    Kris warf einen Blick über ihre Schulter, ließ ihn über den Loch Ness, die Bäume, die noch immer leere Straße huschen. Der Wind, der eigentlich recht warm war, verursachte ihr ein unangenehmes Frösteln.
    »Vielleicht später«, beschloss sie und langte nach der Tür. Dann hielt sie stirnrunzelnd inne, den Knauf in der Hand.
    Sie war bereits repariert worden.
    Liam sah, dass Kris wie vom Donner gerührt eine ganze Weile auf die Tür starrte. Dann trat sie einen Schritt zurück und inspizierte sie von Neuem. Liam wollte zu ihr gehen, sie nach drinnen begleiten.
    Er blinzelte in die grelle Sonne und wünschte, sie würde untergehen. Solange sie vom Himmel strahlte, saß er am Loch Ness fest und konnte nichts weiter tun, als seiner verdammten Pflicht nachzukommen. Ihm schien, als erfüllte er sie seit einer Ewigkeit.
    Zugegeben, er hatte heute Morgen keine gute Arbeit geleistet. Anstatt am nördlichen und südlichen Ufer zu patrouillieren, hatte er Kris’ Haus beobachtet, bis sie herausgekommen war; danach

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