Wolfsmondnacht (German Edition)
sein.«
Émile betrachtete die blutige Klinge. »Ihr Bluttrinker seid stärker als Menschen. Ihr sterbt nicht so einfach, doch ertragt ihr Schmerzen auch besser? Ich werde es herausfinden.« Émile starrte auf seine Klaue, die sich in eine Menschenhand zurückverwandelte. Es sah gespenstisch, wie die Haare in die Haut fuhren und die Krallen sich ins Fleisch zurücksenkten.
Émile wandte sich um und nahm eine der Fackeln aus der Wandhalterung. »Zuerst werde ich Suzettes Namen in dich brennen, danach werde ich dir deine Gedärme herausschneiden, dich ausweiden wie ein Vieh und du wirst immer noch lebendig sein, Bluttrinker. Deine eigenen Innereien werde ich dir zu essen geben.«
Merde! Émile war krank! Lieber sofort sterben, als weiterhin diesem Irren ausgeliefert zu sein. »Wie nett du bist«, sagte Jean-François.
Der Zorn in Émiles Blick wuchs. Er trat vor, hielt jedoch inne, als einer der loup-garous das Wort an ihn richtete.
»Monseigneur, das mussich nicht mit ansehen.«
Émiles Blick durchbohrte den Mann. »Schwächling! Deserteur!«
»Bei allem Respekt, doch alles hat seine Grenzen.«
»Ihr wagt es, so mit mir zu reden?«
»Ich gehe.« Der Mann wandte sich um und ging hinaus. Émile starrte ihm wutentbrannt hinterher. »Ich werde dich köpfen lassen, Verräter, Bluttrinkerfreund!«
Jean-François nutzte die Ablenkung. Er nahm all seine Kräfte zusammen und riss an den Ketten. Die Verankerung löste sich mit einem Krachen aus der Wand. Gesteinsbrocken hingen daran. Émile fuhr überrascht herum, ergriff sein Messer und ging damit zu Jean-François. Auch die anderen beiden loup-garous umkreisten ihn.
Jean-François packte die Ketten mit den Gesteinsbrocken und schlug damit in Morgensternart um sich. Einen der Wächter erwischte er sofort. Der Mann ging mit einem Aufschrei zu Boden. Émile warf sein Messer und streifte damit Jean-François’ Arm. Er schrie auf, als Schmerz durch seine Glieder fuhr.
Einer der loup-garous griff ihn von der Seite an. Jean-François wich nur so weit zurück, wie er musste, sprang dann abermals vor und schlug den zweiten Werwolf nieder, der mit einem Kurzschwert auf ihn losging. Das Schwert fiel klirrend zu Boden.
Émile kam mit einem Kurzschwert von der Seite. »Jetzt wirst du sterben, Jean-François.«
Er holte aus. Jean-François sprang zur Seite und schlug ihm mit den Ketten das Schwert aus der Hand. Er holte erneut aus und traf den ersten loup-garou , der ihn von der Seite ansprang, an der Stirn. Der Mann ging zu Boden. Als Jean-François die Kette zurückriss, traf er Émiles Leibesmitte.
»Das wirst du büßen, Bluttrinker.« Speichel troff von Émiles Kinn. Mit irrem Blick taxierte er Jean-François und riss die Fackel aus der Wandhalterung.
Jean-François ergriff das Kurzschwert, das am Boden lag, sah sich jedoch sogleich einer Übermacht entgegen. Der erste loup-garou stand bereits wieder und zog einen Dolch aus seinem Gewand hervor.
Der zweite loup-garou erhob sich soeben. Er verwandelte sich. Sein Gebiss wuchs, seine Finger wurden zu Klauen. Diese waren Waffen, gefährlicher als ein Messer. Émile sprang näher und holte mit der Fackel nach ihm aus. Haarscharf fauchte die Flamme an Jean-François vorbei, der sich mit einem Satz zurück rettete. Dieselbe Bewegung nutzte er aus, um den Schlüsselbund von der Wand zu reißen. Der verwandelte loup-garou schnappte nach ihm und verfehlte knapp seinen Arm. Jean-François rannte um sein Leben. Er rannte weg von den Flammen, weg vom Dolch und von den loup-garou , die ihn mordlüstern anstarrten.
Er vernahm Émiles heiser geschriene Worte. »Es ist noch nicht zu Ende. Ich werde dich finden.«
Jean-François rannte hinaus in die Nacht. Der loup-garou , der die Höhle vor dem Kampf verlassen hatte, war verschwunden. Er ging zu einer Stelle, wo die Baumwipfel weit genug auseinanderlagen. Dort schwang er sich hinauf, dem samtschwarzen Firmament entgegen. Er wollte nach Dôle, wusste jedoch, dass er zuvor noch trinken musste, um die Schwäche durch den Blutverlust wieder auszugleichen.
Er hoffte, dass er dadurch nicht zu spät kam. Der Gedanke war ihm unerträglich. Der Flammentod war der schlimmste, den er sich vorstellen konnte. Die Bilder von Suzettes letztem Tag, ihre Schreie und der Geruch verbrannten Fleisches und versengten Haares hatten sich auf ewig in ihm eingeprägt. Doch jetzt war es nicht Suzettes vor Entsetzen und Schmerz verzogenes Gesicht und ihre Kehle, die angstheisere Schreie entließ, nicht ihr
Weitere Kostenlose Bücher