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Wolfsmale

Titel: Wolfsmale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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nicht daran hältst, dann
werde ich persönlich dafür sorgen, dass du ein paar Ränge herunterpurzelst wie ein Ball eine
verdammte Treppe. Hast du das verstanden?«
»Laut und deutlich.«
»Das ist keine Drohung, John. Es ist ein Versprechen.«
»Und du hältst deine Versprechen immer, nicht wahr, George? Aber du scheinst eins zu vergessen.
Es ist deine Schuld, dass ich überhaupt hier bin. Du hast mich kommen lassen.«
Flight hatte genickt. »Und ich kann dich genauso schnell wieder zurückschicken. Willst du
das?«
Rebus hatte geschwiegen, obwohl er die Antwort kannte. Flight kannte sie auch und lächelte über
seinen kleinen Triumph. Danach fuhren sie schweigend weiter, beide Männer beschmutzt von der
Erinnerung an einen Spielplatz und einen stillen Mann, der die Knie umklammert hielt und vor sich
hin starrte, voll mit verdorbenen Gedanken.
Nun dachte Rebus an Lisa, stellte sich vor, wie es sein würde, mit ihr zu duschen und sich
gegenseitig eine Schicht London abzuschrubben.
Vielleicht würde er George noch mal nach der geheimen Adresse fragen.
Vielleicht könnte er sie ja besuchen. Ihm kam ein Gespräch in den Sinn, das sie im Bett geführt
hatten. Er hatte sie gefragt, ob er sich mal ihr Büro im University College ansehen könnte.
»Irgendwann«, hatte sie gesagt. »Es ist allerdings kein sehr schönes Zimmer, nicht so was wie
diese riesigen antiken Oxbridge-Zimmer, die man immer in den Fernsehserien sieht. Es ist ein
winziges kleines Loch, um ehrlich zu sein. Ich hasse es.«
»Ich fand's trotzdem schön, wenn du mich mal herumführen würdest.«
»Und ich hab gesagt, okay.« Sie klang gereizt. Warum nur? Warum hatte sie der Gedanke so nervös
gemacht, ihm ihr Zimmer zu zeigen?
Warum war die Sekretärin - Millicent hatte Lisa sie genannt - so ausweichend gewesen, als Rebus
dort war? Nein, nicht bloß ausweichend.
Unkooperativ. Ausgesprochen unkooperativ. Jetzt wo er genauer darüber nachdachte. Was, zum
Teufel, verbargen die vor ihm? Er wusste, es gab einen Weg, die Antwort herauszufinden, einen
absolut sicheren Weg. Was sollte es? Lisa war in Sicherheit, und er war angewiesen worden, sich
aus dem Fall Watkiss herauszuhalten - was hinderte ihn also daran, diesem jüngsten Rätsel
nachzugehen. Er raffte sich auf. Die Antwort lautete: Nichts hinderte ihn daran, absolut gar
nichts.
»Wo gehst du hin?«
Es war Flight, der Rebus aus einer offenen Tür anbrüllte, als er mit großen Schritten den Flur
entlangeilte.
»Eine private Sache«, rief Rebus zurück.
»Ich hab dich gewarnt, John! Misch dich nicht ein!«
»Es ist nicht, was du denkst!« Er blieb stehen und wandte sich George Flight zu.
»Was ist es denn dann?«
»Wie ich bereits sagte, George, was Privates, okay?«
»Nein.«
»Hör mal«, sagte Rebus, der sich plötzlich nicht mehr beherrschen konnte, all die Gedanken, die
er zu bändigen versucht hatte - Sammy, Kenny Watkiss, der Wolfsmann, die Drohung gegen Lisa -,
kochten plötzlich in ihm hoch. Er schluckte und atmete tief durch. »Hör mal, George, du hast
reichlich zu tun, okay?« Er stieß George einen Finger in die Brust. »Denk an das, was ich gesagt
habe: Es könnte ein Polizist sein. Warum richtest du deine unschätzbaren, akribischen
Ermittlungskünste nicht mal darauf! Der Wolfsmann könnte hier in diesem Gebäude sein. Er könnte
an dem verdammten Fall arbeiten, Jagd auf sich selbst machen!«
Rebus hörte, wie seine Stimme hysterisch wurde, sich aber rasch wieder beruhigte. Zumindest seine
Stimmbänder hatte er unter Kontrolle, wenn schon sonst nichts.
»Du meinst eine Art Wolf in der Schafherde?«
»Das ist mein Ernst.« Rebus zögerte. »Er könnte sogar wissen, wohin du Lisa geschickt
hast.«
»Mein Güte, John, nur drei Leute wissen, wo Lisa hin ist. Ich und die beiden Männer, die sie
begleiten. Du kennst die beiden zwar nicht, aber ich. Wir haben uns während der Ausbildung kennen
gelernt. Denen würd ich mein Leben anvertrauen.« Flight hielt inne. »Vertraust du mir denn
wenigstens?«
Rebus schwieg. Flights Augen verengten sich ungläubig, dann stieß er einen Pfiff aus. »Nun ja«,
sagte er, »das beantwortet wohl meine Frage.« Er schüttelte bedächtig den Kopf. »Dieser Fall,
John. Ich bin seit weiß Gott wie vielen Jahren bei der Truppe, aber dieser Fall, das ist der
Schlimmste. Es ist, als ob jedes der Opfer mir persönlich nahe stünde.« Er hielt wieder inne, um
Kraft zu sammeln. Nun stieß Flight einen Finger in Rebus. »Also wage bloß

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