Wolfsmondnacht (German Edition)
Ausgangs. Er unterdrückte die heißen Tränen aus Blut, die ihm die Sicht zu nehmen drohten. Schritte erklangen von oben.
Merde! Sie hatten sein Eindringen bemerkt. Jean-François nahm das Kurzschwert des bewusstlosen Wächters an sich. Pamina hingegen wählte den Dolch. Sie zog dem Mann den Mantel aus und warf ihn sich über. Der Wächter gab ein Stöhnen von sich, ein Anzeichen dafür, dass er bald erwachen würde. Sie schlug ihm die Faust ins Gesicht, was ihn für längere Zeit ins Reich der Träume schicken sollte.
Pamina trat in die Nische unterhalb der Treppe. Keinen Augenblick zu spät, denn vier Männer stürmten die Treppe hinunter. Als sie Jean-François erblickten, sprangen sie mit erhobenen Kurzschwertern auf ihn zu. Einen Schlag wich er aus. Den anderen konnte er mit seinem Schwert parieren.
Der dritte hätte ihn getroffen, doch der Mann sank zu Boden. Ein Dolch ragte aus seinem Rücken. Dass Pamina eine so gute Messerwerferin war, hatte er nicht gewusst. Dieses Weib besaß verborgene Talente. Carina hatte leidlich schlecht Messer geworfen. Zu seinem Glück.
Erneut parierte er einen weiteren Hieb. Er überraschte die Männer, indem er sich nicht allein auf die Waffe konzentrierte. Letzteres war ein häufig gemachter Fehler im bewaffneten Kampf. Er trat einem ins Gemächt, woraufhin dieser stöhnend in die Knie ging und seine Deckung aufgab. Jean-François schlug ihn mit der Breitseite des Schwertes bewusstlos.
Er hatte nicht die Zeit, einen ehrenhaften Kampf zu führen, denn aus den Augenwinkeln sah er, wie die anderen beiden sich auf Pamina stürzten. Sie wollten sie nicht gefangen nehmen, sondern töten. Das wusste er in diesem Augenblick. Ihre Gedanken waren zu intensiv, um sie nicht zu spüren. Jean-François ergriff einen von hinten um den Hals und zog ihn rückwärts, gerade rechtzeitig, bevor er Pamina erstechen konnte. Sie wäre in den Hieb hineingelaufen, um dem anderen Gegner auszuweichen. An dem Schrecken in ihrem Blick erkannte er, dass sie wusste, wie knapp sie dem Tod entronnen war.
Zur Hölle mit der Rücksichtnahme! Sie wollten Pamina töten. So sollten sie bereit sein, zu sterben. Jean-François zog den Mann näher zu sich heran. Dieser zappelte hilflos in seinem Griff. Jean-François biss ihm von hinten in den Hals und trank dessen Leben aus ihm heraus. Es war ihm gleichgültig, dass dieser Furcht und Schmerzen empfand. Ihm würde er den Tod nicht angenehm machen, dazu blieb diesmal keine Zeit. Er beeilte sich, um eingreifen zu können, falls Pamina mit dem anderen Mann nicht allein fertig wurde.
Sie wich einem erneuten Hieb aus und stellte zugleich dem Gegner ein Bein. Als er niederfiel, stürzte sie sich auf ihn, bevor er sich wieder aufrappeln konnte. Sie packte ihn am Schopf und zog ihn vom Boden weg, um ihm den endgültigen Schlag zu versetzen. Bewusstlos blieb er liegen.
Pamina nahm eines der Schwerter an sich und eilte, von Jean-François gefolgt, die Stufen hinauf. Ein weiterer Mann kam ihnen entgegen. Sie erwischte ihn mit dem Schwert in die Seite. Jean-François wich dem fallenden Leib aus.
Oben war niemand zu sehen. Zumindest nicht in der Halle. Sie schlichen zum Hinterausgang. Zwei weitere Wächter standen dort, die erstaunt und lüstern auf Pamina blickten, die diesmal voranging und kaum bedeckt war von dem umhangartigen Mantel. Einzig das Schwert war dadurch verborgen an ihrer Seite.
»Was haben wir denn da für ein Vögelchen?«, fragte der eine.
»Mann, das ist eine der Gefangenen. Eine Hexe …«
Weiter kam er nicht, denn Pamina schlug ihm mit der Breitseite des Schwertes über den Schädel. Jean-François tat das Gleiche mit dem anderen. Niemand sonst war zu sehen, doch zu hören. Den Schritten nach zu urteilen, waren weitere Wächter alarmiert und auf dem Weg zu ihnen. Schnell huschten sie hinaus ins Freie.
Jean-François umfasste Pamina und stob mit ihr in die Höhe. Es war ein rasanter Flug, der ihm selbst den Atem nahm. Lag dies an der Geschwindigkeit oder Paminas Nähe? Auf einer kleinen Lichtung nahe einer Quelle ließ er sich mit Pamina nieder. Dort gab er sie frei.
»Bist du unverletzt?«, fragte er.
Sie nickte, beugte sich über die Quelle und trank durstig. Danach streifte sie den Mantel ab und befreite sie sich vom Schmutz des vergangenen Tages. Jean-François betrachtete ihren Rücken. Er fand eine rötliche Stelle, wo die Haut etwas mehr glänzte.
»Der Dolch …«
»Hat mich nicht richtig erwischt. Er hatte es offenbar eilig. Zudem
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